Ein randvoller Aschenbecher auf einer Fensterbank© Josh Brown / iStock / Getty Images Plus
Stress? Langeweile? Die Aschenbecher quillen wieder über.

Langzeitstudie

MEHR RAUCHENDE DEUTSCHE DURCH CORONA-PANDEMIE

Es ist wieder In zum Glimmstängel zu greifen: Laut einer Langzeitstudie ist der Anteil der Raucher*innen in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich gestiegen. Wo liegen die Gründe, was lässt sich ändern?

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Und die Schwaden ziehen über die Stadt: Es wird wieder mehr gequalmt in Deutschland. Der Anteil der rauchenden Personen liegt derzeit bei den Menschen ab 14 Jahren bei über einem Drittel (34,5 Prozent), wie aus der repräsentativen „Deutschen Befragung zum Rauchverhalten“ (Debra) hervorgeht.

Vor der Corona-Pandemie (Anfang 2020) waren es noch etwa 27 Prozent. Momentan rauchen also ein Viertel mehr Menschen als kurz vor der Pandemie.

Hohe Rückfallquote

Es sei eine erschreckende Entwicklung, sagte der Epidemiologe und Debra-Leiter Daniel Kotz der Deutschen Presse-Agentur. Kotz, der an der Uni-Klinik Düsseldorf am Centre for Health and Society den Sucht-Forschungsschwerpunkt leitet, führt den Trend in erster Linie auf die Rückfälligkeit von Ex-Rauchern zurück, die im Zuge sogenannten Corona-Stresses wieder angefangen haben. Zu beobachten sei aber weiterhin, dass viele junge Leute in Deutschland gar nicht erst anfingen zu rauchen - anders als in den 70er, 80er und 90er Jahren.

„Erfreulich ist, dass immer weniger Jugendliche rauchen", sagt auch Christina Rummel, Geschäftsführerin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) im westfälischen Hamm. „Bei den Erwachsenen beobachten wir aktuell leider einen gegenläufigen Trend." Deshalb bleibe noch viel zu tun. „Auch in der Tabakkontrollpolitik zählt Deutschland im internationalen Vergleich zu den Schlusslichtern", sagt Rummel.

Strengere politische Maßnahmen gefordert

Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg betont, der jüngste Anstieg des Anteils rauchender Menschen zeige, dass die deutsche Regierung weiterhin zu wenig tue.

„Immer noch dürfen die Hersteller ihre tödlichen Produkte am Verkaufsort bewerben und sie rund um die Uhr an zahlreichen Automaten verkaufen. Rauchenden werden zu wenig Anreize für einen Rauchstopp geboten, und sie erhalten zu wenig Unterstützung beim Ausstieg. Zudem bringen die Hersteller zunehmend neue Produkte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Nikotinbeutel auf den Markt."

Da die Produkte abhängig machten und ein Gesundheitsrisiko seien, müssten auch sie streng reguliert werden. „Andere EU-Länder wie Irland oder Finnland sind Deutschland diesbezüglich weit voraus." Dort gebe es seit etlichen Jahren klare Präventionsstrategien. Dadurch habe dort der Anteil rauchender Menschen weit unter 20 Prozent gesenkt werden können.

Währenddessen auf der anderen Seite der Welt

In Neuseeland zählt Rauchen zu den häufigsten Todesursachen, die sich vermeiden ließen. Aktuell rauchen ungefähr zehn Prozent der neuseeländischen Bevölkerung. Dabei möchte die Politik nicht weiter zusehen. In drei Jahren – 2025 – soll das Land als rauchfrei gelten. Bislang sollten, ähnlich wie bei uns, hässliche Packungen, abschreckende Bilder und hohe Tabakkosten die Menschen abschrecken.

Nun wird der Ton schärfer, vor allem im Bereich Jugendschutz: Wer nach 2008 geboren wurde, darf ab 2023 keine Zigaretten mehr kaufen. Zudem sollen nur noch wenige Fachgeschäfte mir einer speziellen Lizenz zum Verkauf ausgestattet werden. Der Nikotingehalt in den dann noch erhältlichen Zigaretten soll um 95 Prozent gesenkt werden.

Deutschland könnte mehr tun

Laura Graen vom Deutsches Krebsforschungszentrum sagte gegenüber Deutschlandfunk Nova: „Wir haben keinen flächendeckenden Schutz vor Passivrauchen, es gibt keine richtigen Entwöhnungsprogramme – das machen andere Länder viel besser als Deutschland." Eine höhere Tabaksteuer, Werbeverbote – all diese Maßnahmen könnten hierzulande noch strenger sein.

Die Initiative "Rauchfrei 2040", an der Graen mitarbeitete, hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der rauchenden Menschen in Deutschland zu reduzieren. Das Projekt steht unter der Führung des Deutschen Krebsforschungszentrums und vereint 50 Hilfswerke und Gesundheitsorganisationen.

Quellen:
dpa
Deutschlandfunk Nova

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