Darstellung eines weißen Hemdes unter einem dunkelblauen Anzugkragen mit roter, gepunkteter Fliege© Trifonenko / iStock / Getty Images Plus
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verzichtet auf sein Markenzeichen, die Fliege, weil sie in Krisenzeiten unangemessen feierlich wirke. Ist die neue Pharmastrategie vielleicht ein Anlass, die Fliege wieder hervorzukramen?

Pharmastrategie

LAUTERBACH LEGT DEN TURBO EIN: VEREINFACHEN, BESCHLEUNIGEN, ENTBÜROKRATISIEREN

Das neue Medizinforschungsgesetz – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verspricht sich viel davon. Es soll den Ablauf klinischer Studien beschleunigen und unkomplizierter machen. Letztendlich soll es den Produktionsstandort Deutschland stärken.

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Pharmagipfel im Bundeskanzleramt: Was die Experten da den Journalisten präsentierten, soll den Turbo einlegen für Wirtschaft und Forschung. Die Prozesse seien hierzulande sehr langsam und sehr teuer, es gebe wesentlich weniger Forschung als beispielsweise in Großbritannien. „Dort werden zehn Mal so viele Patente zugelassen, ähnlich sieht es in den USA aus“, beklagte Lauterbach im Dezember.

Es gelte nun „eine Aufholjagd zu starten, um wieder mehr Investitionen nach Deutschland zu holen und damit den Standort zu stärken.“ Lauterbachs Kalkül: „Wo geforscht wird, findet auch Produktion statt.“

Medizinforschungsgesetz

Das Medizinforschungsgesetz, zentrales Element der neuen Pharmastrategie der Bundesregierung, soll klinische Studien vereinfachen, beschleunigen und entbürokratisieren. Dabei soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine zentrale Rolle spielen und künftig für alle überregionalen klinischen Studien zuständig sein.

Unter anderem sollen dort Prüfungen zu Fragen der Ethik, zum Strahlenschutz und zum Datenschutz erfolgen. „Wir wollen Genehmigungsprozesse in 25 Arbeitstagen abschließen“, beschrieb der Minister das Ziel. Er wisse aus der Zeit, in der er selbst klinische Studien durchgeführt habe, wie aufwändig und langwierig solche Prozesse in Deutschland bisher sind. Zudem sollen Verfahren künftig in Musterverträgen vereinfacht und gebündelt werden. Die neuen Regelungen sei „ein Sprung nach vorn“.

Pharmastrategie: Verfahren beschleunigen, Daten effizienter nutzen

Das Medizinforschungsgesetz betrifft neben dem Bundesgesundheits- auch das Wirtschafts-, Justiz-, Forschungs- und Finanzministerium beteiligt. Und dann ist das neue Gesetz ja auch noch eng mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) verschränkt, das eine bessere Ausnutzung der gewonnen Daten ermöglicht und somit zusätzlich die Bedingungen für die klinische Forschung verbessere. Beide hat das Kabinett als sogenannte Pharmastrategie am 13. Dezember beschlossen; nun müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Lauterbach hofft darauf, dass die Pharmastrategie im Frühjahr oder Sommer in Kraft tritt.

Pharmaverbände positiv gestimmt

Erste Reaktionen von Pharmaverbänden fielen positiv aus. „Die heute vorgestellten Eckpunkte des geplanten Medizinforschungsgesetzeszeigen in die richtige Richtung“, kommentierte Han Steutel, Präsident des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller. So sei zu begrüßen, dass es künftig einen zentralen Ansprechpartner für Genehmigungs- und Zulassungsverfahren für Arzneimittel gebe.

Wichtig sei, dass bei der künftigen Aufgabenverteilung der Arzneimittelbehörden Synergien benutzt würden, ohne deren jeweils international anerkannte Sachkompetenz zu verlieren. Ebenfalls positiv bewertete Steutel auch, dass die Bundesregierung die Nutzung von Mustervertragsklauseln befürworte, „um die hierzulande oft überlangen Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen und Kliniken oder Praxen über klinische Studien abzukürzen.“

Steutel mahnte aber auch, die Markt- und Produktionsbedingungen generell innovationsfreundlich auszugestalten: „So schaffen wir die Voraussetzungen für künftige Investitionen in Zukunftstechnologien in Deutschland.“

Ethik Bundes- oder Ländersache?

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) fand die verkürzten Bearbeitungszeiten bei mononationalen Studien ebenfalls positiv. Für nicht notwendig erachtete er hingegen die Bundes-Ethikkommission bei der BfArM. Bislang haben die Bundesländer eigene Ethikkomissionen.

„Wir begrüßen aber ausdrücklich, dass das Strahlenschutzverfahren in das Genehmigungsverfahren klinischer Studien integriert werden soll und Anzeigeverfahren für Begleitdiagnostik zukünftig von den Ethik-Kommissionen übernommen werden“, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen. Insgesamt seien die vorgesehenen Regelungen zwar „keine Revolution, aber doch Schritte zur Stärkung des Forschungs- und Entwicklungsstandortes.“ Die „noch ausstehende“ Pharmastrategie müsse „eine Verwaltung schaffen, die unterstützt und nicht durch überbordende, ineffiziente Bürokratie bremst“, betonte Joachimsen.

Quellen:
Pharmazeutische Zeitung
Bundesregierung

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