Eine Hand hält eine rote Schleife vor einer Weltkarte© leolintang / iStock / Getty Images Plus
Mehr als die Hälfte aller HIV-Diagnosen in Europa wurden im Jahr 2024 zu spät für eine optimale Behandlung gestellt.

FrĂĽherkennung

HIV-DIAGNOSE KOMMT OFT ZU SPÄT: WHO WARNT VOR RISIKEN FÜR EUROPA

Immer noch wird eine HIV-Diagnose in Europa viel zu spät gestellt – mit teils tödlichen Folgen. Gesundheitsbehörden fordern mehr Tests, bessere Aufklärung und den breiteren Einsatz von HIV Selbsttests, um Aids früh zu erkennen und das WHO-Ziel für 2030 nicht zu gefährden

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Eine HIV-Diagnose wird in Europa zu oft erst spät gestellt und behandelt. Zu diesem Schluss kommen die EU-Gesundheitsbehörde ECDC und das europäische Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation WHO in einem gemeinsamen Bericht, den sie vor dem Welt-Aids-Tag am 01. Dezember veröffentlicht haben.

Mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller HIV-Diagnosen in Europa wurden demnach im Jahr 2024 zu spät für eine optimale Behandlung gestellt. Dies und eine wachsende Zahl an unentdeckten Fällen gefährdeten das Ziel, die Immunschwächekrankheit Aids bis zum Jahr 2030 als Gefahr für die öffentliche Gesundheit beseitigt zu haben, warnten das in Stockholm ansässige ECDC und die in Kopenhagen sitzende WHO Europa.

Aids frĂĽh erkennen: Warum das entscheidend ist

Dem jährlichen HIV/Aids-Überwachungsbericht der beiden Behörden zufolge wurden 2024 knapp 106000 HIV-Diagnosen in der WHO-Region Europa gestellt. Zu ihr zählen insgesamt 53 Staaten, die über die EU hinaus bis nach Zentralasien reichen. Betrachtet man nur den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), der die EU sowie Island, Liechtenstein und Norwegen umfasst, dann waren es dort etwas mehr als 24000 Diagnosen, von denen 48 Prozent erst spät erfolgten.

Das Ziel, Aids früh zu erkennen, wird dadurch gefährdet. Der hohe Anteil an Spätdiagnosen habe zur Folge, dass viele Betroffene nicht früh genug Zugang zu lebensrettender Therapie und Versorgung hätten, warnten WHO und ECDC. Wer Aids früh erkennt, hat deutlich bessere Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung. Dies wiederum erhöhe das Risiko, HIV weiterzuverbreiten sowie an Aids zu erkranken und zu sterben. Eine späte HIV-Diagnose bedeutet für Betroffene also nicht nur ein medizinisches Risiko, sondern auch eine größere Gefahr für die Gesellschaft insgesamt.

2024 wurden knapp 106000 HIV-Diagnosen in der WHO-Region Europa gestellt.

 

HIV-Test Europa: Regionale Unterschiede und Herausforderungen

Die beiden Behörden riefen dazu auf, umfassender auf HIV zu testen und auch Selbsttests besser zugänglich zu machen. Ein flächendeckender HIV-Test in Europa sei essenziell, um die sogenannte Testlücke zu schließen. Das Ziel für 2030 im Kampf gegen Aids sei erreichbar – aber nur, wenn sich die Region Europa jetzt daran setze, beim HIV-Test in Europa konsequent nachzubessern. Unterschiede in den Gesundheitssystemen, mangelnde Aufklärung oder geringe Testbereitschaft führen dazu, dass HIV-Diagnosen nicht rechtzeitig gestellt werden.

Vor allem im Osten Europas ist der Zugang zu einem HIV-Test noch eingeschränkt. Ein standardisierter und niedrigschwelliger HIV-Test Europa-weit könnte dazu beitragen, mehr Infektionen früher zu erkennen. Gesundheitsbehörden betonen, wie wichtig es ist, dabei auch über Stigmatisierung zu sprechen – denn Angst und Scham verhindern oft eine frühzeitige HIV-Diagnose.

Selbsttest HIV: Ein wichtiges Instrument zur FrĂĽherkennung

Ein effektives Mittel zur Verbesserung der HIV-Diagnose ist der HIV Selbsttest. Dieser kann anonym durchgeführt werden und senkt für viele Menschen die Hemmschwelle, sich testen zu lassen. Die WHO und das ECDC fordern, den HIV Selbsttest europaweit besser zugänglich zu machen. In Deutschland ist der HIV Selbsttest mittlerweile rezeptfrei in Apotheken erhältlich.

Insbesondere jüngere Menschen und Risikogruppen könnten durch den HIV Selbsttest frühzeitig Gewissheit über ihren Status erhalten. Je früher eine HIV-Diagnose gestellt wird, desto erfolgreicher kann die Therapie beginnen. Der flächendeckende Einsatz des HIV Selbsttests gilt als ein Schlüssel zur Reduzierung der Spätdiagnosen und zur Eindämmung der Epidemie.

Rund 2300 Infektionen in Deutschland

Weltweit infizierten sich 2024 nach UN-Angaben etwa 1300000 Menschen mit dem HI-Virus, das unbehandelt Aids auslösen kann. Rund 630000 starben demnach an den Folgen von Aids. Ende 2024 lebten 40800000 Menschen auf der Welt mit HIV, von denen mehr als drei Viertel Zugang zu Medikamenten hatten, mit denen das Virus bekämpft werden kann. Eine rechtzeitige HIV-Diagnose bleibt entscheidend.

In Deutschland haben sich voriges Jahr geschätzt rund 2300 Menschen mit HIV infiziert. Der Wert liege um etwa 200 Neuinfektionen höher als 2023, erklärte das Robert Koch-Institut (RKI) in seiner jüngsten Schätzung. Auch in Deutschland ist das Ziel, Aids früh zu erkennen, nur mit konsequenten HIV-Tests Europa-weit und durch Angebote wie den HIV Selbsttest erreichbar.

Quelle: dpa

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