Studien gestoppt
RSV-IMPFSTOFF FÜR SÄUGLINGE RÜCKT IN WEITE FERNE
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Einen RSV-Impfstoff für Säuglinge gibt es bisher nicht. Nur für Erwachsene ab 60 Jahren ist ein derartiger Impfstoff auf Basis von mRNA zugelassen. Für die Kleinsten besteht immerhin die Möglichkeit einer passiven Immunisierung. Der monoklonale Antikörper Nirsevimab (Beyfortus®) bleibt wohl erst einmal der einzige verfügbare Schutz vor einem schweren Verlauf der Erkrankung.
Bei Studien der Firma Moderna in Panama für zwei aussichtsreiche RSV-Impfstoffkandidaten erkrankten geimpfte Säuglinge schwer. Die FDA zog die Reißleine. Moderna stellte die RSV-Impfstoffentwicklung für Säuglinge kurz darauf komplett ein.
RSV-Impfstoff für Säuglinge: Studie stößt auf Schwierigkeiten
In Panama testete Moderna zwei RSV-Impfstoffe auf Basis von mRNA in Phase-I-Studien auf Verträglichkeit. Bei beiden Studien kam es in der Placebogruppe zu weniger schweren Infektionen als bei den mit den RSV-Impfstoffkandidaten geimpften Säuglingen. Das veranlasste die FDA zu einer Untersuchung, die den Stopp beider Studien zur Folge hatte. Moderna stellte letztlich die RSV-Impfstoffentwicklung für Säuglinge und Kleinkinder komplett ein.
Die beiden getesteten RSV- Impfstoffe enthielten die mRNA für das F-Glykoprotein von RSV. Dieses ist, ähnlich wie das Spike-Protein bei SARS-CoV-2, eine zentrale Struktur des Virus. Während der eine RSV-Impfstoff namens mRNA-1345 sich nur gegen RSV richtet, also monovalent ist, enthält der andere Kandidat mRNA-1365 zusätzlich auch den Bauplan für das F-Glykoprotein des eng verwandten humanen Metapneumovirus (hMPV). mRNA-1365 ist also bivalent. Dieser zweite Virus stammt aus der gleichen Familie und verursacht ähnliche Symptome.
mRNA-Impfung gegen RSV funktioniert bei Erwachsenen
Bei Erwachsenen gibt es bereits einen zugelassenen RSV-Impfstoff auf Basis von mRNA, der zuverlässig vor schweren Verläufen schützt. In dieser Altersgruppe funktioniert das Prinzip, dem Körper den Bauplan für ein Protein zur Verfügung zu stellen, gegen das er kämpfen soll. Auf diesem Verfahren basieren die Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 von BioNTech und Moderna. Doch RSV-Impfstoffe auf dieser Basis scheinen das Immunsystem von Säuglingen fehlzuleiten, vermuten Experten der FDA.
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RSV-Impfung: Entwicklung gestaltet sich bei Säuglingen schwierig
Es ist nicht das erste Mal, dass eine RSV-Impfung für Säuglinge in der Entwicklung einen herben Rückschlag erleidet. Bereits in den 1960er Jahren gab es einen ähnlichen Vorfall bei Studien. Hier erkrankten 80 Prozent der geimpften Kinder schwer an RSV, zwei starben.
Damals verwendete man als Antigen ein komplettes, inaktiviertes RSV. Das Immunsystem der kleinen Patienten wurde durch die RSV-Impfung fehlgeleitet, T-Zell-Reaktionen abgeschwächt und große Mengen inaktiver Antikörper gebildet. Die „echte“ RSV-Infektion hatte anschließend leichtes Spiel in den geschwächten Körpern. Die Entwicklung lag danach auf Eis.
Damit sich ein solches Szenario nicht wiederholt, stoppte die FDA alle Studien an RSV-Impfstoffen für Säuglinge und Kleinkinder, die nicht ein abgeschwächtes Lebendvirus verwendeten. Die FDA betont, es gebe noch keine endgültigen Schlussfolgerungen zur Ursache, man sei mit einer komplizierten Situation konfrontiert. Die Firma Moderna gab aber die RSV-Impfstoffentwicklung für Säuglinge und Kleinkinder inzwischen komplett auf.
Die Theorie zur Ursache der Probleme mit den RSV-Impfstoffen für Säuglinge ist, dass das F-Glykoprotein in zwei Formen existiert: einer Prä- und einer Postfusionsform. Impfstoffe, die das Protein in der Präfusionsform verwenden, trainieren das Immunsystem zur Bildung besonders wirksamer Antikörper. Das liegt daran, dass diese auch Teile des Proteins neutralisieren können, die in der Postfusionsform verdeckt sind.
Bei RSV-Impfstoffen für Erwachsene funktioniert diese Strategie, bei Säuglingen nicht. Bei ihnen wird das Immunsystem wohl eher abgelenkt, sodass bei Kontakt mit dem echten Virus wichtige Ressourcen zur Abwehr fehlen und schwere Verläufe die Folge sind.
Säuglinge vorerst passiv immunisieren
Bis die RSV-Impfung für Säuglinge diese Hürde überwinden kann, scheint die Entwicklung zunächst ins Stocken zu geraten. Um die kleinen Patienten vor schweren Verläufen der Erkrankung zu schützen, bleibt nur die passive Immunisierung. Für Kinder bis zum ersten Geburtstag empfiehlt die STIKO diese. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/fda-stoppt-rsv-impfstoffstudien-bei-saeuglingen-und-kleinkindern-152125/
https://www.fda.gov/media/184301/download
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/impfungen/schutz-vor-rsv-infektionen/rsv-prophylaxe-neugeborene-und-saeuglinge.html