Tunnel© Rafael Heygster

Schon mal da gewesen?

BREMER FRIEDENSTUNNEL – EIN ORT ZUM VERWEILEN

In Bahnunterführungen ist es meistens dunkel, dreckig, stinkig. Dort gilt: „Nix wie durch hier.“ Im Bremer Friedenstunnel bleibt man gern länger. Es ist hell und erhellend an diesem Ort.

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Die Stimmung zwischen Apotheker und Ärzteschaft war schon mal friedlicher. Auf dem Deutschen Ärztetag Ende Mai in Bremen beschlossen dessen Abgeordnete, sich gegen eine Neuerung auszusprechen: „Der 126. Deutsche Ärztetag lehnt die Grippeschutzimpfungen in Apotheken in der Regelversorgung grundsätzlich ab.“ Doch beide Seiten wissen: Solche Differenzen sind nichts gegen den Unfrieden in der Welt.

Bei der Eröffnung des Ärztetags wurde der Chefarzt des Kinderkrankenhauses im südukrainischen Saporischschja, Juriji Borsenko, zitiert: „Niemand möchte sehen, was wir hier sehen. Wir haben Kinder mit Kopfverletzungen, Amputationen und durchlöchertem Unterleib.“

Texte zu Weisheit und Frieden

All das ging einem durch den Kopf, wenn man in Bremen auf dem Weg zum oder vom Ärztetag durch den Friedenstunnel nahe des Hauptbahnhofs kam. Eine Unterführung, die freundlicher und heller wirkt als die üblichen dunklen Schläuche.

An deren Wänden kein Graffiti gesprayt ist oder eingerissene Plakate hängen, sondern helle Texttafeln von Philosophen, religiösen Führern, Politikern: „Friede ist nicht Abwesenheit von Krieg, Frieden ist eine Tugend, eine Geisteshaltung, eine Neigung zu Güte, Vertrauen und Gerechtigkeit.“ Von Baruch de Spinoza. „Menschen miteinander in Verständigung zu bringen, ist wertvoller als alle Gebete und Fasten“. Vom Ehrwürdigen Wegweiser Ulû Rêhber Muhammed Mustafa. 

Der Durchgang war früher als Rembertitunnel ein hässliches Bauwerk. Stück für Stück hat man ihn saniert, gesäubert und gestrichen, umbenannt. Er bekam auf der einen Seite ein Friedenstauben-Emblem, auf der anderen ein Lebensbaum-Lotus-Motiv.

Ein langes Mosaik bildet innen in 135 Sprachen das Wort Frieden ab. Die schon erwähnten künstlerisch gestalteten Tafeln mit Texten zu Weisheit und Frieden aus verschiedensten Kulturen und Religionen, 82 insgesamt, lassen einen neugierig innehalten. 

Religionen verbinden

Die Idee zum Friedenstunnel hatte die Bremer Künstlerin Regina Heygster nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Dass dahinter das islamistische Terrornetzwerk Al-Quaida stehen könnte, war schnell ein Verdacht in den USA. Bei Heygster war es ein ganz anderer, erzählte sie: „Jetzt werden Muslime in aller Welt verunglimpft.“

Dem wollte sie etwas entgegensetzen, sichtbar. Sie guckte den Rembertitunnel aus, sprach mit Politikern, Zuständigen der Deutschen Bahn, Vertretern unterschiedlicher Religionsgemeinschaften vor Ort. 

Erst entstand eine Interessenvertretung, dann der Verein „Bremen setzt ein Zeichen der Verbindung zwischen den Religionsgemeinschaften“. Und dann beginnt Heygster im Winter 2008/2009 mit dem ersten Mosaik. Der Verein füllt die Idee, die der Tunnel symbolisiert, mit Leben, über das Bauwerk hinaus. Er engagiert sich bei Schulprojekten zum Thema Frieden, Veranstaltungen im Tunnel selbst oder in der Nähe, Hinweisen für Touristen.

Viele kommen zum Schauen, Lesen, Nachdenken. Vielleicht auch über diesen Satz von Kofi Annan: „Wirklicher Friede bedeutet auch wirtschaftliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit, bedeutet Schutz der Umwelt, bedeutet Demokratie, Vielfalt und Würde und vieles, vieles mehr.“

Sabine Rieser, freie Journalistin

Kontaktdaten:
Friedenstunnel – Bremen setzt ein Zeichen e. V.
Vahrerstraße 87
28309 Bremen
Telefon: 0421 – 175 19 275
E-Mail: info@friedenstunnel.de
www.rembertitunnel.de

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