Weißes Pulver explodiert vor schwarzem Hintergrund© Pattadis Walarput/iStock/Getty Images Plus
Welche Eigenschaften hat das Pulver, das ich verwende? Diese Frage kann darüber entscheiden, ob Ihre Kapseln gelingen.

Aerosil® bis Zucker

FÜLLMITTEL FÜR KAPSELN IN DER REZEPTUR

Ob Mannitol, Lactose oder Stärke – die Wahl des passenden Füllmittels ist entscheidend für die Qualität individuell hergestellter Kapseln. Erfahren Sie, welche Füllmittel sich wann eignen, worauf Sie bei der Auswahl achten müssen und wie sich Fließeigenschaften gezielt verbessern lassen.

Seite 1/1 7 Minuten

Seite 1/1 7 Minuten

Häufig verordnete Rezepturen werden von pharmazeutischen Laboren und Universitäten geprüft und standardisiert. Die Erkenntnisse, zum Beispiel für das Herstellen von Kapseln, werden auf unterschiedlichen Wegen publiziert. Sie sind die Grundlage für die Plausibilitätsprüfung und Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur. Durch die extern geprüften und veröffentlichten Dokumente ist die Erstellung der Plausibilitätsprüfung und Herstellungsanweisung deutlich einfacher.

Ist eine Verordnung für pulverbefüllte Kapseln hingegen nicht standardisiert, werden verschiedene Kriterien betrachtet: Allergien und Unverträglichkeiten spielen eine ebenso große Rolle wie die Kompatibilität zwischen Wirkstoff, Hilfsstoff(en) und Füllmittel. Die am häufigsten verwendeten Füllmittel beim Kapseln-Herstellen sind Mannitol und Cellulose. Neben diesen beiden Füllmitteln für Kapseln gibt es noch einige weitere.

Kapseln mit standardisierten Füllmitteln herstellen

Für standardisierte Füllmittel für das Herstellen von Kapseln ist in der entsprechenden Arzneibuch-Monografie unter anderem die sogenannte Schüttdichte angegeben. Die Schüttdichte, die in Gramm pro Milliliter (g/ml) angegeben wird, ist essenziell für die gravimetrische Methode der Kapselherstellung. Sie kommt vor allem bei niedrig dosierten Kapseln zur Anwendung.

Nicht standardisierte Füllmittel für Kapseln ohne Angabe einer definierten Schüttdichte sollten ausschließlich in den volumenbasierten Methoden verwendet werden.

Füllmittel für Kapseln und Ihre Eigenschaften im Detail

Werfen wir einen Blick auf typische Füllmittel für Kapseln.

Füllmittel für pulverbefüllte Kapseln

  • Mannitol
  • Lactose-Monohydrat
  • Mikrokristalline Cellulose
  • Wasserfreie Glucose, Glucose-Monohydrat
  • Mais-, Kartoffel-, Reisstärke

Mannitol

Mannitol ist eines der am meisten verwendeten Füllmittel, wenn Sie Kapseln herstellen. Aber ist Mannitol gleich Mannitol? Ein Blick auf das Etikett des Ausgangsstoffes offenbart eine weitere Klassifizierung: Mannitol 35 und Mannitol 60. Chemisch unterscheiden die Stoffe sich nicht, aber in der Teilchengröße. Die Teilchengröße ist beim Herstellen der Kapseln maßgeblich für das Fließverhalten des Füllmittels. Mannitol 35 hat ein deutlich besseres Fließverhalten als Mannitol 60.

Bei der Herstellung von Kapseln nach der gravimetrischen Methode spielt die Schüttdichte eine wichtige Rolle. Der Deutsche Arzneimittel-Codex®/Neues Rezeptur-Formularium® (DAC/NRF) hat unter der Stammzubereitung NRF S. 38 das Füllmittel für Kapseln Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel standardisiert. Die Schüttdichte muss zwischen 0,475 bis 0,575 g/ml liegen.

Wird das Füllmittel hergestellt, so muss für jede Charge die Schüttdichte ermittelt werden. Die definierte Schüttdichte kann nur mit Mannitol 35 erreicht werden. Das Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel nach NRF S. 38 kann sowohl für die gravimetrische als auch für die volumenbasierte Methode zum Herstellen der Kapseln angewendet werden.

Eine Besonderheit ist, dass Mannitol durch passive Diffusion aufgenommen wird. Nichtresorbierte Anteile werden in den Dickdarm weitergeleitet und können Magen-Darm-Beschwerden wie zum Beispiel Blähungen, Krämpfe, Durchfall oder Schmerzen verursachen.

Besonders bei Früh- und Neugeborenen sollte der Einsatz beim Herstellen von Kapseln begrenzt sein, da der Magen-Darm-Trakt noch unausgereift ist und weitere Beschwerden und Komplikationen, wie zum Beispiel nekrotisierende Enterokolitis, als Folge entstehen könnten.

Lactose-Monohydrat

Lactose-Monohydrat kann in unterschiedlichen Teilchengrößen vorliegen. Dokumentiert wurde: je geringer die Teilchengröße, desto schlechtere Fließeigenschaften beim Herstellen von Kapseln. Durch den Zusatz von hochdispersem Siliciumdioxid kann die Fließfähigkeit verbessert werden. Das Herstellen eines Füllmittels für Kapseln aus Lactose-Monohydrat und hochdispersem Siliciumdioxid ist im DAC/NRF als Stammzubereitung NRF S. 59 standardisiert. Hier sind auch bekannte Inkompatibilitäten zu stickstoffhaltigen Wirkstoffen dokumentiert.

Bei der Verwendung von Lactose-Monohydrat sollten Sie auf eine eventuelle Lactose-Intoleranz des Kunden achten. Bei einer genetisch bedingten Lactose-Intoleranz fehlt gänzlich das Lactase-Enzym. Bei einer erworbenen Lactose-Intoleranz werden meist geringe Mengen an Lactose vertragen. Deshalb sollten Sie vor dem Herstellen individuell prüfen, ob ein anderes Füllmittel für die Kapseln notwendig ist.

Cellulose

Für die Verwendung als Füllmittel für Kapseln muss die mikrokristalline Cellulose eine Teilchengröße von 100µm besitzen. Das DAC/NRF hat die mikrokristalline Cellulose als Stammzubereitung unter NRF S. 54 Cellulose-Siliciumdioxid-Füllmittel standardisiert.

Das Cellulose-Siliciumdioxid-Füllmittel für Kapseln kann auch bei nicht mikronisierten Wirkstoffen verwendet werden, insofern die Teilchengröße des Wirkstoffes der mikrokristallinen Cellulose ähnelt. Mikrokristalline Cellulose ist hygroskopisch und inert.

Glucose, Glucose-Monohydrat

Glucose in Kapseln in der Pädiatrie wegen seiner hohen Verträglichkeit sehr geschätzt. Beim Herstellen ist jedoch zu beachten, dass Glucose schlechte Fließeigenschaften besitzt und sich nur schwer als Füllmittel verarbeiten lässt.

Mais-, Kartoffel- und Reisstärke

Diese drei Stärke-Typen besitzen eignen sich, wenn Sie Kapseln herstellen, weil sie ähnlich gut verträglich sind wie Glucose. Da Stärke hygroskopisch ist, besitzen diese Füllmittel für Kapseln schlechte Fließeigenschaften. Konformität und mikrobielle Belastung sollten unbedingt mit den Vorgaben der Arzneibuch-Monografie und den Angaben auf dem Prüfzertifikat abgeglichen werden.

Bei der Verwendung für pädiatrische Kapseln sollten Sie außerdem bei der Plausibilitätsprüfung die mikrobielle Belastung des Naturstoffes kritisch bewerte.

Fließeigenschaften verbessern – ein beliebter Hilfsstoff für Füllmittel

Als weiterer Hilfsstoff beim Herstellen von Kapseln wird sehr häufig ein Fließregulierungsmittel zusammen mit dem Füllstoff verarbeitet. Sowohl standardisierte Herstellungsvorschriften als auch die allgemeine Herstellungsempfehlung des DAC/NRF beschreiben den großen Nutzen und die von hochdispersem Siliciumdioxid und empfehlen die Verwendung.

Das hochdisperse Siliciumdioxid ist ein sehr feines, weißes Pulver und praktisch unlöslich in Wasser. Hochdisperses Siliciumdioxid verbessert die Fließeigenschaften von Füllmitteln für Kapseln. Das Füllmittel-Gemisch für Kapseln sollten Sie herstellen aus 0,5 Prozent Fließregulierungsmittel und 99,5 Prozent Füllstoff, soweit nicht anders in standardisierten Vorschriften angegeben.

Das hochdisperse Siliciumdioxid dient außerdem als standardisierte Mahlhilfe. Wirkstoffe sollten in mikronisertier Form vorliegen, um für das Herstellen von Kapseln geeignet zu sein. Ist die mikronisierte pharmazeutische Qualität nicht erhältlich, sollten Sie geeignete arzneibuchkonforme Wirkstoff-Alternativen suchen.

Für eine feine oder sehr feine Verreibung von nicht mikronisierten Wirkstoffen kann 0,5 Prozent bis 1 Prozent hochdisperses Siliciumdioxid als Mahlhilfe hinzugefügt werden.

Welches Füllmittel für welche Kapseln?

Berücksichtigen Sie, wenn Sie Kapseln herstellen, bei der Wahl des passenden Füllmittels unter anderem diese Kriterien:

  • individuelle Bedrüfnisse des Kunden
  • Unverträglichkeiten und bekannte Allergien des Kunden
  • Kompatibilität von Wirkstoff, Hilfsstoffen und Füllmittel

Hier finden Sie eine Übersicht über standardisierte Rezepturen für pulverbefüllte Kapseln mit verschiedenen Wirkstoffen:

Im DAC/NRF

Wirkstoff Füllmittel Vorschrift
Neomycinsulfat Cellulose-Siliciumdioxid Füllmittel NRF 21.5.
3,4-Diaminopyridin (NRF 22.3.) Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel NRF 22.3.
Amphetaminsulfat Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel NRF 22.5.
Hydrochlorothiazid Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel NRF 26.3.

In der Ziegler Rezepturbibliothek

Wirkstoff Füllmittel Vorschrift
Domperidon Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 002-01
Spironolacton Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 004-01
Furosemid Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 004-03
Clindamycin Cellulose-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 006-14
Clindamycin Lactose-Monohydrat ZRB 006-29
Vancomycin Cellulose-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 006-18
Pseudoephedrin Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 007-01
Simvastatin Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 009-01
Fludrocortisonacetat Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 010-01
Hydrocortison Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 010-02
Acetylsalicylsäure Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 013-10
Acetazolamid Mannitol-Siliciumdioxid Füllmittel ZRB 039-02

Vom Uniklinikum Heidelberg - Abteilung Rezeptur/Defektur

Wirkstoff Füllmittel Vorschrift
Clopidogrel Mannitol-Silicumdioxid Füllmittel Aktualisiert, 05.03.2014
×