Immunisierungen
IMPFEN GEGEN GRIPPE UND CORONA: WARUM MEHRFACHIMPFUNGEN SINNVOLL SIND
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Im Herbst kann Impfung auf Impfung folgen: Die Immunisierung gegen Gürtelrose wird nun auch für Risikogruppen unter 50 Jahren empfohlen.
Daneben stehen für viele jahreszeitbedingt der Grippe- und Coronaschutz an. Da drängt sich eine Frage auf: Verkraftet das der Körper überhaupt?
Belastung für das Immunsystem: Wie viel ist zu viel?
Kann man mehrere Pikse ohne Bedenken auf einmal erhalten? Ja, heißt es vom Robert Koch-Institut (RKI). Der Körper werde durch eine parallele Verabreichung nicht überfordert. „Das Immunsystem ist so leistungsfähig, dass es auf eine sehr große Anzahl von Impfstoffen gleichzeitig reagieren könnte“, so das RKI. Die Sorge vor einer Belastung für das Immunsystem sei unbegründet.
Durch eine Spritze wird die harmlose Version eines Krankheitserregers oder nur ein Teil davon in den Körper injiziert. Der Körper bildet daraufhin Antikörper und Gedächtniszellen, die bei einem Kontakt mit dem echten Krankheitserreger sofort reagieren können – auch bei mehreren Erregern gleichzeitig. Mehrfachimpfungen sind daher medizinisch möglich und sinnvoll.
Das Immunsystem ist so leistungsfähig, dass es auf eine sehr große Anzahl von Impfstoffen gleichzeitig reagieren könnte.
Braucht es bestimmte Wartezeiten?
Der Ständigen Impfkommission (Stiko) zufolge können oft mehrere Lebendimpfstoffe in einem Rutsch verabreicht werden. Sie bestehen aus abgeschwächten, vermehrungsfähigen Viren oder Bakterien und kommen etwa gegen Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken zum Einsatz.
Werden Lebendimpfstoffe jedoch nicht beim selben Termin verabreicht, sollten mindestens vier Wochen vergehen, weil für einen gewissen Zeitraum typische Reaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle auftreten können.
Zwischen mehreren Totimpfstoffen sowie zwischen Tot- und Lebendimpfstoffen muss nach Stiko-Angaben in den meisten Fällen kein zeitlicher Abstand eingehalten werden. Die Präparate mit abgetöteten, nicht mehr vermehrungsfähigen Krankheitserregern werden etwa gegen Gürtelrose, Hepatitis B, Diphtherieoder Wundstarrkrampf (Tetanus) sowie in den meisten Grippeimpfstoffen eingesetzt. Auch genbasierte Produkte, wie die mRNA-Spritzen gegen das Coronavirus, zählen zu den Totimpfstoffen. Sie gelten als sicher für Mehrfachimpfungen.
Gibt es eine Grenze für Mehrfachimpfungen?
Die Stiko, die wissenschaftliche Empfehlungen für Impfungen in Deutschland erarbeitet, gibt keine feste Obergrenze für Mehrfachimpfungen an. Eine solche Entscheidung müssten Betroffene gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt treffen, heißt es vom RKI.
Manche Hausärzte zögern, viele Injektionen auf einmal zu geben – nicht aus Unwissenheit, sondern aus praktischen Gründen. Bei mehreren Impfungen gleichzeitig könnten die Reaktionen stärker ausfallen, oder Nebenwirkungen schwieriger einem bestimmten Impfstoff zugeordnet werden, erklärt der Immunologe Carsten Watzl.
Impfen gegen Grippe und Corona: Kein Problem
Besonders häufig stellt sich im Herbst die Frage: Kann man sich gleichzeitig impfen lassen gegen Grippe und Corona? Die Antwort lautet: Ja. Beide Immunisierungen können problemlos parallel verabreicht werden. „Sie wirken beide genauso gut, wie wenn man sie einzeln verabreicht“, sagt Watzl.
Die Stiko empfiehlt, die Stiche in unterschiedliche Gliedmaßen zu setzen – etwa in beide Oberarme. Es sind bislang keine schwerwiegenden Unverträglichkeiten durch die gleichzeitige Gabe von mRNA- und Influenza-Impfstoffen bekannt. Für Mehrfachimpfungen ist das eine wichtige Erkenntnis.
Kombi-Impfstoffe: Weniger Stress, gleiche Wirkung
Diese Präparate sind genauso sicher wie einzelne Dosen, haben aber den Vorteil, dass sie die Zahl der nötigen Injektionen verringern. Kombi-Impfstoffe schützen mit nur einem Stich vor mehreren Krankheiten gleichzeitig. Das bedeutet: weniger Arztbesuche, weniger Stress und ein geringeres Risiko für Reaktionen wie etwa Schmerzen an der Einstichstelle.
Die Stiko empfiehlt ausdrücklich die Anwendung von Kombi-Impfstoffen. Es gibt etwa Sechsfach-Impfstoffe gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung, Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Keuchhusten und Hepatitis B. Auch Vierfach-Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken sind verfügbar. Kombi-Impfstoffe gelten als bewährt – auch bei Säuglingen und Kleinkindern.
„Wenn ich einen Sechsfach-Impfstoff erhalte, bekomme ich nicht sechsmal so starke Impfreaktionen“, beruhigt Watzl. Stattdessen treten Reaktionen nur in dem Maß auf, wie es der stärkste Bestandteil verursacht. Auch hier gilt: Mehrfachimpfungen überfordern das Immunsystem nicht.
Kombi-Impfstoffe gelten als bewährt – auch bei Säuglingen und Kleinkindern.
Was gilt bei Kindern?
Es stimmt, dass heute gegen mehr Krankheiten geimpft wird als früher. Gleichzeitig enthalten moderne Impfstoffe weniger Bestandteile des Erregers. Sie sind hoch gereinigt und zielen auf eine gezielte Immunantwort ab.
„Bestimmte Infektionen können bei Säuglingen und Kleinkindern zu einem deutlich schwereren Krankheitsverlauf führen als bei älteren Kindern“, erklärt das RKI. Mehrfachimpfungen zum empfohlenen Zeitpunkt seien daher notwendig und auch im Säuglingsalter gut verträglich. Die Sorge vor einer Belastung für das Immunsystem sei unbegründet.
Gibt es Ausnahmen bei der gleichzeitigen Verabreichung?
Ja, in Einzelfällen. So rät man beim Lebendimpfstoff Ixchiq (Valneva) gegen Chikungunyafieber aktuell von einer gleichzeitigen Immunisierung gegen andere Erkrankungen ab – wegen unzureichender Datenlage. Solche Hinweise finden sich in Fachinformationen und Beipackzetteln.
In der Tropenmedizin sind Mehrfachimpfungen dagegen üblich – oft aus Zeitgründen vor einer Reise. „Reisemediziner kennen es, viele Impfungen auf einmal zu geben“, sagt Watzl.
Quelle: dpa












