Verschiedene Blumen und Kräuter, Weichkapseln, Tabletten und Pipettenflaschen liegen auf einem weißen Hintergrund verstreut.© Yana Tatevosian/iStock/Getty Images Plus
Die Hersteller pflanzlicher Nahrungsergänzungsmittel, also Botanicals, dürfen keine unbelegten Wirkversprechen machen.

Nahrungsergänzungsmittel

BOTANICALS: WERBUNG MIT UNBELEGTEN HEALTH CLAIMS VERBOTEN

Werbung und soziale Medien sind voll von Werbung für Botanicals als Nahrungsergänzung, oft mit sogenannten Health Claims, also gesundheitsbezogenen Wirkversprechen. Viele nicht wissenschaftlich bewiesen. Der Europäische Gerichtshof bereitet dem nun ein Ende – mit Folgen für eine ganze Branche.

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Bereits seit Jahren setzen sich namhafte Hersteller von Phytopharmaka, also aufwendig zugelassenen pflanzlichen Arzneimitteln, dagegen ein, dass Hersteller von Botanicals mit unbelegten Health Claims werben. Das heißt, dass die Hersteller von Nahrungsergänzungen pflanzlichen Inhaltsstoffen ihrer Produkte eine gesundheitsbezogene Wirkung attestieren, die sie aber gar nicht ausreichend durch Studien belegen können. Solche Werbung kritisieren auch Verbraucherschützer und haben jetzt mit ihrer Klage beim EuGH Recht bekommen.

Erwartungsgemäß freut das Urteil die Kläger, während der Hersteller der betroffenen Botanicals es als „Innovationsbremse“ bezeichnet. Health Claims wissenschaftlich zu untermauern ist nämlich gar nicht so einfach.

Botanicals und Health Claims: eine rechtliche Grauzone

Die Botanicals mit unzulässigen Health Claims, um die es in dem Urteil des EuGH geht, waren Safran- und Melonenextrakt des Herstellers Novel Nutrology. Das entsprechende Nahrungsergänzungsmittel sollte stimmungsaufhellende und stressreduzierende Wirkungen haben. Gegen diese Werbung klagte der Verband Sozialer Wettbewerb e. V. und bekam in den ersten zwei Instanzen Recht. Der Hersteller legte Revision vor dem Bundesgerichtshof ein, der die Frage an den EuGH zur Klärung weitergab.

Dass Botanicals nicht mit unzureichend belegten Health Claims beworben werden dürfen, war jahrelang nicht ganz klar.
Um eine Nahrungsergänzung mit pflanzlichen Inhaltsstoffen in Europa auf den Markt bringen zu dürfen, muss für Botanicals eine Bewertung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vorliegen.
Für Health Claims gibt es zudem eine Liste, die regelt, welche Gesundheitsversprechen ein Hersteller für einen Inhaltsstoff machen darf.

Der Knackpunkt ist aber, dass die EFSA seit 2010 keine Bewertungen mehr für Botanicals vornimmt und die Health Claims nicht mehr geprüft werden. Weil es Übergangsregelungen gibt, gingen die Hersteller von Botanicals davon aus, ihre Produkte mit den Health Claims aber trotzdem bewerben zu dürfen.

EuGH: keine unbelegten Health Claims in der Werbung

Der EuGH bereitet dem nun ein Ende und betont:

Übergangsregelungen können hier nur angewendet werden, wenn der Antrag auf Bewertung bereits vor dem 19. Januar 2008 vorlag.

Verbraucher müssten vor Aussagen geschützt werden, die nicht ausreichend belegt seien. Die rechtliche Grauzone dürfe nicht dazu führen, dass unbelegte Wirkversprechen dauerhaft am Markt bestehen bleiben.

Nahrungsergänzungen mit pflanzlichem Inhalt immer beliebter

Die Hersteller der Botanicals sehen das Urteil zu den Health Claims erwartungsgemäß kritisch. Ein Sprecher von Novel Nutrology bezeichnet es als „hochproblematisch“ und „echtes Innovationshemmnis“. Nahrungsergänzungen mit pflanzlichen Inhaltsstoffen werden immer beliebter. Für viele Hersteller wird es aber wirtschaftlich gar nicht möglich sein, ihre Wirkversprechen wissenschaftlich zu belegen, denn solche Studien sind aufwendig und teuer.

Weil ein wissenschaftlicher Nachweis für die Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln mit pflanzlichen Inhaltsstoffen so schwierig ist, setzte die EFSA ihr Bewertungsverfahren auch letztlich aus. Ob sie das Verfahren für Botanicals in Zukunft wieder aufnimmt, sodass Health Claims zur Liste der zugelassenen Aussagen hinzugefügt werden können, ist fraglich.

Weil Nahrungsergänzungen, ob pflanzlich oder nicht, als Lebensmittel gelten, ist es wesentlich einfacher und kostengünstiger, sie in Verkehr zu bringen, als das bei Arzneimitteln der Fall ist.
Die rechtliche Grauzone ermöglichte es bisher, für zahlreiche Botanicals mit Health Claims zu werben. Das war Verbraucherschützern, aber auch Phytopharmaka-Herstellern schon lange ein Dorn im Auge. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen das EuGH-Urteil auf den Markt hat.

Quellen:
https://www.gelbe-liste.de/apotheke/eugh-botanicals-claims
https://www.ebnerstolz.de/de/unser-angebot/leistungen/rechtsberatung/oeffentliches-wirtschaftsrecht/eugh-setzt-werbung-mit-gesundheitsbezogenen-angaben-fuer-botanicals-grenzen-89047.html
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/eugh-beschraenkt-werbung-fuer-botanicals-155671/
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/eugh-stoppt-gesundheitsreklame-bei-botanicals/#

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