Eine ältere Frau massiert sich mit den Händen die Füße.© Jelena Stanojkovic / iStock / Getty Images Plus
Bei rheumatoider Arthritis beginnen die Beschwerden meist in den kleinen Gelenken der Hände und Füße.

Autoimmunerkrankung

WIE EIN DARMBAKTERIUM RHEUMATOIDE ARTHRITIS TRIGGERT

Bei Rheumatoider Arthritis bildet der Körper Antikörper und T-Zellen, die das Gelenkgewebe angreifen, sodass es sich entzündet. Wieso diese Antikörper entstehen, war bislang unklar. Nun machten Forschende ein Darmbakterium als Ursache aus.

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Rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung und die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Autoantikörper und T-Zellen greifen das körpereigene Gelenkgewebe an. Die Gelenke entzünden sich, schmerzen und schwellen an. Auf Dauer führt das zu irreversiblen Gelenkschäden und Deformierungen, die Gelenke verlieren ihre Funktionalität. Was das Immunsystem zu dieser Attacke veranlasst, war bislang unklar.

Ein möglicher Forschungsansatz ist, dass die Schleimhäute, etwa von Mund, Atemwegen oder Darm, die Autoantikörper schon Jahrzehnte vor den ersten Arthritis-Symptomen bilden. Und zwar, nachdem sie Kontakt mit bestimmten Bakterien hatten. Ein solches Bakterium konnte aber nicht ausgemacht werden. Bis jetzt.

Subdoligranulum didolesgii als Auslöser von Rheumatoider Arthritis

Ein Team von Forschenden um Dr. Meagen E. Chriswell von der University of Colorado in Aurora hat einen solchen Bakterienstamm entdeckt. Außerdem haben sie gezeigt, wie dieser das Immunsystem dazu bringt, sich gegen das Gelenkgewebe zu richten.

Zunächst isolierten sie Plasmablasten aus dem Blut von Menschen mit einem Risiko für Rheumatoide Arthritis. Plasmablasten sind die Zellen, die Antikörper freisetzen. Chriswell und ihr Team wiesen nach, dass IgG- und IgA-Autoantikörper der untersuchten Personen mit Darmbakterien aus den Familien der Lachnospiraceae und Ruminococcaceae kreuzreagieren. Die Antikörper, die sich gegen das Gelenkgewebe richten, sprechen auch auf diese Bakterien an.

Als nächstes entdeckten die Forschenden eine neue Bakterienart. Sie kam im Stuhl von 4 von 24 Proband*innen mit Rheumatoider Arthritis vor, aber bei keiner der gesunden Untersuchten. Die neue Art nannten Subdoligranulum didolesgii. “Didolesgi“ ist das Cherokee-Wort für Arthritis und Rheuma; Chriswell ist Mitglied der Cherokee Nation of Oklahoma.

Immunreaktion gegen Bakterium weitet sich zu Autoimmunreaktion aus

Um zu testen, ob die Immunantwort der Schleimhaut gegen Subdoligranulum didolesgii tatsächlich zu einer Autoimmunreaktion gegen Gelenkgewebe führt, verabreichten die Wissenschaftler*innen Mäusen das Bakterium oral. Die Mäuse bildeten, vermutlich in der Dickdarmschleimhaut, Antikörper und T-Zellen. Diese griffen die Gelenke an. Sie entwickelten eine chronische Entzündung, die der menschlichen Rheumatoiden Arthritis ähnelte.

Daraus folgern die Forschenden, dass Subdoligranulum didolesgii die Autoimmunreaktion triggert, die hinter Rheumatoider Arthritis steckt – zumindest bei manchen Betroffenen. Die Dickdarmschleimhaut bildet Antikörper gegen das Bakterium, die dann im ganzen Körper zirkulieren. Vermutlich sind die Proteine des Bakteriums den Proteinen des Gelenkgewebes so ähnlich, dass die Antikörper nicht unterscheiden können, gegen welche Zielstruktur sie sich richten.

Quellen:
Chriswell et al: „Clonal IgA and IgG autoantibodies from individuals at risk for rheumatoid arthritis identify an arthritogenic strain of Subdoligranulum“, Science Translational Medicine, 26. Oktober 2022.
https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.abn5166
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/darmbakterium-koennte-rheumatoide-arthritis-verursachen-137751/
https://www.niaid.nih.gov/news-events/newly-discovered-gut-bacterium-may-cause-some-rheumatoid-arthritis

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