Eine Sprechblase neben einer Tomatenpflanze zeigt einen Wassertropfen.© druvo / iStock / Getty Images Plus
Hast du Durst? Bist du verletzt? Diese Fragen können Pflanzen selbst beantworten.

Pflanzensprache

„WENN ES TOMATEN GUT GEHT, SIND SIE SEHR RUHIG“

Die Welt ist voller Wunder. Forscher haben vor kurzem herausgefunden, dass Tomaten artspezifische Laute von sich geben. Besonders unruhig wird die rote Beere, wenn sie Durst hat. Und auch andere Pflanzen sprechen.

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Da sieht man mal wieder, dass der Mensch immer nur auf sich bezogen denkt. Nur, weil wir die Tomate nicht schreien hören, denken wir, dass dieses Gemüse stumm ist.

Es gab den Wissenschaftlern der Tel-Aviv University zu denken, dass in früheren Studien an den Pflanzen angebrachte Vibrometer bereits Schwingungen aufgezeichnet hatten. Wo kamen die her? Um dieser Frage nachzugehen, platzierten die Forscher Ultraschallmikrofone vor Tomaten- und Tabakpflanzen – zunächst in einer schallgedämmten Akustikkammer, später in einer Gewächshausumgebung. Um Ergebnisse zu erhalten, mussten die Versuchsleiter die Pflanzen stressen: Einige wurden dazu mehrere Tage nicht gewässert, anderen wurden Schnitte beigebracht.

Pflanzen geben sehr hohe Töne von sich

Dieses Hinhören ergab folgendes: Pflanzen geben tatsächlich hohe Töne mit Frequenzen von 40 bis 80 Kilohertz von sich. Zum Vergleich: Die maximale Frequenz, die ein erwachsener Mensch wahrnimmt, liegt bei etwa 16 Kilohertz. Wenn man diese Geräusche in eine für uns wahrnehmbare Form gießen würde, ähnelten diese Töne Knall- oder Klickgeräuschen. Etwa so, als würde man mit dem Fingernagel die Bläschen einer Luftpolsterfolie platzen lassen.

Unbelastete Pflanzen – Tomaten, die gemütlich in der Sonne stehen und gut gewässert sind  – lassen nur etwa einen Klick pro Stunde ertönen. „Wenn es den Tomaten gut geht, sind sie sehr ruhig“, sagt Seniorautorin Lilach Hadany. Doch bei den beiden oben beschriebenen Stresszuständen klicken sie 30 bis 50 mal pro Stunde.

Der Algorithmus analysierte die Tomatensprache

Sodann setzte man künstliche Intelligenz auf die Tomate an: Nach einer Art Training konnten die Algorithmen für maschinelles Lernen zwischen den Tönen verschiedener Pflanzen unterscheiden sowie die Art und den Grad des Stresses anhand der Geräuschmuster identifizieren: Eine durstige Pflanze klang anders als eine verletzte.

Das Forscherteam hatte sozusagen Blut geleckt und nahm noch die Geräusche einer Vielzahl anderer Pflanzenarten auf. „Wir haben festgestellt, dass viele Pflanzen – zum Beispiel Mais-, Weizen-, Wein- und Kaktuspflanzen – Geräusche aussenden, wenn sie gestresst sind“, sagt Hadany. Die Forscher vermuten, dass dies auf die Bildung und das Zerplatzen von Luftblasen im Gefäßsystem der Pflanzen zurückzuführen sein könnte – ein Prozess, der als Kavitation bezeichnet wird.

Wer hört der Tomate eigentlich zu?

Doch welchen Sinn hat die Geräuschaussendung? „Es ist möglich, dass sich bestimmte Organismen so entwickelt haben, dass sie diese Töne hören und darauf reagieren können. Zum Beispiel könnte ein Insekt, das seine Eier auf einer Pflanze ablegen will, oder ein Tier, das eine Pflanze fressen will, die Töne als Entscheidungshilfe nutzen.“ Und, aus menschlicher Sicht, könnte man das Klickern der Tomaten im Pflanzenbau nutzen, um genau zu erfassen, wann Pflanzen bewässert werden sollten.

Nun will man sich der spannenden Frage widmen, welcher Mechanismus wirklich hinter den Pflanzengeräuschen steckt. Und inwieweit bestimmte Tiere oder Pflanzen darauf reagieren. Hadany formuliert das so: „Da wir nun wissen, dass Pflanzen Geräusche machen, steht vor allem die Frage im Raum: Wer könnte zuhören?“

Quelle: wissenschaft.de

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