Fuß eines Säuglings mit Neurodermitis© Tutye / iStock / Getty Images Plus
Neurodermitis (atopisches Ekzem) betrifft bis zu 20 % der Säuglinge und Kleinkinder in Deutschland.

Basispflege

NEURODERMITIS ODER ATOPISCHES EKZEM BEI KINDERN

Neurodermitis oder atopisches Ekzem sind deutschlandweit bei Säuglingen und Kleinkindern verbreitet. Die Hautpflege spielt in der täglichen Routine eine große Rolle. Auch und vor allem im Akutfall bei Neurodermitis oder atopischen Ekzem. Warum ist das wichtig?

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Etwa 20 Prozent der Säuglinge und Kleinkinder leiden an Neurodermitis oder atopischen Ekzem. Bei ungefähr einem Drittel der Betroffenen bleibt die Symptomatik bis ins Erwachsenenalter erhalten. Bei anderen Betroffenen kann es zur Verschiebung der Symptomatik kommen unter anderem zu Heuschnupfen oder Asthma.

Die Wahrscheinlichkeit für Säuglinge und Kleinkinder, wenn beide Elternteile bereits an Neurodermitis oder atopischen Ekzem erkrankt sind, beträgt ungefähr 80 Prozent. Ist lediglich ein Elternteil betroffen, so liegt die Wahrscheinlichkeit zwischen 20 und 40 Prozent, dass das Säugling oder Kleinkind auch an Neurodermitis erkranken wird.

GrĂĽnde fĂĽr Neurodermitis oder atopisches Ekzem

Konkrete Ursachen für die Entstehung einer Neurodermitis, auch atopisches Ekzem oder atopische Dermatitis genannt, sind bisher nicht eindeutig und abschließend geklärt. Ob ein Säugling oder ein Kleinkind an Neurodermitis erkrankt, hängt möglicherweise von einer sogenannten genetischen Disposition und zahlreichen weiteren Auslöse- und Triggerfaktoren ab.

Familiär können gehäuft Überempfindlichkeitsreaktionen und weitere allergische Erkrankungen auftreten.

Neben der oben beschriebenen genetischen Disposition sind zahlreiche Auslöse- oder Triggerfaktoren für Neurodermitis bekannt. Auslöse- oder Triggerfaktoren können eine akute Verschlechterung des Hautzustandes oder eine Erkrankung an Neurodermitis oder atopischen Ekzem begünstigen.

Auslöse- oder Triggerfaktoren für Neurodermitis:

  • Umweltfaktoren
  • körperliche Belastung
  • Infekte und verschiedene Allergene, wie zum Beispiel Hausstaub, Tierhaare, Nahrungsmittel und viele weitere
  • belastende oder aufregende Ereignisse, wie zum Beispiel der erste Tag im Kindergarten oder die bevorstehende Einschulung
  • mechanische Reizungen, wie bei zu eng anliegender Kleidung oder BĂĽndchen
  • körpernahe Textilien aus kĂĽnstlichen Fasern
  • schwĂĽles Klima, extreme Kälte oder Hitze
  • psychische Belastung

Symptome bei Neurodermitis oder atopischen Ekzem

Der quälende Juckreiz ist für Säuglinge und Kinder jeden Alters eine hohe Belastung. Dies kann auch zu Stress bei Kindern führen. Je nach Alter können unterschiedliche Hautareale betroffen sein. Im Säuglingsalter ist häufig die Haut streckseitig an Armen und Beinen, das Gesicht oder der Kopfbereich betroffen. Bei älteren Kindern und bei Jugendlichen finden sich die betroffenen Hautareale an den Beugen der Arme und Beine, im Nacken, an Händen und Handgelenken.

Neurodermitis-Leitsymptome bei Kindern:

  • starker Juckreiz
  • Kind kratzt sich ständig
  • trockene bis extrem trockene Haut
  • Rötung der Haut
  • Hautverdickung
  • Schuppung und Krusten-Bildung
  • nässende Stellen
  • Schlafstörungen durch fortwährenden Juckreiz der Haut
  • unterschiedliche Hautareale können betroffen sein

Schutz für den gesamten Körper – die Hautbarriere

Die Hautbarriere ist ein natürlicher Schutzmechanismus. Durch die natürliche Hautbarriere können äußere Einflüsse abgewehrt werden. Sie besteht unter anderem aus Fetten und Feuchtigkeit und liegt auf der obersten Hautschicht auf.

Ist die Hautbarriere, auch Hautschutzbarriere genannt, gestört, zeichnet sich diese Funktionsstörung unter anderem aus durch:
â—Ź trockene Haut,
â—Ź Juckreiz und
â—Ź Schuppung.
Entsteht eine Störung der Hautbarriere, können Fette und Feuchtigkeit nicht ausreichend in die Haut aufgenommen werden. Die Barrierefunktion der Haut ist gestört.

Um der gestörten Barrierefunktion zu helfen, sollte bei Neurodermitis oder atopischen Ekzem mehrmals täglich die richtige Hautpflege angewendet werden. Wird die Haut regelmäßig und konsequent mit Lipiden und Feuchtigkeit versorgt, kann die Hautschutzbarriere in ihrer Funktion unterstützt werden.

Akuter Schub und Schub-freie Zeit

Neurodermitis oder atopisches Ekzem ist eine chronische oder chronisch-rezidiv verlaufende, nicht ansteckende Hauterkrankung. Die Erkrankung verläuft schubweise. Zwischen zwei Schüben zeichnet sich die Haut an den betroffenen Stellen durch extreme Trockenheit, Schuppung und gegebenenfalls Juckreiz aus.

Die Haut von Neurodermitis oder atopischen Ekzem betroffenen Kindern benötigt ausreichend viel Lipide und Feuchtigkeit auf der Haut. Das bedeutet, die Haut mit den richtigen Pflegeprodukten und Inhaltsstoffen zu pflegen und somit die Hautbarriere zu unterstützen. Die optimale Pflege bei Neurodermitis oder atopischen Ekzem sollte nach aktuellen Hautzustand für die betroffene Körperregion abhängig der jahreszeitlichen Bedingungen ausgewählt und angewendet werden.

Regelmäßiges und konsequentes Eincremen ist der wichtigste Schritt der Basispflege.

Durch die Basistherapie bei Neurodermitis mittels gut ausgewählter Basispflegeprodukte kann die Haut in ihrer Barrierefunktion unterstützt werden. Die trockene Haut und Schuppung wird gelindert und somit kann auch der Juckreiz deutlich verbessert werden.

Hautpflege bei Neurodermitis oder atopischen Ekzem

Gewissenhaft und individuell sollte die Basispflege bei Neurodermitis ausgewählt werden. Hautpflege mit höherem Wasseranteil besitzt einen kühlenden Effekt und kann helfen, die Haut mit Feuchtigkeit und Wasser zu versorgen. Der kühlende Effekt einer wasserhaltigen Creme entsteht durch die Verdunstung der enthaltenen Wassermoleküle direkt auf der behandelten Hautstelle.

Pflegeprodukte mit einem höherem Wasseranteil können Sie bei einem akuten Ekzem der Haut empfehlen.

Pflegeprodukte mit einem höheren Fett- oder Lipidanteil wirken stärker rückfettend und können bei sehr trockener Haut mit geringeren Entzündungszeichen angewendet werden. Allgemein empfiehlt sich im Sommer mehr auf Wassergehalt und im Winter auf mehr Fett- oder Lipidgehalt zu achten – jedoch immer in Abhängigkeit des Hautzustandes und der Hautsymptomatik.

Folgende Inhaltsstoffe sollten in Pflegeprodukten nicht vorkommen:
â—Ź tierische Bestandteile wie Wollwachs
â—Ź Duft- und Farbstoffe
● weitere Allergie-fördernde Inhaltsstoffe

Ausgewählte Inhaltsstoffe im Überblick

Harnstoff und Glycerin gelten als physiologische Feuchthaltefaktoren. Der Juckreiz lindernde Effekt von Harnstoff kann bei offenen Stellen der Haut zu einem brennenden Gefühl und Schmerzen führen. Dieser Effekt wird als sogenannter Stinging-Effekt bezeichnet. Der Stinging-Effekt tritt bei Glycerin nicht auf. Daher ist Glycerin bei Säuglingen und Kleinkindern besser geeignet.

Ceramide stärken und unterstützen die Barrierefunktion der Haut. Polidocanol oder Thesit hat einen lokal anästhesierenden Effekt und lindert Juckreiz effektiv. Gerbstoffe wirken bei nässenden Hautstellen austrocknend. Zinkoxid kann bei nässenden Ekzemen eingesetzt werden und wirkt als Adstringenz austrocknend.

Richtige Neurodermitis-Hautpflege – nur nicht zu sparsam!

In Apotheken werden eine Vielzahl von Produkten bei Neurodermitisangeboten. Hierbei gilt es den Überblick zu behalten. Denn Sie als PTA sind neben dem Kinderarzt oder der Kinderärztin eine wichtige Anlaufstelle in Sachen Basis- und Akutpflege für ratsuchende Eltern mit Neurodermitis-Kindern. Je nach Hautzustand, saisonalen Bedingungen und den individuellen Bedürfnissen der gestörten Hautbarriere wählen Sie in der Beratung im Handverkauf die richtigen Neurodermitis-Pflegeprodukte.

Die Pflegeprodukte für Neurodermitis sollten regelmäßig und nicht zu sparsam auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen werden.

Die geschätzte zu verbrauchende Menge Neurodermitis-Pflege wird in der Literatur mittels Fingerspitzen oder Teelöffel ermittelt. Bei einem Säugling sollte zum Beispiel für den ganzen Körper 10 bis 20 Fingerspitzen eines Erwachsenen oder 1 bis 2 Teelöffel verwendet werden. Bei einem Kleinkind sollte dagegen schon 30 bis 40 Fingerspitzen eines Erwachsenen oder circa 1 Esslöffel Basispflegeprodukt verwendet werden.

Die richtige Pflegeroutine und die richtigen Pflegeprodukte bei Neurodermitis unterstützt die Haut in ihrer Barrierefunktion. Eine gut funktionierende Hautbarriere mindert die Häufigkeit akuter Entzündungen und lindert viele einschränkende Symptomatiken von Neurodermitis.

Neurodermitis oder atopisches Ekzem im Alltag

Die Pflegeroutine bei Neurodermitis oder atopischen Ekzem sollte mehrmals täglich konsequent durchgeführt werden. Für Eltern bedeutet das im Alltag viel Geduld, Empathie und Einfühlungsvermögen für die Kleinsten aufzubringen. Je älter die betroffenen Kinder werden, umso besser können Eltern erklären, warum die Pflegeroutine bei Neurodermitis notwendig ist – ähnlich wie das tägliche Zähne putzen.

Durch genaues Beobachten und Austesten können Eltern und Familienmitglieder von betroffenen Kindern herausfinden, ob weitere Faktoren einen akuten Schub auslösen können. Hierbei spielen Nahrungsmittel und Nahrungsmittelbestandteile eine wichtige Rolle. Denn neben der Hautproblematik können auch Unverträglichkeiten und Intoleranzen oder Allergien Auslöse- oder Triggerfaktoren für akute Schübe sein. Stress kann gleichermaßen einen auslösenden Effekt für einen Krankheitsschub sein, also für eine akute Verschlechterung der Erkrankung.

Baden und Duschen bei Neurodermitis
Vollbäder
und Duschbäder können jederzeit durchgeführt werden. Eltern sollten darauf achten, dass die Wassertemperatur mäßig warm gewählt wird. Voll- und Duschbäder sollten möglichst kurzgehalten werden, um einen austrocknenden Effekt auf der Haut zu minimieren. Neurodermitis-Pflegeprodukte für Duschbäder und Vollbäder sollten sorgsam ausgewählt werden und frei von Reizstoffen und Kontaktallergenen sein. Bereits wenige Minuten nach dem Baden oder Duschen sollte die Haut mit einer Pflegecreme behandelt werden.

Enganliegende Kleidung, zu enge Bündchen oder synthetische Textilien sollten vermieden werden, da hierbei die mechanische Reibung oder Reizung zur Verschlechterung der Hautsymptomatik führen kann. Bei besonders empfindlicher Haut mit gegebenenfalls vorhandener Hausstauballergie kann zusätzlich ein hypoallergener Bettbezug zur Linderung der Hautsymptomatik beitragen.

Fazit

Neurodermitis oder atopisches Ekzem ist sehr weit verbreitet. Durch eine gute und fundierte Beratung in der Apotheke kann Familien mit betroffenen Kindern geholfen werden. Die regelmäßige und konsequente Hautpflege mit den richtigen Pflegeprodukten kann Symptome lindern. Die gewissenhafte Pflegeroutine unterstützt die Hautschutzbarriere und kann somit die Häufigkeit einer Verschlechterung des Hautzustandes verringern.

Bei Kindern können Eltern und Familienangehörige dazu beitragen, Auslöse- und Triggerfaktoren zu ermitteln und diese möglichst zu vermeiden.

Für die Beratung in der Apotheke ist es wichtig, einen Überblick über geeignete Neurodermitis-Pflegeprodukte zu haben, um eine individuelle Vorauswahl für die betroffenen Kinder zu treffen. Zusatztipps, wie das Vermeiden von Auslöse- oder Triggerfaktoren, sollten in keinem Beratungsgespräch fehlen.

Quellen:

https://www.paedia.de/wissenswertes/neurodermitis/#elementor-toc_heading-anchor2

https://www.kindergesundheit-info.de/themen/krankes-kind/erkrankungen/allergien/neurodermitis/

https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/neurodermitis-atopisches_ekzem/ursachen/

https://www.allergieinformationsdienst.de/krankheitsbilder/neurodermitis/behandlung

https://www.register.awmf.org/assets/guidelines/013-027l_S3_Atopische-Dermatitis-AD-Neurodermitis-atopisches-Ekzem_2024-01.pdf

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