Eine Frau in Sportkleidung steht am Küchentresen und schneidet Obst auf für einen Smoothie.© JLco - Julia Amaral/iStock/Getty Images Plus
Gesunde Ernährung und Sport: Gehören sie zum Abnehmen zusammen oder ist das eine wichtiger als das andere?

Gewicht reduzieren

ABNEHMEN: ERNÄHRUNG WICHTIGER ALS SPORT

Wenn man abnehmen möchte, heißt der Rat meist: eine gesündere Ernährung und mehr Sport. Um mehr Kalorien zu verbrennen, als man aufnimmt. Aber stimmt das? Oder funktioniert eines besser als das andere? Eine neue Studie gibt Hinweise.

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Hohen Stellenwert beim Abnehmen hat die Kalorienbilanz, also die Differenz zwischen den ĂĽber die Ernährung aufgenommenen und durch Bewegung und Sport verbrauchten Kalorien. Allerdings gibt es schon länger Hinweise darauf, dass die Bilanz allein das Körpergewicht nicht immer beeinflusst. Es kommt wohl auch auf die Zusammensetzung unserer Nahrung und viele weitere Faktoren an.

Eine neue Studie weist nun ebenfalls in diese Richtung. Die reine Energiebilanz könnte ausgedient haben. Was heißt das konkret?

Energieverbrauch bei Industrienationen und Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften

Ein internationales Forscherteam hat zu diesem Thema Gesundheitsdaten von über 4000 Personen verglichen. Die Daten stammten aus 34 Bevölkerungsgruppen aus sechs Kontinenten. Um herauszufinden, ob beim Abnehmen eher die Ernährung oder Sport wichtig ist, sahen sich die Forschenden Energieverbrauch, Grundumsatz, körperliche Aktivität, Körperfettanteil und Body-Mass-Index der Personen an.

Menschen aus Industrienationen wie den USA wurden ebenso einbezogen wie Angehörige der Hazda, also von Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften im ostafrikanischen Tansania. Überraschend: Die Aktivitätsenergie bei beiden Bevölkerungsgruppen war ähnlich hoch, trotz der unterschiedlichen Lebensweisen.

Abnehmen klappt über die Ernährung eher als durch Sport allein

Die Erkenntnisse liefern Anhaltspunkte, dass beim Abnehmen die Ernährung wichtiger ist als der Sport. Warum das so ist, erklärt Tim Hollstein vom Uniklinikum Schleswig-Holstein so: „Der Körper hat ĂĽber 24 Stunden hinweg einen relativ stabilen Gesamtenergieverbrauch.“ Will man abnehmen, behält dabei die Ernährung bei und treibt mehr Sport, spart der Körper also an Grundfunktionen wie der Atmung, der Organtätigkeit oder der Hirnleistung.

Das bedeutet fürs Abnehmen bei gleichbleibender Ernährung, dass Sport lediglich kurzfristig den Energieverbrauch erhöht und die Energiebilanz langfristig häufig gleich bleibt.
Wer körperlich weniger aktiv ist, hat mehr Energie fürs Denken und die Verdauung übrig. Denn auch unser Gehirn verbraucht Kalorien: Es verbrennt ungefähr 20 Prozent der Gesamtenergie.

Ernährung ist der Schlüssel zum Abnehmen

Wer abnehmen will, setzt also besser bei der Ernährung an. Sport allein hilft kaum, so Hollstein. Bewegung könnte trotzdem eine Rolle im Gewichtsmanagement spielen, denn Muskeln, die man mit dem Sport aufbaut, verbrauchen Energie und erhöhen den Grundumsatz. Allerdings gibt es auch hierzu gegenläufige Untersuchungen, denen zufolge der Effekt langfristig kaum messbar ist.

Die Ernährung spielt aber weiter eine größere Rolle zum Abnehmen. Und auch die Zusammensetzung der Nahrung scheint wichtig zu sein. Das zeigen immer mehr Daten. Eine Ernährung, die zum Abnehmen geeignet ist, sollte möglichst wenig hochverarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte, Wurstwaren und SĂĽĂźigkeiten enthalten. Denn der Anteil solcher Nahrungsmittel an der Ernährung steht in Studien in direktem Zusammenhang mit dem Körperfettanteil der Probanden.

Auch eine Ernährung mit hohem Kohlenhydrat-Anteil eignet sich nicht zum Abnehmen. Hier steht das Hormon Insulin im Vordergrund. Ein dauerhaft hoher Insulinspiegel im Blut hemmt nämlich den Fettabbau. Und da viele Fertiggerichte, Wurst und sogar salzige Snacks viel Zucker enthalten, ist eine Ernährung damit zum Abnehmen nicht das Richtige.

Sport hilft, Ăśbergewicht zu vermeiden

Sport allein ist zwar nicht der SchlĂĽssel, kann aber Ăśbergewicht möglicherweise vorbeugen. In Versuchen mit Probanden in Stoffwechselkammern, wie sie Universität Kiel unter Leitung von Anja Borg-Westphal durchgefĂĽhrt hat, gab es Hinweise darauf. Diejenigen, die sich vor dem Aufenthalt in der Kammer viel bewegt hatten, nahmen instinktiv die verbrauchte Menge an Kalorien wieder zu sich.

Die Probanden, die keinen Sport getrieben hatten, aĂźen deutlich mehr. Und hatten damit ein höheres Risiko fĂĽr Ăśbergewicht. Wir verlieren also bei Bewegungsmangel möglicherweise unsere Fähigkeit, den Energiebedarf richtig einzuschätzen.

Verschiedene Stoffwechseltypen

Alles in allem gibt beim Abnehmen verschiedene Wege. Ob die Ernährung oder Sport das Richtige sind, liegt wohl auch daran, welcher Stoffwechseltyp man ist. Hollstein meint, dass die Kalorienbilanz zwar wichtig ist, aber zu viele Kohlenhydrate definitiv problematisch sind. Und: „Wir konnten zeigen, dass es verschiedene Stoffwechseltypen gibt.“

Er ist sich sicher, dass beim Abnehmen zum einen die richtige, kohlenhydratbewusste Ernährung und auch Sport dazugehören, dass man aber den bisherigen Ansatz zur Adipositastherapie dringend ändern muss. Wenn es verschiedene Stoffwechseltypen gibt, ist die gleiche Therapie für alle nicht zielführend.

Quellen:
https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/ernaehrung-sport-bewegung-stoffwechsel-100.html
A. McGrosky,A. Luke,L. Arab,K. Bedu-Addo,A.G. Bonomi,P. Bovet,S. Brage,M.S. Buchowski,N. Butte,S.G. Camps,R. Casper,D.K. Cummings,S. Krupa Das,S. Deb,L.R. Dugas,U. Ekelund,T. Forrester,B.W. Fudge,M. Gillingham, [...] & The IAEA DLW Database Consortium: „Energy expenditure and obesity across the economic spectrum“, Proceedings of the National Academy of Science of the United States of America, 31. März 2025. https://doi.org/10.1073/pnas.2420902122
https://www.dasgehirn.info/handeln/ernaehrung/das-gehirn-hat-immer-hunger
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/44472-zu-dick-mach-doch-mehr-sport

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