Eine schwangere Frau lehnt ein Glas Wein ab, das ihr angeboten wird.© Makidotvn / iStock / Getty Images Plus
Nein, auch kein kleines Gläschen Wein: Die Folgen von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft werden unterschätzt.

Tag des alkoholgeschädigten Kindes

ALKOHOL IN DER SCHWANGERSCHAFT – JEDER TROPFEN ZÄHLT

Wenn werdende Mütter Alkohol trinken, kann das dramatische Folgen fürs Kind haben. Entwicklungsstörungen, Lernbehinderungen, Hyperaktivität - Betroffene leiden mitunter ihr Leben lang. Das Gesundheitsministerium und Fachärzte versuchen zu sensibilisieren.

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Alkoholkonsum in der Schwangerschaft - das Thema wir nach Meinung von Experten immer noch unterschätzt. Dem Gesundheitsministerium in Brandenburg zufolge gehen Fachleute davon aus, dass in Deutschland jährlich rund 10 000 Kinder geboren werden, die wegen Alkoholkonsums in der Schwangerschaft unter körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen leiden - sogenannten Fetalen Alkoholspektrum-Störungen (FASD). Etwa 2 200 davon sind an der schwersten Form erkrankt, dem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS).

Dass die Folgen in der Schwangerschaft unterschätzt werden, liegt nach Einschätzung der Cottbuser Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Kristina Kölzsch, auch daran, dass FASD nicht immer gleich erkannt wird. An diesem Donnerstag (9.September) jährt sich der „Internationale Tag des alkoholgeschädigten Kindes“.

Beratungsstelle zu Fetalen Alkoholspektrum-Störungen

Medizinerin Kölzsch arbeitet in einem Sozialpädiatrischen Zentrum, das dem Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus angegliedert ist. Dort hat sie über zehn Jahre eine Beratungsstelle aufgebaut, in der sie und ihr Team Kinder bis 18 Jahren betreuen, aber auch werdende Mütter. Dazu gehöre Diagnostik, ein individueller Behandlungsplan, aber auch Schulungen für Pflegeeltern, Kriseninterventionen und Fortbildungen werden angeboten. Kölzsch berichtet der Deutschen Presse-Agentur:

„FASD ist nicht auf den ersten Blick sichtbar, sondern man muss einfach dran denken.“

Alkohol in der Schwangerschaft: Sozialverhalten und Lernen des Kindes beeinträchtigt

Nach Angaben des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte ist bei Betroffenen mit FASD

  • das Sozialverhalten beeinträchtigt,
  • es gibt Probleme beim Lernen oder
  • eine Intelligenzminderung.

Häufig gelten sie zudem als aggressive, impulsive oder hyperaktive Störenfriede und werden so möglicherweise sogar Opfer von Mobbing. Andere sind viel zu freundlich, als dies für die jeweilige Situation angemessen wäre. Dann können sie dem Berufsverband zufolge möglicherweise sogar Opfer von Misshandlungen werden. Menschen mit FASD kann zudem der Aufbau und die Pflege von Beziehungen schwerfallen.

Häufig gelten Kinder mit FASD als Störenfriede und können so Opfer von Mobbing werden. Andere sind freundlicher als es angemessen wäre und können so Opfer von Misshandlungen werden.

Adoptiv- und Pflegefamilien stärken

Viele Kinder mit FAS oder FASD in Deutschland leben nach Angaben des Berufsverbandes in einer Adoptiv- oder Pflegefamilie. Diese seien häufig auf die Herausforderungen, die die Aufnahme eines solchen Kindes mit sich bringen kann, nicht vorbereitet. Die Cottbuser Ärztin hat mit zahlreichen Mitschreitenden ein regionales Netzwerk gegründet, dass seit drei Jahren auf Fachtagungen unter anderem Pflegefamilien und Jugendämter für das Thema sensibilisiert. „Seitdem nimmt die Anzahl der Ratsuchenden und der Betreuenden in unserer Spezialsprechstunde merklich zu“, erzählt Kölzsch.

Viele betroffene Kinder leben in Adoptiv- oder Pflegefamilien – die sind häufig auf die Herausforderungen nicht vorbereitet.

Sozialarbeiter und Streetworker einbeziehen

Auch Studierende aus dem Studiengang Soziale Arbeit an der BTU Senftenberg Cottbus würden mittlerweile mit einbezogen in die Aufklärungsarbeit. Sie seien mit dem Krankheitsbild vertraut gemacht worden und könnten ihr Wissen jetzt in ihren Arbeitsfeldern wie Schule, Kita oder Streetwork anwenden.

Gesundheitsministerium klärt auf

Die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) wies zum Jahrestag noch einmal auf die erheblichen Gesundheitsrisiken hin, die mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft verbunden sind:

„Jede werdende Mutter möchte, dass ihr Kind gesund und körperlich unbeeinträchtigt das Licht der Welt erblickt. Ich bitte daher alle Schwangeren: Verzichten Sie auf Alkohol - schützen Sie Ihr Kind!“

In Brandenburg beschäftigt sich ein Projekt der Landesstelle für Suchtfragen mit Aufklärungsarbeit und bietet Hilfe an. Es nennt sich „selbstbestimmt - Suchtprävention für vulnerable Zielgruppen im Land Brandenburg“ und wird vom Gesundheitsministerium gefördert.

Quelle: dpa

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