Eine Person in weißem Kittel und mit weißen Einmalhandschuhen stellt Kapseln her. In der Kapselfüllmaschine stecken Kapselunterteile. Auch im Vorsortierer liegen Kapseln.© enriscapes/iStock/Getty Images Plus
Die wohl wichtigste Frage vor Beginn der Kapselherstellung: Mit welcher Methode erreiche ich die genaueste Wirkstoffverteilung?

Galenische Übungen

PULVERGEFÜLLTE HARTKAPSELN: FÜLLMETHODEN

Hartkapseln sind aus dem Rezepturalltag in der Apotheke nicht wegzudenken. Doch welche Methode wendet man wann an, um Kapseln herzustellen? Und worauf kommt es bei der Kapselherstellung noch an? Hier gibt es kompaktes Praxiswissen für PTA-Schüler*innen.

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Pulvergefüllte Hartkapseln lassen sich individuell dosieren und bieten eine flexible Therapieoption. Besonders bei Kindern oder Menschen mit Schluckbeschwerden ist die Kapsel eine gute Wahl. Denn sie kann einfach geöffnet und ihr Inhalt aufgelöst werden, oder beispielsweise in einen Brei gerührt.

Wichtig ist jedoch: Die Kapselherstellung in der Apotheke erfordert nicht nur Genauigkeit, sondern auch die richtige Methodenauswahl. Denn je nach Wirkstoffmenge und Eigenschaften des Füllstoffs kommen unterschiedliche Verfahren infrage. Wer Kapseln herstellen will, braucht nicht nur technisches Geschick, sondern auch Know-how über die verschiedenen Methoden.

Die verschiedenen Methoden zum Herstellen von Kapseln im Detail

Für die Kapselherstellung in der Apotheke stehen fünf standardisierte Methoden zur Verfügung. Die Wahl, nach welcher davon Sie Ihre Kapseln herstellen, richtet sich in erster Linie nach der Wirkstoffmenge pro Kapsel und nach den physikalischen Eigenschaften des Füllstoffs. Auch die Verfügbarkeit von Daten zur Schüttdichte sowie die Füllmenge der Kapseln spielt eine Rolle.

Hartkapseln der Größe 1 fassen beispielsweise 0,5 Milliliter (ml) Inhalt, die der Kapselgröße 0 fassen 0,68 ml. Den Rauminhalt der Kapselgrößen können Sie im DAC/NRF nachlesen. Bei Wirkstoffmengen bis 200 Milligramm (mg) wird im Allgemeinen die Kapselgröße 1 bevorzugt, bei einer höheren Wirkstoffmenge die Kapselgröße 0.

Bei der Berechnung der Wirkstoffmenge für die Hartkapseln wird immer der Einwaagekorrekturfaktor berücksichtigt, außerdem ein Produktionszuschlag: bei niedrig dosierten Kapseln zehn Prozent, bei höher dosierten Kapseln fünf Prozent.

Methode A: Messzylindermethode bei hohem Wirkstoffanteil

Diese Methode eignet sich, wenn Sie Kapseln mit einem hohen Wirkstoffgehalt herstellen, meist über 100 mg. Zunächst wird der Wirkstoff fein vermahlen und mit einem Fließregulierungsmittel wie hochdispersem Siliciumdioxid (Aerosil®) verrieben, und zwar mit 0,5 Prozent bezogen auf die Wirkstoffmasse. Die Mischung wird dann in einen Messzylinder gegeben. Anschließend füllen Sie mit Füllstoff (z. B. Mannitol) bis zum berechneten Kalibriervolumen auf.

Rechenbeispiel:
60 Hartkapseln der Größe 1 sind zu befüllen. 60 Kapseln a 0,50 ml Rauminhalt ergeben 30 ml, die im Messzylinder abgemessen werden müssen. Die Wirkstoff/Aerosil®-Mischung ergibt 10,5 ml im Messzylinder, dieser wird dann bis zur 30 ml- Markierung mit dem Füllstoff aufgefüllt.

Das so entstandene Pulvergemisch wird schließlich homogenisiert und weiterverarbeitet. Wichtig sind hier das exakte Ablesen des Volumens und ein gleichmäßiges Einfüllen in die Kapselunterteile.

Methode B1: Messzylindermethode bei sehr niedriger Dosierung

Bei sehr gering dosierten Hartkapseln (unter 10 % Wirkstoffanteil) ist die gleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs besonders wichtig. Sie starten mit einer kleinen Vormischung aus Wirkstoff und Füllstoff im Verhältnis von etwa 1: 4. Diese Mischung wird homogenisiert, mit Füllstoff aufgestockt und erneut gemischt. Der Prozess wird so lange wiederholt, bis die Mischung etwa ein Zehntel des Kalibriervolumens für alle benötigten Kapseln ergibt. Dieses schrittweise Herstellen nach Methode B1 sorgt für eine gleichmäßige Wirkstoffverteilung in den Kapseln auch bei geringen Wirkstoffmengen.

Anschließend wird etwas Füllstoff locker in den Messzylinder vorgelegt, das Wirkstoff/Füllstoffgemisch darauf überführt und mit Füllstoff bis zum Kalibriervolumen aufgefüllt, bevor Sie zum Homogenisieren der Pulvermischung und dem Abfüllen der Hartkapseln übergehen.

Methode B2: Messzylindermethode bei mittlerem Wirkstoffanteil

Liegt der Wirkstoffanteil zwischen 10 und 20 Prozent, kommt Methode B2 zum Einsatz. Man beginnt das Herstellen der Kapseln damit, etwa 25 Prozent des voraussichtlichen Füllvolumens mit Füllstoff in den Messzylinder zu geben. Darauf wird die Wirkstoffmischung aufgetragen und anschließend mit Füllstoff bis zum Kalibriervolumen ergänzt. Auch hier wird die Mischung im Anschluss gründlich homogenisiert, bevor sie in die Hartkapseln gefüllt wird.

Ergänzungsmethode: flexibel bei hohem Wirkstoffanteil

Zur Kapselherstellung in der Apotheke wird die Ergänzungsmethode verwendet, wenn der Wirkstoffanteil sehr hoch ist oder das Volumen der Pulvermischung zunächst nicht sicher bestimmt werden kann. Beispielsweise bei einer Pulvermischung, die aus einem Fertigarzneimittel hergestellt wird, oder bei Kapseln mit mehr als 100 mg Wirkstoffanteil.

Die Vormischung aus Wirkstoff und Hilfsstoff wird direkt in die vorbereiteten Kapselunterteile eingefüllt, dann mit Füllstoff ergänzt. Besonders wichtig sind das sorgfältige Verteilen und das Befüllen der Hartkapseln mit einem leichten Überschuss an Pulver, um die anschließenden Verluste beim Umfüllen auszugleichen.

Anschließend werden die Kapselunterteile festgeklemmt, der Inhalt auf ein weißes Blatt Papier überführt, in einer glatten Schale homogenisiert und erneut in die Kapselunterteile eingefüllt.

Gravimetrische Methode: Präzision durch Masse statt Volumen

Diese Methode zum Herstellen von Kapseln kommt bei sehr gering dosierten Wirkstoffen (unter 20 mg Wirkstoff pro Hartkapsel) zur Anwendung – allerdings nur, wenn die Schüttdichte des verwendeten Füllstoffs bekannt ist. Statt einen Messzylinder zu benutzen, berechnen Sie die benötigte Masse des Füllstoffs anhand folgender Formel:

m(FM) = m(KI) × X − m(WS)
Dabei steht m(FM) für die Masse des Füllmittels, m(KI) für die Kapselinhaltsmasse (z. B. 0,275 g bei Kapselgröße 1), X für die Anzahl der Kapseln und m(WS) für die Masse des Wirkstoffs.

Rechenbeispiel:
Ein Arzt verordnet 60 Kapseln mit je 3 mg Hydrochlorothiazid. Man verwendet also Kapselgröße 1 mit der Füllmenge von 0,5 ml und die Mannitol/Siliciumdioxid-Mischung laut NRF. Die Schüttdichte der Charge ist bekannt mit 0,550 g/ml, somit wiegt der Inhalt einer Hartkapsel mit 0,5 ml 0,275g. Die Hydrochlorothiazid-Charge hat einen Einwaagekorrekturfaktor von 1,012.

3 mg = 0,003 g Hydrochlorothiazid pro Kapsel

(0,003 g x 1,012 x 60) + 10 % = 0,2004 g Hydrochlorothiazid insgesamt

m(FM) = m(KI) × X − m(WS)
= 0,275 g × 60 − 0,2004 g = 16,30 g Füllstoff

Wir wiegen also 16,30 g Füllstoff ab, geben diesen schrittweise zum Wirkstoff und homogenisieren die Mischung gründlich mit dem Kartenblatt.

Ist die Schüttdichte nicht bekannt, können Sie die Methode nicht sicher anwenden, um Ihre Kapseln herzustellen – dann ist Methode B1 vorzuziehen.

Herstellungsschritte – was immer gleichbleibt

Die benötigten Geräte:

  • Kapselfüllgerät
  • Reibschale mit Pistill,
  • Glatte Mischschale (z. B. aus Metall oder Glas),
  • Kartenblätter
  • Spatel
  • Löffel
  • Trichter
  • Messzylinder in passender Größe und ggf.
  • Sieb

Dann folgt das Abwiegen der Substanzen. Dabei sollte auf die richtige Reihenfolge geachtet werden: Wirkstoff(e) – meist die kleinere Menge – zuerst, dann der Füllstoff. Beide werden nacheinander verrieben und im nächsten Schritt in einer glatten Schale sorgfältig homogenisiert. Bei der Kapselherstellung in der Apotheke gilt: Lieber sicher und exakt als schnell und unsauber.

Besonders bewährt hat sich dabei die 3×30-Sekunden-Regel: Drei Mischzyklen à 30 Sekunden mit dem Kartenblatt, jeweils unter Abschaben des Pulvers von den Schalenwänden. Das sorgt für eine besonders gleichmäßige Verteilung der feinen Partikel.

Die fertige Pulvermischung wird anschließend „spargelbeetartig“ auf die Stege des Kapselfüllgeräts aufgebracht. Mit einem Kartenblatt wird das Pulver vorsichtig, ohne Druck, in die Kapselunterhälften eingestrichen. Danach folgt das Verschließen der Hartkapseln – sollten sie ganz geschluckt und nicht geöffnet werden. Und schließlich das Entstauben mit einem trockenen Tuch.

Schutzmaßnahmen bei der Kapselherstellung in der Apotheke

Bei der Kapselherstellung in der Apotheke ist nicht nur das Produkt, also die fertigen Hartkapseln wichtig, sondern auch die Sicherheit der Herstellenden. Dazu gehören:

  • Schutzkittel, Handschuhe und ggf. Atemschutz und Schutzbrille
  • Alle Arbeiten werden unter dem ausgeschalteten Laborabzug durchgeführt.
  • Auf ruhiges Arbeiten achten, um Staubbildung zu vermeiden

Qualitätskontrolle der Hartkapseln – Pflicht bei jeder Kapselherstellung

Die Qualität bei der Kapselherstellung in der Apotheke wird nach festen Regeln kontrolliert. Im Fokus stehen die Gleichförmigkeit der Masse, die Masseverluste, die Masserichtigkeit und der mechanische Verschluss der Hartkapseln. Die Prüfung erfolgt an mindestens 20 Kapseln pro Ansatz. Dabei dürfen bei einer mittleren Füllmenge unter 300 mg höchstens zwei Kapseln um mehr als 10 Prozent abweichen. Keine darf mehr als 20 Prozent vom Mittelwert entfernt sein.

Zusätzlich soll der herstellungsbedingte Masseverlust drei Prozent nicht überschreiten – egal, nach welcher Methode Sie die Kapseln herstellen. Bei gravimetrischer Herstellung überprüft man außerdem, ob die berechnete Gesamtmasse mit der tatsächlichen Masse der gefüllten Hartkapseln übereinstimmt.

Nach der Prüfung werden die fertigen Hartkapseln in ein geeignetes licht- und feuchtigkeitsgeschütztes Gefäß überführt – zum Beispiel ein Weithalsglas oder eine Schraubdeckeldose.

Quellen:
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/ (I.9. Kapseln)
Iris Cutt: „Wurm. Galenische Übungen“, Govi.
Claudia Peuke, Martina Dreeke-Ehrlich; Rezeptur für die Kitteltasche“, Deutscher Apotheker Verlag.

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