Ein flambiertes Marshmallow, im Hintergrund Kaminfeuer© pamela_d_mcadams/iStock/Getty Images Plus
Bekämpft Blutzucker und Entzündungen: SGLT2-Hemmer können wohl mehr, als wir dachten.

Diabetes-Medikament

SGLT2-HEMMER: SCHÜTZENDE WIRKUNG VOR RHEUMA & CO.?

SGLT2-Hemmer wirken zuverlässig blutzuckersenkend ohne die Gefahr einer Unterzuckerung. Das macht die Wirkstoffe bei Typ-2-Diabetes so attraktiv. Aber Dapagliflozin, Empagliflozin und Co. können noch mehr. Schützen sie auch vor Rheuma?

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Die Abkürzung SGLT2 steht für sodium dependent glucose co-transporter 2 und bezeichnet ein Transportprotein in der Niere. SGLT2-Hemmer verhindern also den natriumabhängigen Glucose-Rücktransport ins Blut. So wird mehr Glucose ausgeschieden, der Blutzucker sinkt – und das ohne Zusammenhang mit dem Insulinstoffwechsel. Die Wirkstoffe zählen nicht umsonst zu den Standardtherapeutika bei Diabetes Typ 2.

Dass SGLT2-Hemmer auch das Herz und die Nieren schützen können, ist schon länger bekannt. Neu kommt jetzt vielleicht ein Schutz vor Rheuma und anderen Autoimmunerkrankungen dazu.

Forschung aus Südkorea

Dass SGLT2-Hemmer einen Einfluss auf das Risiko einer Rheuma-Erkrankung haben könnten, fanden Forschende aus Südkorea heraus. Ein Team um Bin Hong von der Universität Sungkyunkwan in Seoul durchforstete Daten von rund zwei Millionen Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes. Von diesen Personen erhielten 500000 eine Behandlung mit SGTL2-Hemmern, während der Rest Sulfonylharnstoffe wie Glibenclamid oder Glimepirid einnahm.

Um Verzerrungen zu minimieren, bedienten sich die Forschenden eines speziellen statistischen Verfahrens. Diese komplizierte Berechnungsformel berücksichtigt die Wahrscheinlichkeit für jede Person, den jeweiligen Wirkstoff zu erhalten, und gewichtet sie danach. So gelang es Hongs Team, die Datensätze in zwei etwa gleichgroße Kohorten mit vergleichbarem Altersdurchschnitt und gleicher Geschlechterverteilung einzuordnen.

SGLT2-Hemmer senken Risiko für Rheuma

Davon ausgehend berechneten die Forschenden, wie häufig in der Nachbeobachtungszeit von im Mittel neun Monaten zum einen unter SGLT2-Hemmern und zum anderen unter Sulfonylharnstoffen rheumatische Autoimmunerkrankungen auftraten.

Die Ergebnisse waren überraschend deutlich. Die Einnahme von SGLT2-Hemmern senkte das relative Risiko für Rheuma-Erkrankungen um elf Prozent gegenüber der Therapie mit Sulfonylharnstoffen. Dabei sind mit dem Begriff Rheuma Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis, Lupus Erythematodes, Psoriasis-Arthritis und viele weitere gemeint. Sie alle wurden seltener beobachtet, wenn die untersuchte Person SGLT2-Hemmer einnahm.

SGLT2-Hemmer: Schützende Wirkung muss noch belegt werden

Dass die SGLT2-Hemmer wirklich eine schützende Wirkung gegen Rheuma besitzen, ist mit den Studienergebnissen aber nicht bewiesen. Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, belegen die Daten keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme eines SGLT2-Hemmers und einem geringeren Erkrankungsrisiko für Rheuma. Wohl aber lässt die Studie einen Schluss zu: Wenn, dann besitzen alle SGLT2-Hemmer diese Wirkung.

Denn Alter, Geschlecht, spezifischer Wirkstoff, kardiovaskuläre Vorerkrankungen und Adipositas hatten keinen Einfluss auf den Effekt. Dies weist darauf hin, dass die gesamte Substanzklasse der SGLT2-Hemmer schützende Wirkungen gegen Rheuma besitzen könnte, nicht nur ein bestimmter Wirkstoff.

Ob SGLT2-Hemmer wirklich vor Rheuma schützen können, muss weiter untersucht werden. Dazu, so schreibt auch Hongs Team, braucht es unter anderem auch Studien an Personen, die bereits an Rheuma oder einer anderen autoimmunen rheumatischen Erkrankung leiden.

Kritik: Keine Wirkung ohne Nebenwirkungen

Außerdem geben Experten zu bedenken, dass auch SGLT2-Hemmer nicht frei von unerwünschten Wirkungen sind. So kann die erhöhte Glucose-Ausscheidung unter anderem zu häufigeren Harnwegs- und Genitalinfektionen führen.

Die möglichen Nachteile der SGLT2-Hemmer müssen also gegen die potenziell schützende Wirkung auf Herz, Nieren und vielleicht auch gegen Rheuma abgewogen werden.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/sglt-2-hemmer-koennten-vor-autoimmunerkrankungen-schuetzen-159714/
Bin Hong, Hyesung Lee, Kyungyeon Jung, Sang Youl Rhee, Dong Keon Yon, Ju-Young Shin: „Sodium-glucose cotransporter-2 inhibitors and risk of autoimmune rheumatic diseases: population based cohort study”, The BMJ, 15. Oktober 2025.  https://doi.org/10.1136/bmj-2025-085196
https://flexikon.doccheck.com/de/SGLT-2-Inhibitor

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