Rezepturstreit
ÄRGER BEIM TAXIEREN VON REZEPTUREN
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Nein, das ist nicht fair, findet der Deutsche Apothekerverband (DAV) und kündigt in Zusammenarbeit mit den Landesapothekerverbänden juristische Maßnahmen an. Wäre auch nicht das erste Mal, mehrere Klagen wurden bereits eingereicht. Wie eine Rezeptur zu taxieren ist, beschäftigt Apotheken und Krankenkassen bereits seit Jahren – mit unterschiedlichen Ansichten darüber, wie dieser Rezepturstreit zu lösen sei.
Während die Krankenkassen befürworten, bei der Erstattung von Teilmengen nur die verwendete Menge abzurechnen, möchte man von Apothekenseite her am liebsten die ganze Packung abrechnen und die Rezeptur entsprechend taxieren. Denn die angebrochene Packung kann nicht mehr verkauft werden. Doch wer das praktiziert, kann mit einer Retaxation rechnen – zumindest derzeit.
Interpretationsstreit über korrektes Rezeptur-Taxieren
Doch worum wird eigentlich gestritten? Es geht um die Auslegung der aktuellen Fassung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Denn die Hilfstaxe ist schon länger nicht mehr Basis beim Taxieren von Rezepturen.
Vor kurzem schaltete sich sogar die Bundesregierung in den Streit ein. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) fügte in den entscheidenden Absatz das Wörtchen „anteilig“ ein: „Auszugehen ist von der abzugebenden Menge des Stoffes. Maßgebend ist der anteilige Apothekeneinkaufspreis der üblichen Abpackung.“ Damit schloss sie sich der Meinung der Krankenkassen an, dass beim Taxieren von Rezepturen nur eine Teilmenge Erstattung findet.
Das fand das Bundessozialgericht (BSG) nicht so gut und urteilte zu der Änderung: Apotheken dürfen bei der Rezepturherstellung die gesamte Packung abrechnen – auch wenn sie nur einen Teil davon verwenden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des Sozialgesetzbuchs (SGB) ändere daran nichts. Also: Nicht nur Teilmenge erstatten, komplette Packung beim Taxieren der Rezeptur berücksichtigen.
Klagen um die Erstattung von Teilmengen
Grund für das Urteil war eine Klage einer Apotheke aus Westfalen-Lippe gegen die AOK NordWest. Die Retaxation der Krankenkasse über eine in ihren Augen fehlerhaft taxierte Rezeptur (ganze Packung abgerechnet) war der Auslöser. Die Apotheke bekam Recht, auf Basis der aktuellen AMPreisV.
Das BMG kündigte an, dieses Urteil in den Referentenentwürfen zur Apothekenreform zu prüfen. Neuer Wind in den Segeln des DAV. Wind genug, um ein neues Fass aufzumachen.
Retaxationen begründet?
Der Deutsche Apothekerverband möchte mit seinen kommenden juristischen Schritten prüfen, „wie ähnliche Abrechnungsfälle zu bewerten sind, bei denen Krankenkassen Rechnungskürzungen (Retaxationen) geltend machen“. Aber nun stehen nicht länger Fertigarzneimittel im Fokus, sondern die Abrechnung von Wirkstoffen. Was ist hier das Problem beim Rezepturen-Taxieren?
In diesem Fall wollen die Krankenkassen laut DAV nicht den vollen Preis der Abpackung zahlen, sondern nur den anteiligen Preis von daraus entnommenen Teilmengen. Also wieder nur eine Teilmengen-Erstattung.
Mag kleinlich klingen. Doch der Grund hierfür ist klar: Es geht um Aufmerksamkeit, es geht um die langfristige Klärung eines jahrelang andauernden Streites. Das BMG soll dazu animiert werden, die AMPreisV in ihrer jetzigen Fassung zu überarbeiten. Dann ist es auch endlich für beide Seiten klar, wie eine Rezeptur zu taxieren sei – fernab von Interpretationsspielräumen.
Apotheken entlasten, Versorgung sichern
Zwar sollen Krankenkassen entlastet werden. Aber nicht zu Lasten der Apotheken. Letztlich steht dadurch nämlich die Anfertigung individueller Rezepturen auf dem Spiel. Denn wer möchte das noch machen, wenn es sich dabei nicht nur um ein unrentables, sondern ein wirtschaftliches Minusgeschäft handelt, bei dem ständig Retaxationen drohen?
Quelle: Pharmazeutische Zeitung












