Eine Frau liegt mit geschlossenen Augen im Bett und hat ein Tuch auf der Stirn liegen.© Antonio_Diaz/iStock/Getty Images Plus
Wer gleichzeitig von Migräne und Adipositas betroffen ist, kann von Liraglutid doppelt profitieren.

Bei Adipositas

LIRAGLUTID WIRKT ALS MIGRÄNEPROPHYLAXE

Eine Migräneprophylaxe ist sinnvoll, wenn die Attacken oft auftreten. Die bisherigen Medikamente wirken oft nicht, besitzen Nebenwirkungen oder sind sehr teuer. Liraglutid (Victoza®, Saxenda®) könnte unter bestimmten Voraussetzungen eine Alternative sein.

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Migräne bedeutet nicht nur Kopfschmerzen. Ein Anfall kann auch Ăśbelkeit, Lichtempfindlichkeit und weitere Beschwerden bedeuten, die teils mehrere Tage anhalten und Betroffene stark belasten. Die Behandlung von Migräne kann akut erfolgen, aber das reicht oft nicht, wenn die Attacken öfter auftreten. Dann braucht es eine Migräneprophylaxe.

Die bisher eingesetzten Wirkstoffe brauchen oft lange, bis sie wirken – wenn ĂĽberhaupt. Sie sind fĂĽr manche Personengruppen nicht geeignet oder es sind sehr teure Biologicals. Liraglutid zeigt jetzt in einer italienischen Studie, dass es als Migräneprophylaxe wirken kann.

Migräneprophylaxe über den Hirndruck

Liraglutid zur Migräneprophylaxe? Ist das nicht ein GLP1-Agonist gegen Diabetes und Adipositas? Richtig. Aber die Substanz könnte möglicherweise auch zur Behandlung von Migräne dienen. Ein Team um Dr. Simone Braca von der Universität in Neapel hat 31 Menschen mit Adipositas, die unter Migräne litten, damit behandelt und Erstaunliches herausgefunden.

Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war ein Body-Mass-Index von über 30 kg/m². Außerdem wurden nur Menschen eingeschlossen, bei denen zwei verschiedene Wirkstoffe zur Migräneprophylaxe versagt hatten. Alle Probanden litten entweder an hochfrequenter episodischer Migräne, was mindestens acht Tage pro Monat bedeutet, oder an chronischer Migräne, die mindestens drei Monate lang mindestens 15 Tage pro Monat auftritt.

Liraglutid, täglich ĂĽber zwölf Wochen verabreicht, senkte die Zahl der monatlichen Kopfschmerztage bei den untersuchten Probanden von durchschnittlich 19,8 auf 10,7. Es wirkte somit als Migräneprophylaxe.

GLP-1-Agonisten und der Hirndruck

Warum Liraglutid als Migräneprophylaxe wirkt, wissen die Forschenden nicht genau. Sie vermuten aber, dass ein erhöhter Hirndruck  (ICP, kurz fĂĽr increased cranial pressure) bei der Entstehung von Migräne eine Rolle spielt. Studien deuten zumindest darauf hin. Besonders erhöhter Druck in den Hirnvenen, die unter der harten Hirnhaut liegen, scheint fĂĽr das Schmerzgeschehen bei Migräne eine Rolle zu spielen.

GLP1-Agonisten wie Liraglutid, aber auch Semaglutid und weitere, haben in früheren Studien gezeigt, dass sie den Hirndruck senken können. Sie könnten also als Migräneprophylaxe eingesetzt werden.

Behandlung von Migräne bleibt kompliziert

Die Behandlung von Migräne mit Liraglutid kommt allerdings nur fĂĽr Adipositas-Betroffene infrage. Bei ihnen ist das Risiko fĂĽr Migräne allgemein erhöht.

Ob der Wirkstoff in Zukunft als Migräneprophylaxe zum Einsatz kommt, muss sich außerdem noch zeigen. Schwächen der aktuellen Untersuchung sind die kleine Probandenzahl, das monozentrische Design und die Tatsache, dass die Forschenden den Hirndruck nicht gemessen haben. Sie weisen selbst darauf hin, dass weitere Studien nötig sind. Erst nach größeren, randomisierten und placebokontrollierten Untersuchungen wird sich zeigen, ob Liraglutid bei der Behandlung von Migräne eine Option sein könnte.

Generell ist die Behandlung vor allem von chronischer Migräne schwierig, denn die Prozesse dahinter sind noch nicht genau verstanden. Eine wirksame Migräneprophylaxe nimmt Betroffenen eine groĂźe Last, denn die Beschwerden schränken die Lebensqualität mitunter stark ein.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/liraglutid-als-potenzielle-migraeneprophylaxe-156980/
Simone Braca, Cinzia Valeria Russo, Antonio Stornaiuolo, Gennaro Cretella, Angelo Miele, Caterina Giannini, Roberto De Simone: “Effectiveness and tolerability of liraglutide as add-on treatment in patients with obesity and high-frequency or chronic migraine: A prospective pilot study”, Headache. The Journal of Head and Face Pain, 17. Juni 2025. https://doi.org/10.1111/head.14991

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