Eine junge Frau liegt im dunklen Zimmer im Bett und hat den Arm über die Augen gelegt.© MergeIdea/iStock/Getty Images Plus
Wenn chronisch Migräne-Betroffene tagelang nicht arbeiten können, kostet es das Gesundheitssystem mehr Geld als teure Prophylaxe-Medikamente.

Unnötiges Leid

MODERNE MIGRÄNEPROPHYLAXE ZU SELTEN IM EINSATZ

Wirksame Migräneprophylaxe ist für Betroffene von häufigen Migräneattacken ein Schlüssel zu mehr Lebensqualität. Sie verhindert, dass die Beschwerden chronisch werden. Davon sind Experten überzeugt und warnen: Nicht allein der Preis darf entscheiden, ob moderne Migräneprophylaxe zum Einsatz kommt.

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Für Betroffene von häufig auftretenden Migräneattacken und chronischer Migräne stehen moderne Wirkstoffe zur Verfügung: Hemmstoffe des Calcitonin-Gene-related Peptide (CGRP). Aber diese Wirkstoffe zur Migräneprophylaxe sind teuer und werden daher meist erst verordnet, wenn alles andere nicht hilft.

Das sieht die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) kritisch, denn durch ihren rechtzeitigen Einsatz ließe sich Leid und unnötige Kosten verhindern. Zum Weltkopfschmerztag am 5. September ruft die DMKG daher zu einem grundsätzlichen Umdenken bei der Verordnung moderner Wirkstoffe zur Migräneprophylaxe auf.

Moderne Migräneprophylaxe lohnt sich

Zur Migräneprophylaxe kommen laut DMKG meist zuerst über Monate oder Jahre verschiedene, unspezifische Wirkstoffe zum Einsatz. Diese, wie Amitriptylin oder Betablocker, sind zwar preisgünstig. Sie wirken aber oft nicht oder nur unzureichend.

Erst bei starker Chronifizierung werden CGRP-Hemmstoffe zur Migräneprophylaxe angewendet. Eine frühe Therapie ist aber entscheidend, um genau diese Chronifizierung zu verhindern, meint Privatdozent Dr. Lars Neeb, Präsident der DMKG.

CGRP-Hemmstoffe sind zur Migräneprophylaxe zugelassen, wenn die Attacken öfter als viermal im Monat auftreten. 2018 kam der erste monoklonale Antikörper gegen CGRP auf den deutschen Markt, in diesem Jahr sogar gleich zwei oral verfügbare Wirkstoffe.

Chronische Migräne

Mit dem rechtzeitigen Einsatz der modernen Migräneprophylaxe lasse sich laut DMKG verhindern, dass die Migräne chronisch wird. Davon spricht man, wenn

  • mindestens über drei Monate
  • an mindestens 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen
  • und davon mindestens acht Mal Migräne auftreten.

Die modernen Wirkstoffe zur Migräneprophylaxe sind teuer, im Gegensatz zu herkömmlichen, bisher eingesetzten Substanzen. Neeb betont, dass sich mit der richtigen Migräneprophylaxe aber langfristig Kosten und unnötiges Leid vermeiden ließen.

Die DMKG kritisiert, dass der frühzeitige Einsatz wirksamer Migräneprophylaxe oft durch kassenärztliche Vorgaben und Kostenrestriktionen begrenzt werde. Eine verzögerte Behandlung führe aber zu höherer Krankheitslast und zu steigenden direkten und indirekten Gesundheitskosten.

Migränetherapie darf sich nicht nur nach den Kosten richten

Die DMKG fordert bei der Migränetherapie ein generelles Umdenken. Die Arzneimittelkosten für die Migräneprophylaxe seien nur ein Teil der Gesamtkosten bei vorrangig berufstätigen Patientinnen und Patienten. Weil eine Migräne Tage anhalten kann, fallen Arbeitnehmer mit chronischer Migräne oft aus.

Eine wirksame Migränetherapie, die eine rechtzeitige Prophylaxe einschließt, kann die Lebensqualität Betroffener entscheidend verbessern und hilft, Kosten für die Gesellschaft einzusparen. Auch dann, wenn die modernen Wirkstoffe zur Migräneprophylaxe wesentlich teurer sind als die bisherigen unspezifischen Substanzen.

Studien belegen, so die DMKG, dass der frühzeitige Einsatz wirksamer Migräneprophylaxe das Risiko für eine Chronifizierung senken kann.

Millionen Betroffene

Rund 1,66 Millionen Deutsche leiden unter Migräne, rund 2,5 Prozent davon werden chronisch krank. Eine Behandlung mit unspezifischen Wirkstoffen zur Migräneprophylaxe führe zu längerer Krankheitsdauer, häufigerer Chronifizierung und mehr schweren Kopfschmerztagen pro Monat. Betroffene sind zudem seltener berufstätig und haben ein um rund zehn Prozent erhöhtes Risiko für psychische Begleiterkrankungen, so die DMKG.

Mit der richtigen Migräneprophylaxe ließen sich vielfältige körperliche, seelische und soziale Beeinträchtigungen vermeiden. Aktuell gebe es eine „Kluft zwischen wissenschaftlichen Empfehlungen und dem klinischen Alltag in der Behandlung“ von Migräne. Es hätten zwar nicht alle Migränepatienten Bedarf an den modernen Wirkstoffen zur Migräneprophylaxe, aber:

„Bei hochfrequenter episodischer oder chronischer Migräne sollte die Therapieentscheidung ärztlich-individuell und nicht primär ökonomisch getroffen werden.“

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/moderne-migraenetherapien-zu-wenig-genutzt-158552/
https://attacke-kopfschmerzen.de/presse/pressemitteilungen/18-pressemitteilung/140-kopfschmerztag-2025-moderne-migraenetherapien-zu-wenig-genutzt-chronische-faelle-vermeidbar
https://www.dgn.org/leitlinie/therapie-der-migraneattacke-und-prophylaxe-der-migrane

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