Illustration einer Gebärmutter, Vagina, Eileiter und Eierstöcke: Sowohl in der Gebärmutter als auch an den Eileitern, Eierstöcken und außen an der Gebärmutter sind dunkelrot Endometrioseherde.© AnaRisyet/ iStock / Getty Images Plus
Bei einer Endometriose wächst Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe dort, wo es nicht hingehört. Und es menstruiert.

Späte Diagnose

ENDOMETRIOSE – JAHRE DES LEIDENS VERMEIDBAR?

Ungefähr jede zehnte Frau weltweit leidet an Endometriose. Bis zur Diagnosestellung vergehen aber bis zu elf Jahre. Das ist viel zu lang, so britische Wissenschaftler. Die Gründe haben sie jetzt untersucht.

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Die äußerst schmerzhafte, chronische Erkrankung Endometriose bedeutet oft jahrzehntelanges Leid für die betroffenen Frauen. Eine frühzeitige Behandlung ist immens wichtig, um Organschäden und Unfruchtbarkeit zu verhindern.

Die Ärztin Dr. Sophie Davenport von der Aston University in Birmingham, Großbritannien, hat mit ihrem Team 13 Studien aus den letzten 20 Jahren analysiert. Sie fand heraus, dass mehrere unterschiedliche Probleme die Diagnostik verzögern.

Frauenprobleme und mangelnde Ausbildung

Der erste Grund für Verzögerung: Die Frauen sind oftmals nicht sicher, ob ihre Schmerzen „schlimm genug“ sind, um zum Arzt zu gehen. Die Gesellschaft habe, so Dr. Davenport, starke Regelschmerzen normalisiert. Die Periode generell wird nach der Ansicht der Wissenschaftler immer noch zu stark stigmatisiert, was die Betroffenen hemmt, ärztlichen Rat zu suchen.

Dazu kam in den Studien als weiteres Problem oft, dass sich die Frauen beim Arztbesuch nicht ernstgenommen fühlten, ihre Beschwerden wurden oftmals als „typische Frauenprobleme“ abgetan.

Hatten die Frauen den Weg zum Arzt gefunden, kam ein weiteres Problem dazu, so die Wissenschaftler in Birmingham. In zweien der analysierten Studien gaben die Ärzte an, problematische Menstruationsbeschwerden schlecht von „normalen“ unterscheiden zu können.

Viele Allgemeinmediziner beschrieben darüber hinaus ihre medizinische Ausbildung im Hinblick auf Endometriose als unzureichend. Da bei dieser Erkrankung aber der gesamte Organismus betroffen sein kann, brauchen Betroffene unbedingt eine umfassende ärztliche Behandlung, gegebenenfalls von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen.

Dr. Davenport fordert, die medizinische Ausbildung zu erweitern, um den rund 1,5 Millionen  allein in Großbritannien betroffenen Frauen schneller und umfassender helfen zu können. Es sei Zeit, das Thema zu priorisieren.

Was ist Endometriose?

Bei Endometriose wächst Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb dieser und kann dort auch zyklisch wachsen und bluten. Betroffen kann zum Beispiel die Gebärmuttermuskulatur sein, aber auch der gesamte Bauchraum wie Darm, Eierstöcke oder Blase. Selten, aber möglich sind sogar Endometrioseherde in der Lunge.

Charakteristisch für die Erkrankung sind starke Unterleibsschmerzen, die oftmals die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Auch vegetative Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall sind möglich.

Durch Einwachsen des Gewebes in Organe wie Eierstöcke können bleibende Schäden entstehen, die zu Unfruchtbarkeit führen. Die Erkrankung wird auch als das „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet, weil die Symptome sehr unterschiedlich sein können. Das kostet wertvolle Zeit, denn eindeutig gestellt werden kann die Diagnose bisher nur mittels einer Biopsie unter Vollnarkose. Der Weg bis zu diesem Punkt ist oft (zu) lang.

Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden und kann sehr unterschiedlich sein. Schmerzmittel kommen oft zum Einsatz, auch Hormonbehandlungen sind häufig. Bei unerfülltem Kinderwunsch, drohenden Organschäden oder dann, wenn alles andere nicht hilft, bleibt letztlich nur die operative Entfernung der Endometrioseherde.

Neue Leitlinien

Ein kleiner Lichtblick: Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie (ESHRE) wurden bereits erneuert. So soll eine Therapie bereits ohne vorherige Biopsie möglich sein, wenn bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder auch die klinischen Beschwerden die Diagnose nahelegen.

Die Forschenden in Birmingham beobachten die Entwicklung aufmerksam. Seniorautor Dr. Dan Green sagt dazu: „Es wird interessant sein, zu sehen, ob die ESHRE-Leitlinienänderung die Zeit bis zur Diagnosestellung verkürzt.“ Auch die deutsche Leitlinie wird derzeit überarbeitet.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/warum-wird-endometriose-oft-erst-spaet-erkannt-141261/
https://www.eurekalert.org/news-releases/994563
https://www.eshre.eu/Guideline/Endometriosis
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/die-leiden-der-jungen-frau-129994/seite/alle/

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