Ein schlafender, betrunkener Mann liegt auf dem Boden, nach einer Party. Er ist bemalt im Gesicht und hat noch ein Partyhütchen auf und ein Glas in der Hand.© DragonImages / iStock / Getty Images Plus
Das Erwachen nach einer durchzechten Nacht ist nie schön - doch was hat sich das Gehirn davon gemerkt?

Suchtgedächtnis

WIE MERKT SICH DAS GEHIRN DEN ALKOHOLGENUSS?

Alles geschah im Namen der Wissenschaft: Da wurden Mäuse betrunken gemacht und Fruchtfliegen zum Torkelflug verleitet. Und warum? Man wollte dem Phänomen des Suchtgedächtnisses auf die Spur kommen.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Je früher Kinder und Jugendliche ihren ersten Kontakt mit Alkohol haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, im Erwachsenenalter alkoholabhängig sein. Der Grund liegt im Suchtgedächtnis.

Man weiß, dass dabei molekulare und zelluläre Mechanismen, die auch für das normale Gedächtnis wichtig sind, bei dieser Art Gedächtnis eine große Rolle spielen. Und das bedeutet, dass unserem Gehirn die Bildung positiver Assoziationen mit Drogen und Alkohol in jüngeren Jahren leichter fällt, weil auch die normale Gedächtnisleistung bei jüngeren Menschen besser ist.

Man schaute den betrunkenen Mäusen ins Gehirn

Es wäre unethisch gewesen, dieses Experiment an Menschen durchzuführen, deshalb beschränkte man sich auf Mäuse. Man gab ihnen reichlich Alkohol. Und dann setzte man ein hochauflösendes Zwei-Photonen-Mikroskop ein, wodurch man in der Lage war, einen Blick ins Hirn der Mäuse zu nehmen – während des Rausches und auch danach.

Die verblüffende Erkenntnis: Schon eine einzige Alkohol-Gabe reichte, und die Tiere waren fürs Leben gezeichnet. Ihr Gehirn bildete nämlich sofort Änderungen an den Synapsen – und die existierten länger, als Alkohol im Blut vorhanden war. Solche anhaltenden Änderungen an Synapsen bilden die Grundlage von Lernen und Gedächtnis und könnten auch die Grundlage des Suchtgedächtnisses darstellen.

Nach einmaliger Schnapsinfusion war außerdem eine Erhöhung der Mitochondrien-Mobilität in den intakten Gehirn-Nervenzellen zu beobachten. Auch diese Veränderung war nach dem vollständigen Abbau des Ethanols noch messbar.

Ein Gläschen zu viel? 
Wenn es doch einmal passiert ist, finden Sie hier Praxistipps gegen Kater.

Als nächstes setzte man die Fruchtfliege unter Alkohol

Die Mitochondrien blockierte man dann im nächsten Versuch. Und zwar bei der Fruchtfliege Drosophila melanogaster, die aufgrund ihrer einfachen genetischen Bauweise gern für solche Experimente genommen wird.

Das Ergebnis: Die Flieger konnten keine positiven Assoziationen mit Alkohol mehr aufbauen. Normalerweise gewöhnen sich die Fliegen sehr schnell an den Genuss von Alkohol (Gehen sie nicht besonders gern an faulige, vergorene Früchte?) – doch nach Blockade der Mitochondrien hatten die Fliegen kein Interesse mehr.

Die Forschenden vermuten: Da die Mobilität der Mitochondrien sowohl bei Fliegen als auch bei Mäusen eine wichtige Rolle bei alkoholbedingten Veränderungen im Gehirn zu spielen scheint, wird das wohl auch beim Menschen so sein.

Übrigens: Auch nach zwei Tagen waren die ehemals beschwipsten, inzwischen wieder nüchternen Mäuse immer noch nicht in der Lage, korrekte Entscheidungen zu treffen. Die Wissenschaftler konnten also zeigen, dass ein einmaliger intensiver Alkoholgenuss zu anhaltenden Veränderungen im Gehirn führt, was wiederum die Grundlage des Suchtgedächtnisses darstellen könnte.

Quelle: informationsdienst wissenschaft

×