Eine Brausetablette, die sich in Wasser auflöst.© Evgenyi_Eg / iStock / Getty Images
Bei einer akuten Migräneattacke ist schnelle Hilfe gefragt. Lösliche Arzneiformen, wie Brausetabletten oder ein Granulat, sind bei leichten bis mittelstarken Attacken eine gute Option. Bei ihnen tritt die Wirkung schneller ein als bei herkömmlichen Tabletten.

Kopfschmerz

WAS BEI EINER AKUTEN MIGRÄNEATTACKE HILFT

Bei Migräne lautet das Motto, der akuten Migräneattacke möglichst schnell zu begegnen. Dafür stehen verschiedene Analgetika sowie Arzneistoffe aus der Gruppe der Triptane und Ditane zur Verfügung. Nicht alle sind ohne Rezept erhältlich.

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Die Migräne zählt mit etwa acht Prozent Betroffenen zu den häufigsten Kopfschmerzarten in Deutschland. Die meisten sind zwischen 35 und 45 Jahre alt und weiblich. Bei 90 Prozent der Patienten liegt eine episodische Migräne vor, die sich an weniger als 15 Tagen im Monat mit einem einseitigen pulsierend-pochenden Kopfschmerz bemerkbar macht. Typischerweise geht die Kopfschmerzphase mit Begleiterscheinungen wie Übelkeit und/oder Erbrechen einher. Auch wird sie fast immer von einer Lärm-, Licht- und Geruchsempfindlichkeit begleitet.

Bei einigen Migränepatienten (10 bis 15 Prozent) sind vor der eigentlichen Kopfschmerzattacke neurologische Funktionsstörungen (z. B. Gesichtsfelddefekte, Flimmerskotom, halbseitige Sensibilitätsstörungen) vorgeschaltet. Meist folgt dieser Aura dann in den nächsten 60 Minuten der Kopfschmerz. Was dann hilft im Überblick.

Analgetika und NSAR

Leichtere und mittelstarke Migräneattacken lassen sich bei Erwachsenen leitliniengerecht mit Analgetika und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) behandeln. Dabei gelten Acetylsalicylsäure/ASS (900 bis 1000 Milligramm (mg)), Ibuprofen (200, 400 und 600 (Rx!) mg), Phenazon (1000 mg), Naproxen (500 und 1000 mg, beide Rx!) und Diclofenac (50 und 100 mg, beide Rx!) als Mittel der ersten Wahl.

Paracetamol (1000 mg) stellt ein Analgetikum der zweiten Wahl dar, das vor allem dann indiziert ist, wenn Kontraindikationen für NSAR bestehen (z. B. erhöhtes kardiovaskuläres oder gastrointestinales Risiko, Asthma, Schwangerschaft und Stillzeit). Ebenso gilt Metamizol (500 bis 1000 mg, (Rx!)) als eine Alternative bei Gegenanzeigen.

Bei starker Übelkeit und/oder Erbrechen können Suppositorien empfohlen werden (z. B. Diclofenac (Rx!)). Lösliche Arzneiformen, wie Brausetabletten oder ein Granulat, ermöglichen einen schnelleren Wirkeintritt als herkömmliche Tabletten. Besonders rasch können auch Wirkstoffkombinationen den Migräneschmerz lindern. Die Leitlinien empfehlen die fixe Kombination aus ASS (250 bis 265 mg), Paracetamol (200 bis 265 mg) und Coffein (50 bis 65 mg), wobei immer gleich zwei Tabletten zur Anwendung kommen sollten.

In der Praxis hat sich zudem die Zweierkombinationen aus Ibuprofen (400 mg) und Coffein (100 mg) als sehr schnell schmerzlindernd (innerhalb von 15 Minuten) bewährt. Sie kann insbesondere Patienten empfohlen werden, die gut auf Ibuprofen ansprechen, auch wenn das Präparat sich nicht ausdrücklich an Migränepatienten richtet.

Prinzipiell sollen Schmerzmittel in einer ausreichenden Startdosis und möglichst frühzeitig zur Anwendung kommen. Diese Vorgehensweise erhöht die Chance, sogar schwere Migräneattacken in den Griff zu bekommen. Ein allmähliches „Auftritieren“ der Dosis und ein (zu) später Medikamenteneinsatz haben hingegen meist eine unbefriedigende Analgesie mit einem (zu häufigen) Nachdosieren zur Folge.

Triptane

Mittelschwere und schwere Migräneattacken sind laut Leitlinie ein Fall für Triptane (Serotonin-5-HT-1B/1D-Rezeptorantagonisten). Sie sind ebenso die Mittel der Wahl, wenn die Migräneanfälle nicht ausreichend auf Analgetika und NSAR ansprechen. Das erste Triptan war Sumatriptan, inzwischen sind mit Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan und Zolmitriptan (in alphabetischer Reihenfolge) sechs weitere Triptane im Handel.

Prinzipiell wirken alle sieben Triptane gleich. Sie greifen ursächlich in das Migränegeschehen ein, indem sie die erweiterten Blutgefäße verengen und am Trigeminusnerv die Freisetzung der entzündungsfördernden Neuropeptide wie CGRP verringern. Unterschiede zwischen den Substanzen bestehen aber in der Zeit bis zum Wirkeintritt, in ihrer Wirkdauer und in ihrem Nebenwirkungsprofil.

Unter den oralen Triptanen wirken Eletriptan und Rizatriptan am schnellsten (nach 30 Minuten). Danach folgen Sumatriptan, Almotriptan und Zolmitriptan (nach 45 bis 60 Minuten). Wird Sumatriptan subkutan (s.c.) mit einem Autoinjektor gespritzt oder Zolmitriptan in Form eines Nasensprays appliziert, wirken sie rascher als ihre oralen Varianten (Sumatriptan s.c. am schnellsten). Naratriptan und Frovatriptan benötigen die längste Zeit bis zum Wirkeintritt (bis zu vier Stunden). Dafür haben sie aber die längste Wirkdauer und gehen mit einem geringeren Risiko für einen wiederkehrenden Kopfschmerz (headache-recurrence) einher.

Zeit bis zum Wirkeintritt: 
● Eletriptan und Rizatriptan – 30 Minuten
● Sumatriptan, Almotriptan und Zolmitriptan – 45 bis 60 Minuten
● Naratriptan und Frovatriptan – bis zu 4 Stunden

Das Risiko für ein Wiederauftreten der Migräneattacke nach anfänglicher Besserung der Migräneschmerzen lässt sich auch durch die gemeinsame Gabe eines Triptans mit einem lang wirksamen NSAR wie Naproxen verhindern. Während das Triptan den schnellen Wirkeintritt garantiert, verhindert das länger wirksame Naproxen einen Wiederkehrkopfschmerz. Ein Triptan mit einem NSAR zu kombinieren ist auch eine gute Empfehlung, wenn ein Triptan keine ausreichende Beschwerdefreiheit erzielt, da die Kombination besser als die Einzelsubstanzen (additiver Effekt) wirkt.

Grundsätzlich wirken Triptane zu jedem Zeitpunkt innerhalb einer Migräneattacke. Doch je früher ihre Einnahme erfolgt, desto effektiver sind sie.

Bei wiederkehrenden Kopfschmerzen kann nach initialer Wirksamkeit des Triptans die Gabe einer zweiten Dosis nach frühestens zwei Stunden erfolgen (Ausnahme Naratriptan: nach vier Stunden). Ist jedoch die erste Triptan-Gabe unwirksam, zeigt zumeist auch eine zweite Dosis keine Wirkung – es sei denn, die erste Dosis wurde erbrochen. Bei Nichtansprechen kann aber ein anderes Triptan versucht werden, da die Wirksamkeit individuell variieren kann. Bei einer Migräne mit Aura wird aus Sicherheitsgründen geraten, Triptane erst nach Abklingen der Aura mit Beginn der Kopfschmerzen zu applizieren. Zudem sollen die Substanzen bei Anwendung während einer Aura ohnehin nicht wirksam sein.

Triptan ohne Rezept: Was ist zu beachten?

Ohne Rezept erhältlich sind bislang die drei Triptane Almotriptan (12,5 mg), Naratriptan (2,5 mg) und Sumatriptan (50 mg) in Packungen mit je zwei Tabletten. Letztes Jahr hat der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfohlen, zusätzlich noch Rizatriptan (5 mg) zur oralen Anwendung als viertes Triptan aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Bislang sind aber noch keine Präparate für die Selbstmedikation verfügbar. Bevor ein Triptan ohne Rezept abgegeben wird, muss allerdings immer geklärt werden, ob ein Arzt zuvor schon einmal eindeutig die Diagnose Migräne gestellt hat. Zudem sind Kontraindikationen zu beachten (z. B. Bluthochdruck, verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen, Alter, Schwangerschaft).

In der Praxis haben sich im Rahmen der Selbstmedikation bei eher kurzen, heftigen Attacken Almotriptan und Sumatriptan bewährt. Naratriptan ist bei weniger starken, dafür länger andauernden Attacken das Triptan der Wahl. Zudem eignet es sich bei Migränepatienten, die von einem Wiederkehrkopfschmerz betroffen sind.

Ditane

Eine verschreibungspflichtige Option für Patienten, bei denen weder Analgetika/NSAR noch Triptane eine ausreichende Wirkung bei akuten Migräneattacken erzielen, ist die neue Wirkstoffklasse der Ditane. Diese Substanzen wirken wie die Triptane als Agonist an Serotonin-Rezeptoren.

Allerdings greifen sie nicht wie die Triptane am Serotonin-5-HT-1B/1D-Rezeptor, sondern am Serotonin-5-HT-1F-Rezeptor an. Dadurch sind keine vasokonstriktorischen Nebenwirkungen wie bei den Triptanen zu verzeichnen, sodass Ditane für kardiovaskulär vorerkrankte Migränepatienten eine gute Alternative darstellen. Der erste Vertreter ist Lasmiditan, der 2022 zugelassen wurde. Seit März 2023 ist die Substanz auf dem deutschen Arzneimittelmarkt verfügbar und kann seitdem vom Arzt verordnet werden.

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