Tablettenblister.© nensuria / iStock / Getty Images

Mythen im Check

IST DIE PILLENPAUSE WICHTIG?

Niemand menstruiert gern. Viele Pillen-Anwenderinnen verzichten deshalb auf die Einnahmepause am Ende des Blisters und umgehen so die Monatsblutung. Ist das in Ordnung oder braucht der Körper die Periode?

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Frauen haben in ihrem Leben rund 500 Monatsblutungen – eine ganze Menge. Das war nicht immer so: Früher hatten sie ihre Regel seltener, da sie einen Großteil der Zeit schwanger oder in der Stillzeit waren. Die heute so häufigen Blutungen können zu Eisenmangel führen. Viele Frauen leiden auch unter starken Schmerzen. Und eine Befragung von mehr als 5700 Frauen bestätigt: Menstruationsbeschwerden beeinträchtigen das Sexualleben, das soziale Leben, Arbeit und Sport. 57 Prozent der Frauen wünschen sich deshalb eine seltenere Monatsblutung.

Keine Periode, kein Problem Dr. Christian Fiala, Gynäkologe und Mitautor der Befragungsstudie, meint: „Die sinnvollste Behandlung von Regelbeschwerden ist die Vermeidung der Menstruation.“ Dies sei mit der kontinuierlichen Anwendung der Pille, des Verhütungsrings oder Pflastern im sogenannten Langzyklus möglich. Statt der üblichen siebentägigen pillenfreien Phase nach 21 Einnahmetagen nehmen die Anwenderinnen die Pille einfach durchgehend. Zwischenblutungen sind möglich: Nach einer längeren Zeit ohne Menstruation kann sich die Gebärmutterschleimhaut leicht aufgebaut haben und sollte dann abbluten. Eine Faustformel, wie lange man die Pille durchnehmen kann, gebe es nicht, erklärt die gynäkologische Endokrinologin Dr. Katrin Schaudig.

Sicherer verhütet im Langzyklus Gynäkologe Fiala sieht klare Vorteile im Langzyklus: Die Anwenderinnen leiden statistisch signifikant weniger oft unter Kopf- und Unterleibsschmerzen. Sie sind außerdem wirksamer vor ungewollten Schwangerschaften geschützt, wie eine weitere Studie aus Wien zeigt. Nicht nur sind Einnahmefehler im Langzyklus seltener, sie führen außerdem seltener zu einer Schwangerschaft, da der Hormonspiegel konstanter ist. Nach Absetzen des Kontrazeptivums stellen sich rasch normale Zyklen ein.

Braucht der Körper die regelmäßige Blutung? Frauen, die hormonell verhüten, haben keine natürliche Monatsblutung, sondern eine künstlich ausgelöste Entzugsblutung. Diese, erklärt Fiala, sei in den 1960er Jahren aus Marketingüberlegungen eingeführt worden, damit Frauen das neue Arzneimittel besser akzeptieren. “Nun, mehr als 60 Jahre später, wäre es Zeit, diesen historischen Irrtum zu korrigieren und Frauen über Ihre Möglichkeiten ehrlich zu informieren”, meint er. Endokrinologin Schaudig erklärt außerdem, dass auch die natürliche Monatsblutung keinen medizinischen Nutzen erfüllt.

Wer profitiert vom Langzyklus? Bei bestimmten Erkrankungen lohnt es sich besonders, die Periode zu unterdrücken. Dazu gehören Endometriose, Myome der Gebärmutter und Migräne während der Monatsblutung. Der britische National Health Service empfiehlt die Pillenpause generell nicht mehr. Schaudig rät Frauen, die zu Zwischenblutungen neigen, jedoch vom Langzyklus ab. Generell sind nur monophasische Präparate, bei denen jede Einzeldosis die gleiche Wirkstoffmenge enthält, für die Einnahme ohne Pause geeignet. In jedem Fall sollten Frauen zuvor mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin sprechen, wenn sie die Pille durchgehend einnehmen möchten.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 02/2022 auf Seite 32.

Gesa Van Hecke, PTA/Redaktion

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