Fachwelt widerspricht
TRUMP WARNT VOR PARACETAMOL IN DER SCHWANGERSCHAFT
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US-Präsident Donald Trump hat schwangere Frauen wegen eines angeblichen Autismus Risikos vor der Einnahme von Paracetamol gewarnt. Doch die wissenschaftliche Bewertung der Risiken sieht anders aus. „Da ist natürlich nichts dran“, betont Maik Pommer, Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
„Solche Aspekte werden selbstverständlich in der gesamten EU gemeinsam durch alle Gesundheits- und Arzneimittelbehörden engmaschig überwacht“, erklärte Pommer. Die Studienlage sei eindeutig. Wie bei anderen Medikamenten in der Schwangerschaft seien alle bekannten Risiken in der Packungsbeilage aufgeführt – ein Hinweis auf Autismus finde sich dort nicht.
Autismus und Paracetamol: Keine gesicherten Zusammenhänge
Trump warnte Schwangere mehrfach öffentlich vor dem fiebersenkenden Schmerzmittel Tylenol, das Paracetamol enthält. Er sprach von einem möglichen Zusammenhang mit Autismus Risiken, legte aber keine Belege vor. Seine Empfehlung: nur dann einnehmen, wenn es absolut notwendig sei. Der Vorwurf: Paracetamol könne Autismus bei Kindern auslösen.
Doch die Fachwelt widerspricht. Auf der Webseite von Tylenol, einem Produkt der Firma Kenvue, heißt es, wissenschaftliche Daten ergäben keinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus. Auch die US-amerikanische Fachgesellschaft „The American College of Obstetricians and Gynecologists“ (ACOG) wies die Trump-Aussage entschieden zurück.
Autismus durch Paracetamol? Fachpersonen widersprechen deutlich
Die Einschätzung der US-Regierung ignoriere wissenschaftliche Erkenntnisse und vereinfache die komplexen Ursachen neurologischer Erkrankungen gefährlich, so die ACOG. In einer Mitteilung bezeichnete sie die Äußerungen zum Thema Paracetamol und Schwangerschaft von Trump als „höchst beunruhigend“ und „unverantwortlich“.
Zudem seien Trumps Aussagen irreführend und potenziell schädlich für schwangere Patientinnen, die möglicherweise auf dieses Medikament angewiesen seien. Keine seriöse Studie könne einen Zusammenhang zwischen Paracetamol und einem erhöhten Autismus Risiko belegen. Der Wirkstoff Paracetamol wird in den USA auch als Acetaminophen bezeichnet.
Mehr zum Thema Paracetamol in der Schwangerschaft:
Medikamente in der Schwangerschaft – WHO mahnt zur Vorsicht
Ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, es gebe zwar einige Beobachtungsstudien, die einen möglichen Zusammenhang zwischen Paracetamol, Autismus und einer frühen Einnahme in der Schwangerschaft nahegelegt hätten. Die Datenlage sei jedoch uneinheitlich. Weitere Studien hätten keinen solchen Zusammenhang bestätigt.
Wenn ein starker Zusammenhang bestünde, hätte dies in mehreren Studien deutlich nachgewiesen werden müssen. Die WHO fordert daher zur Vorsicht auf, bevor voreilige Schlüsse gezogen werden.
Medikamente in der Schwangerschaft sollten immer nur in Absprache mit medizinischem Fachpersonal eingenommen werden.
Auch der Berufsverband der Frauenärzt*innen in Deutschland betont: Medikamente in der Schwangerschaft sollten grundsätzlich nur nach Rücksprache mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt eingenommen werden. BfArM und Embryotox sehen in der aktuellen Studienlage keinen Hinweis auf ein erhöhtes Autismus Risiko durch Paracetamol.
Embryotox und Nature: Einordnung der Studien zu Paracetamol und Autismus
Embryotox beschreibt Paracetamol als bewährtes, gut verträgliches Mittel gegen schmerzbedingte Beschwerden in der Schwangerschaft – vorausgesetzt, es wird nicht über längere Zeiträume ohne ärztlichen Rat eingenommen. Auch bei klarer Indikation bleibt es ein Mittel der Wahl.
Zwar existieren einzelne Studien, die einen Zusammenhang zwischen Paracetamol-Einnahme im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel und Autismus herstellen wollen. Diese Studien sind jedoch laut Embryotox methodisch fragwürdig – sie erfassen andere Einflussfaktoren wie Genetik oder soziales Umfeld nicht ausreichend.
Ein Artikel der Fachzeitschrift „Nature“ verweist auf eine schwedische Geschwisterstudie. Untersucht wurden Kinder, bei denen nur eines während der Schwangerschaft Paracetamol ausgesetzt war. Die Ergebnisse: Kein Hinweis auf ein erhöhtes Autismus Risiko durch die Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft.
Was ist Autismus?
Autismus – oder Autismus-Spektrum-Störung – gilt als Entwicklungsstörung mit Beeinträchtigungen in Kommunikation, sozialem Verhalten und wiederholenden Handlungen. Der Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus erklärt, dass Betroffene emotionale Signale oft schwer deuten und aussenden können. Auch Veränderungen in Routinen fallen ihnen schwer.
Die Ursachen von Autismus sind bislang nicht vollständig geklärt. Die Annahme, dass Medikamente in der Schwangerschaft wie Paracetamol direkt Autismus auslösen könnten, ist wissenschaftlich bisher nicht haltbar. Die durch Trump ausgelöste Debatte um Paracetamol in der Schwangerschaft zeigt jedoch, wie sensibel die Öffentlichkeit auf solche Aussagen reagiert.
Quelle: dpa












