Ein Mann hält sich mit der einen Hand die Augen zu, die andere hält er abwehrend vor sich. Sein Bild ist in verschobene Abschnitte zerlegt. Im Hintergrund ist ein dunkler Eingang, über dem „Keep out“ steht, sowie ein Gewitter und Stacheldraht.© GVH/UZV
Bei Flashbacks verlieren PTBS-Betroffene den Bezug zur Realität und durchleben ihr Trauma erneut.

Aus der Psychologie

PTBS – DAS LEBEN IM TRAUMA

Am 11. November 1918 endete der Erste Weltkrieg und entließ traumatisierte Überlebende, die in ihren Erinnerungen gefangen waren. Damals war die psychische Erkrankung PTBS jedoch noch kein Begriff. Lesen Sie hier über die posttraumatische Belastungsstörung, typische Verhaltensweisen und Therapien.

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AuĂźergewöhnlich belastende Ereignisse fĂĽhren zu Reaktionen und Anpassungsstörungen Betroffener, die sich individuell unterscheiden. Die eigene Resilienz und Vulnerabilität sowie die Bewältigungsressourcen beeinflussen das Verhalten und die Intensität der Reaktion auf das Trauma, woran sich auch der Therapieverlauf anpassen muss. Gleichzeitig sind auch die Schwere und der Ablauf eines Traumas fĂĽr die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entscheidend.

Neben der posttraumatischen Belastungsstörung gibt es auch die akute Belastungsreaktion, die unmittelbar nach dem Ereignis auftritt und sich meist nach wenigen Tagen wieder legt. Beruhigung, auch ohne eine offizielle Therapie, außerdem das Vermitteln von Sicherheit sowie die Förderung sozialer Anbindung reichen häufig aus, um Betroffene wiedereinzugliedern. Im Gegensatz zur PTBS.

PTBS kurz erklärt

Die PTBS als psychische Krankheit ist eine verzögerte Reaktion, die innerhalb von sechs Monaten auf ein traumatisierendes Ereignis folgt und sich auch im Verhalten äußert. Die Traumen entstehen aufgrund von unterschiedlichen Auslösern. Sie betreffen direkte Opfer oder Zeug*innen dieser Ereignisse, wobei man zwei Arten unterscheidet: Typ 1 Trauma, das kurzfristig und plötzlich auftritt, während das Typ 2 Trauma langfristig und wiederkehrend passiert. Beispiele sind:

  • Krieg oder Nachkriegszeit
  • Naturkatastrophen
  • Auto-/Unfälle
  • Medizinische Notfälle
  • Emotionaler oder körperliche Misshandlung
  • Sexueller Missbrauch

Die PTBS führt dazu, dass Betroffene auch unabhängig von Schlüsselreizen, sogenannten Triggern, die Erinnerung ungewollt durchleben. Bleibt die Kontrolle über die Realität dabei erhalten, wird das Intrusion genannt. Flashbacks allerdings sind die ausgeprägtere Form und führen zu Realitätsverlust, indem die Betroffenen das Trauma durch Gedanken, Gefühle und Bilder erneut durchleben.

Auf körperlicher Ebene führt die PTBS während der Flashbacks zu panischem Verhalten mit beispielsweise Herzrasen, Schweißausbrüchen, entsprechender Atemnot und gegebenenfalls Hilfeschreien. Das Trauma wird auch durch Albträume und aufblitzende Gedanken am Tag durchlebt.

PTBS: Anzeichen im Verhalten

Das Verhalten während der PTBS ist gekennzeichnet durch:

  • Ăśbererregbarkeit: Betroffene einer PTBS zeigen ständig alarmiertes Verhalten mit Konzentrations- und Schlafproblemen. Sie reagieren schnell gereizt und impulsiv. Diese erhöhte Erregbarkeit fĂĽhrt zu einer starken Reizwahrnehmung. Diese Reizempfindlichkeit wiederum umfasst leider auch die Trigger und löst somit Flashbacks oder Intrusionen aus.
  • Vermeidung: Das Vermeidungsverhalten ist eine Schutzreaktion, indem Betroffene der PTBS versuchen, Auslösern wie Situationen, Gesprächen, Orten oder Personen aus dem Weg zu gehen.
  • Sozialer RĂĽckzug: Auf das Vermeidungsverhalten folgt die Isolation, hervorgerufen durch ein TaubheitsgefĂĽhl und eine Dissoziation, durch die sich Betroffene der PTBS von ihrem frĂĽheren Leben abgekoppelt fĂĽhlen. Damalige Interessen sind nicht mehr interessant und auch Sozialkontakte werden abgebrochen.
  • Ausblendung: Neben diesem Verhalten ist es möglich, dass Betroffene das auslösende Trauma der PTBS durch starke Ausblendung zeitlich nicht mehr einordnen können und Teile davon vergessen. Das wiederum erschwert die Verarbeitung und das Triggerbewusstsein.
  • Selbstzweifel und Vertrauensverlust: Negative Gedanken sich selbst gegenĂĽber fĂĽhren während der PTBS zu selbstzweifelndem Verhalten und einem schlechten SelbstwertgefĂĽhl. Betroffene hinterfragen die eigene Schuld in der Situation, während sie auch gleichzeitig anderen Menschen kein Vertrauen mehr entgegenbringen.
  • Suizidgedanken und Depressivität entwickeln sich bei den Betroffenen, wenn diese Erscheinungen nicht schon vorherrschten.

Nicht jedes Trauma fĂĽhrt zwangsläufig zu einer PTBS mit diesen Verhaltensweisen. Dennoch gibt es Faktoren, die die Entwicklung einer PTBS beeinflussen: die Dauer und Intensität des Ereignisses genauso wie die Häufigkeit, aber auch das Auffangen durch andere nach dem Trauma. Bei existierenden Vorbelastungen wie anderen psychische Erkrankungen ist das Risiko höher, eine PTBS mit entsprechenden Verhaltensweisen zu entwickeln.

Begleiterkrankungen einer PTBS

Komorbiditäten zur PTBS sind weitere Verhaltensstörungen, Persönlichkeitsstörungen, aber auch Drogenmissbrauch. Betroffene entwickeln oder wiesen bereits vor der PTBS eine Drogenabhängigkeit auf, die als Ablenkung oder Unterdrückung funktionieren soll, aber langfristig zu keinem Erfolg führt.

PTBS-Diagnose

Die PTBS wird über definierte Kriterien diagnostiziert, um die optimale Therapie für die Betroffenen zu entwickeln. So müssen die Beschwerden der PTBS länger als vier Wochen anhalten, um die akute Belastungsstörung auszuschließen. Und auch die auftretenden Symptome werden schon vor der Therapie abgeklärt.

Therapie der PTBS

Innerhalb der Therapie für PTBS werden individuelle Bedürfnisse und Therapieerfolge je nach Ausmaß der Reaktionen und nach dem Verhalten geklärt. Die Psychotherapie soll die PTBS mit neuem, gesünderem Verhalten überschreiben. Dazu müssen die Betroffenen das Trauma auf- und verarbeiten.

Zusammengefasst läuft die Psychotherapie für die PTBS in drei Phasen ab:

  • Stabilisierungsphase: Therapeut*innen gewinnen an Vertrauen, Betroffene schildern die Problematik und verstehen, dass diese Reaktion der PTBS auf ein Trauma gerechtfertigt ist. AuĂźerdem erlernen sie durch die Therapie nach individueller Dauer Verhaltensweisen, um mit dem Alltag trotz der PTBS langsam wieder zurechtzukommen.
  • Traumakonfrontation: Nachdem Betroffene durch die erste Phase der Therapie fĂĽr PTBS an Stabilität gewonnen haben, was sich auch in ihrem Verhalten zeigt, wird das Trauma erneut verarbeitet. Diese Konfrontation soll Betroffenen helfen, sich beispielsweise nicht mehr als passives Opfer zu fĂĽhlen, sondern als Ăśberlebende. Sie gewinnen wieder die Oberhand ĂĽber die Erinnerung und das Trauma. Der Prozess ist von individueller Dauer und bei heftigen Reaktionen durch die PTBS auf das erneute, aber gefĂĽhrte Durchleben wird die Konfrontationsphase auch in der Therapie pausiert.
  • Integrationsphase: Der abschlieĂźende Teil der Psychotherapie fĂĽr PTBS zielt auf die Selbstständigkeit und die Wiedereingliederung in ein volles Leben, aus dem sich Betroffene zuvor durch die Verhaltensweisen zurĂĽckzogen. Die Bewältigungsstrategien, die innerhalb der Phasen der Therapie fĂĽr PTBS erlernt wurden, sollen dabei helfen, allein mit wiederkehrenden PTBS-Situationen zurechtzukommen. Oder seine Grenzen zu erkennen und sich dann entsprechend Hilfe zu holen; hierfĂĽr können auch direkte Angehörige der Betroffenen hinzugezogen werden, wenn sie das Verhalten der PTBS verstanden und ebenfalls den Umgang damit erlernt haben.

Diese Psychotherapie wird umfassend gehalten und berücksichtigt neben der PTBS auch auf andere Faktoren im Leben der Betroffenen, besonders wenn Komorbiditäten bestehen. Eine medikamentöse Therapie spezifisch für die PTBS gibt es nicht; Arzneimittel werden für einzelne Symptome eingesetzt, aber nicht für die Bekämpfung der Ursache.

Quellen:
Mathias Berger: „Psychische Erkrankungen“, Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage 2018.
https://gesund.bund.de/posttraumatische-belastungsstoerung#weitere-informationen
https://www.lecturio.de/artikel/medizin/posttraumatische-belastungsstorung-ptbs/
https://www.therapie.de/psyche/info/therapie/traumatherapie/posttraumatische-belastungsstoerung/

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