Eine Frau hält sich ihre Hände mit manikürten Nägeln vor die Augen© deniskomarov / iStock / Getty Images Plus
Mit Hilfe von Biotin wollen viele das Ideal schöner Haare, Haut und Nägel erreichen - doch sollte man nicht die Augen vor Wechselwirkungen verschließen.

Neue Wechselwirkungen entdeckt

VORSICHT BEI SCHILDDRÜSENHORMONEN UND BIOTIN

Levothyroxin ist ein Sensibelchen, was die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten betrifft. Jetzt kommen noch ein paar hinzu - und die betreffen unter anderem ein beliebtes Nahrungsergänzungsmittel.

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L-Thyroxin wird morgens nüchtern, eine halbe Stunde vor dem Frühstück, mit zweistündigem Abstand zu zweiwertigen Kationen eingenommen, Denn der Wirkstoff geht zahlreiche Wechselwirkungen ein, auf die auch im Beipackzettel hingewiesen werden.

Beispiel Euthyrox®, hier findet man folgende Arzneimittel als potenzielle Wechselwirkungspartner aufgelistet:

  • Antidiabetika,
  • Cumarinderivate,
  • Protease-Inhibitoren,
  • Phenytoin,
  • Colesthyramin/Colestipol,
  • Aluminium, Eisen und Calcium,
  • Salicylate,
  • Dicumarol,
  • Furosemid,
  • Clofibrat,
  • Protonenpumpenhemmer (PPI),
  • Orlistat,
  • Sevelamer,
  • Tyrosinkinase-Inhibitoren,
  • Propylthiouracil,
  • Glucocorticoide,
  • Beta-Sympatholytika,
  • Amiodaron,
  • iodhaltige Kontrastmittel,
  • Sertralin,
  • Chloroquin/Proguanil,
  • alle Arzneimittel mit enzyminduzierender Wirkung (CYP) wie Barbiturate oder Carbamazepin,
  • Östrogene,
  • Sojaprodukte.

Und nun teilte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) mit: Es werden bald noch mehr. Und zwar wird die Liste um Biotin und Johanniskraut erweitert, für PPI gelten weitere Besonderheiten beim Absetzen.

Protonenpumpenhemmer und Johanniskraut

Nicht nur beim Einnehmen, sondern auch beim Absetzen von Pantoprazol und Co. sollte man Vorsicht walten lassen: Denn beides kann die Absorption des Schilddrüsenhormons verändern. So kommt durch PPI weniger an. Eine regelmäßige Kontrolle wird deshalb von der AkdÄ empfohlen: „Eventuell ist die Dosis der Schilddrüsenhormone zu erhöhen.“ Auch Johanniskraut sollte namentlich als Interaktion aufgeführt werden: Unter dessen Einnahme ist eine „reduzierte Serumkonzentration von L-Thyroxin möglich“.

Biotin

Tricky wird es besonders, wenn Betroffene zusätzlich Biotin einnehmen. Biotin wird als Nahrungsergänzungsmittel für Haut, Haare und Nägel gepriesen – es hat aber auch noch andere Namen: Vitamin H oder Vitamin B7. Seit 2019 sind Fallberichte von falsch erniedrigten Parathormon- oder TSH-Werten unter Biotin-Einnahme bekannt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) rief dazu speziell schwangere Frauen zur Vorsicht auf, die pränatale Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, denn diese enthalten oft Biotin. So könnten durch eine fälschlich diagnostizierte Schilddrüsenüberfunktion antithyreoidale Arzneimittel wie Carbimazol und Thiamizol zum Einsatz kommen – was ein Risiko von Missbildungen für den Embryo darstellen würde.

„Die Kenntnis über die Einnahme von Biotin wäre besonders wichtig in Situationen, in denen eine genauere Einstellung der Dosis von Levothyroxin erforderlich ist, zum Beispiel bei Schwangeren, Kindern, älteren Menschen und Patienten, die hinsichtlich eines Resttumors bei Schilddrüsenkrebs oder rezidivierenden Schilddrüsenkrebses überwacht werden.“
Stellungnahme der CMDh (Co-ordination group for Mutual recognition and Decentralised procedures – human)

Deshalb wird bereits seit 2019 in den Produktinformationen von biotinhaltigen Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln darauf hingewiesen, dass diese wegen Interaktionen entweder zu falsch erniedrigten oder falsch erhöhten Laborergebnissen führen können. Im Dezember 2022 wurde der Hinweis darum ergänzt, dass angesichts der Notwendigkeit von regelmäßigen Schilddrüsenfunktionstests zur Anpassung der Dosis „ein erhebliches Potenzial für eine unangemessene klinische Patientenbehandlung“ bestehe. Man sollte daher besser kein Biotin einnehmen, bevor man zur Messung der Schilddrüsenwerte zur Blutabnahme geht. Und wenn man es tut, sollte das Laborpersonal vorher informiert werden.

Quelle: DAZ.online

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