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Sexuell übertragbare Krankheiten

WENN ES JUCKT UND BRENNT

Lange Zeit zollte man diesen Krankheiten kaum mehr Bedeutung, doch Infektionen mit Feigwarzen, Syphilis oder Chlamydien nehmen wieder zu – auch in Deutschland. Die Apotheke hat daher eine wichtige Rolle als Informations- und Aufklärungsstelle.

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Nicht jede sexuell übertragbare Krankheit – kurz STD (sexually transmitted diseases) oder auch STI (sexually transmitted infections, da viele zwar eine Infektion, aber keine Krankheitssymptome aufweisen) ist eine Geschlechtskrankheit, betrifft also das Geschlecht. Es bedeutet aber, dass eine Ansteckung vor allem über Geschlechtsverkehr geschieht. So bekam der Fachbereich, der sich mit diesen Krankheiten beschäftigte, den Namen Venerologie – nach Venus, der Göttin der Liebe.

Es handelt sich historisch bedingt um ein Teilgebiet der Dermatologie, da sich Infektionen häufig an kranken Hautstellen zeigen. Die Krankheiten werden also nicht nach einem Erreger, sondern dem Hauptübertragungsweg klassifiziert, wodurch sich Prognose, Verlauf und Therapie unterscheiden. Nicht immer ist eine erfolgreiche Behandlung möglich, wie beispielsweise bei HIV. In manchen Fällen reduzieren Impfungen das Ansteckungsrisiko, die wichtigste Vorsorgemaßnahme besteht allerdings in der Nutzung eines Kondoms.

Knubbel und Pusteln Herpes simplex Viren (HSV) können nicht nur die Lippen, sondern auch die Genitalregion infizieren und sich dort in Form von kleinen, mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen zeigen. Häufig sind dann auch die Lymphknoten in der Leiste geschwollen, die betroffenen Hautstellen jucken oder brennen. Nach ein paar Tagen platzen die Vesikel auf, es bilden sich krustige Hautstellen, die bei einem unkomplizierten Verlauf in zwei bis vier Wochen ausheilen. Während Lippenherpes bevorzugt von HSV-1-Viren übertragen wird, findet man bei Genitalherpes (Herpes genitalis) vorwiegend HSV-2-Viren. Zurzeit ist die Therapie auf die Behandlung der Symptome beschränkt.

Es kommen topische und orale Virustatika (Aciclovir, Penciclovir) zum Einsatz sowie Sitzbäder mit adstringierenden oder wundheilungsfördernden Zusätzen und zinkhaltige Salben. Einmal infiziert können die Viren unbemerkt in den Beckenganglien persistieren. Schwächelt das Immunsystem, beispielsweise bei einer Erkältung oder viel Stress, bricht die Krankheit erneut aus. In sehr schweren Fällen bricht sie monatlich mit der Menstruation aus. Weniger pustelig, sondern eher knubbelig zeigen sich Feig- oder Genitalwarzen (Condylomata acuminata). Die rötlich, bräunlich oder grau-weißlich gefärbten Kondylome treten in größerer Zahl in der Anal- oder Genitalregion auf. Ausgelöst werden sie durch eine Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV), vor allem mit „low-​risk“-Viren vom Typ 6 und 11, gegen die auch ein HPV-Impfstoff existiert.

Die Viren nisten sich in den oberen Hautschichten ein und warten auf eine günstige Gelegenheit, zum Beispiel, wenn das Immunsystem durch eine Erkältung abgelenkt ist. Dann lassen sie die Haut zu knötchenartigen, aber gutartigen Wucherungen auswachsen. Treten diese besonders schmerzhaft oder innerlich auf (Vaginalschleimhaut, Analkanal, Harnröhre), können sie von einem Arzt mit Trichloressigsäure weggeätzt, mit Stickstoff vereist oder operativ entfernt werden. Wird ein leichter Befall der äußeren Genitalien festgestellt, kann auch eine weniger aggressive Behandlung mit verschiedenen Topika durchgeführt werden. Podophyllotoxin, ein Lignan, das aus dem Wurzelstock des Fußblatts gewonnen wird, blockiert als Spindelgift die Zellteilung der Warzen, wodurch diese langsam absterben. Der Wirkstoff Epigallocatechingallat aus grünem Tee beeinträchtigt das Wachstum und die Nährstoffversorgung der Wucherungen, allerdings nur in hohen Konzentrationen. Imiquimod kommt häufig zum Einsatz. Der Immunmodulator greift die Warze nicht direkt an, sondern aktiviert das Immunsystem und wirkt dadurch virustatisch.

Altbekannte Erreger Erste dokumentierte Syphilis-Fälle gab es bereits im 14. Jahrhundert, Napoleon Bonaparte, Al Capone oder Heinrich Heine waren berühmte Infizierte. Die Krankheit, ausgelöst durch Treponema pallidum ssp. pallidum, tritt in vier Stadien auf: Stadium I und II werden als Frühsyphilis, III und IV als Spätsyphilis bezeichnet. Kennzeichnend ist vor allem die Ausbreitung: Während sich die Infektion in frühen Formen auf den Infektionsort, also die Genital-, Mund- und Rachen- oder Analregion beschränkt, liegt in späteren Stadien ein generalisierter Befall vor, der von neurologischen Störungen und Schäden zahlreicher innerer Organe gekennzeichnet ist.

Zwischen den Stadien können Jahre liegen, in denen keine Symptome auftreten, eine Infektion wird daher anfangs häufig verdrängt oder nicht bemerkt. Die Frühsyphilis geht jedoch mit der höchsten Ansteckungswahrscheinlichkeit einher. Treten die Bakterien durch beschädigte Schleimhäute, finden sie schnell ihren Weg in Blut- und Lymphbahnen und vermehren sich. An den Hautstellen zeigen sich kleine, münzgroße Geschwüre, deren Rand verhärtet ist – daher stammt der Beiname Harter Schanker. Die Infektionsrate sank drastisch nach Einführung des Penicillins – auch heute kommen Vertreter aus der Gruppe der Penicilline zum Einsatz, resistente Stämme sind glücklicherweise noch nicht aufgetreten.

Im Gegensatz zur Gonorrhoe, dem „Tripper“, denn resistente Stämme von Neisseria gonorrohoeae führen weltweit zu Problemen. Die Bakterien heften sich an Schleimhautzellen der Harnröhre oder den Gebärmutterhals und führen dort nach zwei bis sieben Tagen zu Entzündungen, Schmerzen beim Wasserlassen, eitrigem Ausfluss und Juckreiz; Verklebungen an den Eileitern können zur Sterilität führen. Symptomlose Verläufe sind häufig und heilen meist komplikationslos von selbst aus. In dieser Zeit trägt man allerdings ein hohes Ansteckungsrisiko.

Mit Mythen aufräumen Chlamydien bekommt man auf öffentlichen Toiletten, den Tripper im Schwimmbad – um sexuell übertragbare Krankheiten kursieren zahlreiche Gerüchte und Halbwahrheiten. Der häufigste Übertragungsweg ist in Wahrheit mit Abstand ungeschützter Sexualkontakt. Die Übertragung beim Küssen ist nicht möglich und auf einer unsauberen Toilette kann man sich zwar theoretisch anstecken, in der Praxis ist das aber noch nicht beobachtet worden. In Schwimmbädern ist durch das Chloren des Wassers eine Infektion ebenso unwahrscheinlich.

Eine Ansteckung hat auch nichts mit mangelnder Hygiene zu tun – das Risiko steigt schlicht mit der Häufigkeit ungeschützter Sexualkontakte. Bei einer Infektion ist Scham jedoch fehl am Platz. Zum einen können unbehandelte Infektionen schwere Komplikationen verursachen, zum anderen können weitere Menschen durch einen nicht verantwortungsvollen Umgang infiziert werden. Arztpraxen und Gesundheitsämter führen Tests durch, auch anonym. Unterstützen Sie bei der Prävention und Aufklärung! Info-Material und Wissenswertes finden Sie beispielsweise hier: www.liebesleben.de/fachkraefte/.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Apothekenkosmetik der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 56.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

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