Frau haelt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Haende an ihren Kopf© Kateryna Onyshchuk / iStock / Getty Images Plus
Rund 10 bis 15 Prozent der Menschen leiden an Migräne. Therapiemöglichkeiten sind bislang eher rar.

Therapiemöglichkeiten

KANN MIGRÄNE DURCH ESSEN GEHEILT WERDEN?

Die Migräne ist eine immer noch rätselhafte Krankheit mit unklarer Genese. Akuttherapien setzen in erster Linie bei der Schmerzlinderung an. Die Migräne-Klinik Königstein im Taunus nimmt jetzt an einer Studie teil, die auf eine Ernährungsumstellung plus Supplementierung von Mikronährstoffen setzt.

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Zwar leiden 10 bis 15 Prozent der Menschheit an Migräne, doch richtig gute Therapien sind rar. Das liegt unter anderem daran, dass man diese Krankheit noch immer nicht so richtig erklären kann. Manchen Patienten kann medikamentös nur begrenzt geholfen werden. Doch immer wieder gibt es Berichte, dass ein Teil von ihnen durch eine Ernährungsumstellung sehr viel Linderung erreichen konnte.

Es gebe immer mehr Hinweise darauf, dass eine große Subgruppe der Betroffenen Stoffwechselprobleme habe, sagt Dr. Elena Gross aus Basel. Dabei geht es konkret um den Energiestoffwechsel des Gehirns: Dieses ist dank der Blut-Hirn-Schranke für die Energiegewinnung im Wesentlichen auf Glucose angewiesen, außerdem kann es Lactat und Ketonkörper für die Energiegewinnung nutzen. Mehr aber nicht.

Könnte Migräne ein Warnsignal für Mangelzustände sein?

Wissenschaftler formulierten also eine Hypothese: Könnte es sein, dass im Gehirn bestimmter Migränepatienten ein latenter Energiemangel herrscht, der zum Beispiel durch eine mitochondriale Dysfunktion, durch oxidativen Stress oder auf anderen Wegen hervorgerufen wird? Es gibt mittlerweile durchaus Forschungen zu diesem Thema. „Die Theorie ist, dass das Migränegehirn mittels der Migräne warnt, wenn es zu wenig Energie hat“, so Gross, die dazu das Biotech-Unternehmen KetoSwiss gegründet hat.

Dr. Caroline Jagella, Chefärztin der Migräne-Klinik Königstein im Taunus, findet das interessant. Denn frühe Symptome der Migräne ähnelten oft denen einer Unterzuckerung, was die Energiemangelhypothese stützen würde. Dass Schlafentzug Migräne triggern kann beziehungsweise viele Migränepatienten im Anfall erst einmal schlafen, könnte zudem auf oxidativen Stress hindeuten. Präventive Maßnahmen, die auf „mehr Energie“ oder „oxidativen Stress“ zielten, könnten somit vielleicht bei einem Teil der Patienten Erfolge zeitigen.
 

Neues Programm aus Ernährungs- und Lebensstilintervention

Jagella und Gross haben nun ein neues Versorgungsangebot für Migränepatienten vorgestellt; das Programm soll in Kürze in Königstein angeboten werden. Es handelt sich um eine Ernährungs- und Lebensstilintervention mit mehreren Säulen, begleitet von digitaler Dokumentation durch die Patienten.

Komponenten sind dabei unter anderem eine Ernährungsumstellung in Richtung Vollwertkost mit dem Ziel, den Blutzucker zu stabilisieren und den oxidativen Stress zu senken. Dazu werden nach Bedarf unterschiedliche Mikronährstoffe supplementiert, zum Beispiel mit Ketonkörpern – konkret einem speziell für die Migräneversorgung entwickelten Produkt von KetoSwiss, das unter anderem Betahydroxybutyrat (BHB) enthält.

Man befinde sich noch ganz am Anfang beim Thema metabolische Migräne, dämpfte Jagella bei der Vorstellung des neuen Versorgungsangebotes die Erwartungen.  Sie hoffe aber, mit dem Angebot ihrer Klinik dazu beitragen zu können, nötige Daten zu gewinnen. Eingebettet ist das Ganze in ein leitliniengemäßes Versorgungskonzept, wie es an dieser und anderen Migränekliniken ohnehin angeboten wird.
 

Die Auswahl der Probanden ist maßgebend

Zentrale Frage dabei ist die Selektion der Probanden. Die Hypothese lautet ja, dass nur eine Teilmenge aller Patienten eine metabolische Migräne aufweist; also müssen diese sicher identifiziert werden. Hier gibt es eine Studie aus Basel: Die ergab zwar keinen signifikanten Effekt von BHB auf die Migräne, aber es konnte post-hoc eine metabolisch-inflammatorische Signatur identifiziert werden, die mit einem Ansprechen auf BHB korrelierte. Zu den Biomarkerkandidaten zählen hochnormales CRP (Entzündungsmarker im Blut) und ein hochnormaler HbA1c-Wert.

Was gibt es noch an Studien, die an eine Änderung der Essgewohnheiten geknüpft sind? In Turin beispielsweise wurde an 50 Patienten die ketogene Diät getestet, eine fettreiche und extrem kohlenhydratarme Ernährungsweise. 38 Patienten hielten über sechs Monate durch, bei diesen gab es eine deutliche Symptomreduktion. Das Problem an der ketogenen Diät ist aber, dass sie auf Dauer kaum umsetzbar ist. Das Königsteiner Programm versucht deshalb, diese Ernährungsweise quasi nachzubauen, und zwar durch eine Verbindung von Supplementen einerseits und weniger eingreifenden und damit langfristiger tragbaren Ernährungsinterventionen andererseits. „Unseres Wissens werden wir weltweit die erste Klinik sein, die das in dieser Weise testet“, so Jagella.

Quelle: DocCheck
 

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