Eine Frau injiziert Insulin mit einem Pen in das Unterhautgewebe ihres Bauches.© marinesea/ iStock / Getty Images Plus
Wer Insulin benötigt, sollte keine Angst vor Spritzen haben - zumindet aktuell. Bald soll es Insulin auch als Kapsel zum Einnehmen geben.

Galenik

GIBT ES INSULIN BALD ALS KAPSEL ZUM SCHLUCKEN?

Es könnte eine Sensation werden: Australischen Forschern ist es erstmals gelungen, eine Kapsel zu entwickeln, die eine orale Verabreichung von Proteinmedikamenten ermöglicht. Das heißt: Diabetiker könnten ihr Insulin künftig schlucken statt spritzen.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

So manchem Diabetiker fäll es nicht leicht: das tägliche Spritzen von Insulin in die Fettschicht der Bauchdecke oder der Oberschenkel. Und wenn dann noch zwei verschiedene Arten Insulin nötig sind – beispielsweise schnell und langsam wirkendes – ist ein doppelter Piks fällig. Wie wäre es, wenn man Insulin auch schlucken könnte?

Das schien bisher unmöglich, da die Magensäfte das eiweißbasierte Hormon sofort zersetzen würden. Die orale Bioverfügbarkeit konnte bisher auch durch magensaftresistente Überzüge von Tabletten oder Kapseln nicht signifikant erhöht werden. Das könnte sich jetzt ändern.

Wie Insulin doch durch den Magen transportiert werden kann

Dr. Jamie Strachan von der RMIT University in Melbourne hat es gewagt: Er entwickelte eine neue Kapsel-Formulierung. Deren Geheimnis besteht darin, dass das Insulin hier in einer sogenannten kubischen Lipidphase innerhalb der magensaftresistenten Kapsel eingebettet ist. Deren hervorstechendstes Merkmal: die dreidimensionale Anordnung einer ununterbrochenen Lipiddoppelschicht. Die Beschaffenheit aus polaren und unpolaren Komponenten ist wichtig für die Stabilisierung und den enzymatischen Schutz der eingekapselten Proteine, wie sie für die Einnahme von Insulin vonnöten ist.

Getestet wurde das Ganze an diabetischen Ratten. Die Forschenden untersuchten dabei schnell und langsam wirkendes Insulin. Sie fanden heraus: Die neu entwickelten Methode steigert die Bioverfügbarkeit des Insulins. Die ist wiederum abhängig von der Stärke der magensaftresistenten Beschichtung – je dünner die ausfiel, je höher war die Bioverfügbarkeit. Dünn beschichtete Kapseln gaben das Insulin innerhalb von 20 bis 60 Minuten frei. Stärker beschichtete Kapseln nach 75 bis 140 Minuten. Man kann also über die Dicke der Kapseln die Freisetzungsrate steuern.

Insulin-Kapsel ist kostengünstig

Einen ganz klaren Vorteil der neuen Formulierung sieht Mitautorin Dr. Céline Valéry darin, dass für den Inhalt der Kapsel und den Inhalt der Spritze die gleiche Menge Insulin verwendet wurden: „Bei vielen präklinischen Versuchen enthalten die oralen Formulierungen zwangsläufig viel höhere Insulinmengen, um die gleiche Reaktion wie bei der Injektion zu erzielen. Dies ist eine sehr kosteneffiziente Art der Verabreichung von Proteinmedikamenten, die in der Regel teuer sind.“

Nur langsam wirkendes Insulin zur oralen Einnahme geeignet

Einziger Nachteil: der deutlich verzögerte Wirkeintritt bei oraler Einnahme. „Die Kapsel mit schnell wirkendem Insulin wird somit unpraktisch.“ Eine internationale Patentanmeldung für die neue Formulierung ist schon eingereicht – wir sind gespannt!

Quelle: apotheke adhoc

×