Bildliche Darstellung einer bunten Fause mit Viren und Bakterien, die gegen eine geöffnete Tablette stĂ¶ĂŸt, aus der weiße Kugeln sprießen.© wildpixel / iStock / Getty Images Plus
Das in der Selbstmedikation erhĂ€ltliche Ibuprofen kann das Risiko fĂŒr Antibiotikaresistenzen fördern.

Gefahr der Selbstmedikation

SCHMERZMITTEL ERHÖHEN RISIKO FÜR ANTIBIOTIKARESISTENZEN

Ein australisches Forschungsteam untersuchte die Wirkung verschiedener nicht-antibiotischer Wirkstoffe auf die SensibilitĂ€t von E.coli gegenĂŒber Ciprofloxacin. Auch das in der Selbstmedikation erhĂ€ltliche Ibuprofen scheint die Ausbildung von Antibiotikaresistenzen zu beeinflussen.

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Neben dem unreflektierten Einsatz von Antibiotika (zum Beispiel in der Tierzucht) können auch nicht-antibiotische Substanzen das Risiko fĂŒr Antibiotikaresistenzen fördern. Im Fokus liegen neben Diuretika, Statinen, Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) oder Tramadol auch Schmerzmittel wie Ibuprofen. Die Wirkstoffe treffen nicht nur im Abwasser aufeinander – was an sich ein immer grĂ¶ĂŸeres Problem darstellt. Sondern die nicht-antibiotischen Wirkstoffe können im Darm eine Antibiotika-Ă€hnliche Wirkung auf die Darmbakterien zeigen, sodass Resistenzen begĂŒnstigt werden.

Dieser Punkt ist besonders bei der Behandlung von Menschen mit Polymedikation von Bedeutung. Oder fĂŒr Menschen, die regelmĂ€ĂŸig PrĂ€parate aus der Selbstmedikation einnehmen. Wie unter anderem Schmerzmittel, Ibuprofen und Paracetamol gehören zu den Medikamenten, die am hĂ€ufigsten in der Selbstmedikation abgegeben werden.

Wie kommt es zu Antibiotikaresistenzen?

Bei einer Antibiotikaresistenz entwickeln Bakterien eine gewisse Widerstandskraft gegenĂŒber antibiotischen Wirkstoffen. In der Praxis reagieren bakterielle Infektionen dann nicht mehr sensibel auf Antibiotikagaben und bessern sich folglich nicht. Es gibt verschiedene Arten der Antibiotikaresistenz:

  • PrimĂ€re Resistenz: Das Antibiotikum besitzt eine WirkungslĂŒcke gegenĂŒber bestimmter Bakteriengattungen, z.B. wirken Cephalosporine nicht gegen Enterokokken.
  • SekundĂ€re Resistenz: Eigentlich wirkt das Antibiotikum bei diesen Bakterien. Aber das Bakterium konnte durch eine zufĂ€llige Mutation resistent geworden sein und hat diese genetische Information an seine Kollegen weitergegeben.
  • Kreuzresistenz: Manche Bakterien sind nicht nur unempfindlich auf ein bestimmtes Antibiotikum, sondern auch gegen eines mit Ă€hnlicher chemischer Struktur oder gleichem Wirkmechanismus. Wie hĂ€ufig z.B. bei Penicillinen und Cephalosporinen.
  • Multiresistenz: Ein Erreger reagiert resistent auf mehrere Antibiotika verschiedener Klassen wie z.B. der Problemkeim MRSA.

Schmerzmittel in der Zellkultur

In einer Zellkultur-Studie untersuchte ein Team um Hanbiao Chen von der University of South Australia in Adelaide den Einfluss verschiedener nicht-antibiotischer Medikamente auf das Wachstum von E.coli wÀhrend das Bakterium gleichzeitig mit Ciprofloxacin behandelt wurde. Die Wirkstoffe wurden im Hinblick auf ihre Anwendung in der Geriatrie ausgewÀhlt, getestet wurden:

  • die Schmerzmittel Paracetamol, Diclofenac und Ibuprofen,
  • Furosemid,
  • Atorvastatin,
  • Metformin,
  • Pseudoephedrin,
  • Temazepam und
  • Tramadol.

Im Versuch beeinflussten einige der Wirkstoffe die Minimale Hemmkonzentration (MHK) von Ciprofloxacin. Zur Erinnerung: Die MHK gibt die niedrigste Konzentration eines Antibiotikums wieder, bei dem das Wachstum der Bakterien gehemmt wird. FĂŒr eine optimale Wirkung sollte der Wert möglichst niedrig sein. Im Versuch zeigte sich bei der Kombination

Atorvastatin/Ciprofloxacin, Ibuprofen/Ciprofloxacin und Paracetamol/Ciprofloxacin ein deutlicher Anstieg der MHK. Die Ciprofloxacin-Resistenz stieg bei der zusĂ€tzlichen Gabe von Atorvastatin sowie Ibuprofen um das Achtfache an, bei Paracetamol gar um das 16-Fache.

Kreuzreaktion möglich

Die Schmerzmittel sowie Atorvastatin erhöhten die Fitness und AnpassungsfĂ€higkeit von E.coli, sodass nicht nur eine Antibiotikaresistenz gegenĂŒber Ciprofloxacin, sondern auch gegenĂŒber Levofloxacin nachweisbar war. Zudem zeigte sich die Resistenz-Reaktion noch einmal deutlich erhöht (um das Zwei- bis Vierfache), wenn zwei nicht-antibiotische Medikamente kombiniert wurden erhöhte sich auch die Resistenz gegen Levofloxacin.

Denken Sie an Kund*innen, die eine Atorvastatin-Therapie erhalten, Ibuprofen regelmĂ€ĂŸig gegen RĂŒckenschmerzen einnehmen und dann einen bakteriellen Infekt erleiden.

Knackpunkt: Zellkultur

Die Untersuchungen fanden isoliert in einer Zellkultur statt und entsprechen demnach nicht den gleichen Voraussetzungen, die im menschlichen Körper vorliegen. Doch gerade bei gĂ€ngigen und hĂ€ufig konsumierten Schmerzmitteln wie Ibuprofen und im Hinblick auf die vielfach auftretende Polypharmazie lohnen sich weitere Untersuchungen.

„Bei Antibiotikaresistenzen geht es nicht mehr nur um Antibiotika“, sagt Associate-Professorin Dr. Henrietta Venter in einer Pressemitteilung ihrer UniversitĂ€t:

„Diese Studie macht deutlich, dass wir die Risiken der Verwendung mehrerer Medikamente sorgfĂ€ltig abwĂ€gen mĂŒssen – insbesondere in der Altenpflege, wo den Bewohnern oft eine Kombination aus Langzeitmedikamenten verschrieben wird. Das bedeutet nicht, dass wir diese Medikamente nicht mehr verwenden sollten, aber wir mĂŒssen uns stĂ€rker bewusst machen, wie sie mit Antibiotika interagieren – und dabei nicht nur Kombinationen aus zwei Medikamenten berĂŒcksichtigen.“

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/schmerzmittel-koennten-antibiotikaresistenzen-beguenstigen-158534/
https://www.nature.com/articles/s44259-025-00144-w

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