Eine geöffnete Kapsel: Kapselober- und -unterhälfte liegen nebeneinander. Die Kapsel ist leer.© lcs813 / iStock / Getty Images Plus
Nichts drin: In der Baseler Studie erhielten zwei Gruppen Placebo-Präparate, aber nur die eine Gruppe wusste davon.

Aufklärung

OFFENE PLACEBOS WIRKEN GEGEN PMS

Den Placebo-Effekt kennen die meisten Menschen zumindest dem Namen nach. Meist wissen die Behandelten nicht, ob sie ein Placebo oder ein Arzneimittel einnehmen. Eine Schweizer Studie belegt jetzt, dass Placebos zumindest bei PMS auch wirken, wenn sie klar benannt werden.

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Placebos kommen in klinischen Studien oft zum Einsatz, um zu testen, ob das untersuchte Medikament besser wirkt als eine Darreichungsform ohne Wirkstoff. Meist wissen aber weder die Probanden noch die Behandelnden, wer ein Placebo bekommt. Das ist bei der jetzt vorgelegten Studie anders. Sie untersucht die Wirkung offener, also mit Wissen der Probandinnen verabreichter Placebos und findet Erstaunliches heraus.

Die Ergebnisse sind insbesondere für das Prämenstruelle Syndrom (PMS) interessaant.
Denn der Leidensdruck ist hier zwar oft groß, gegen die meist unspezifischen Beschwerden kann man bisher aber wenig tun. Könnte das neue Wissen Frauen mit PMS nützen?

Placebo: Wirkung durch Erwartungshaltung

Mit offenen Placebos beschäftigte sich ein Team der Universität Basel um Dr. Antje Frey Nascimento.
Sie fanden heraus, dass offen gegebene Placebos sogar bessere Wirkungen erzielten als die bisher verwendete Therapie. Wichtig war nur, dass die Behandelten ĂĽber den Placebo-Effekt Bescheid wussten.

Die Forschenden teilten 150 von PMS betroffene Frauen zufällig in drei Gruppen ein:

  1. Die Treatment-As-Usual (TAU)-Gruppe fĂĽhrte die bisherige PMS-Therapie unter Beobachtung weiter.
  2. Die OLP+-Gruppe bekam zusätzlich ein offen als solches bezeichnetes Placebo und wurde außerdem zum Placebo-Effekt umfassend informiert. Die Frauen erfuhren, dass der Placebo-Effekt auch dann stark sein kann, wenn Behandelte von ihrem Placebo wissen und der Glaube an die Wirksamkeit nicht von Bedeutung sei. Ihnen wurde außerdem mitgeteilt, dass 40 Prozent der Verbesserungen in klinischen Studien durch Placebos hervorgerufen werden, diese Studie aber die erste mit offenen Placebos sei. Klassische Konditionierung, also die Verbindung, die das Gehirn mit der Einnahme einer Tablette und einer zu erwartenden Linderung herstellt, ist ebenfalls wichtig, erklärten die Forschenden.
  3. Die OLP--Gruppe erhielt ebenfalls das offene Placebo, aber ohne weitere Erläuterungen.

Vor Studienbeginn bewerteten die Probandinnen die Schwere ihrer Symptome und gaben zudem an, wie stark sie dadurch in ihrem Alltag beeinträchtigt waren.
Der erste Zyklus diente als Screening-Phase, in den Zyklen zwei und drei erhielten die Frauen die Therapie. Die Frauen der Placebo-Gruppen nahmen während der zweiten Zyklushälfte, also in der Lutealphase, zwei Tabletten pro Tag ein. Alle fĂĽhrten zudem ein Symptom-Tagebuch und gaben die Beeinträchtigung ihres Alltags an. Die Ergebnisse waren deutlich.

Placebos wirken besser als bisherige Therapie

Die Stärke der Symptome wurde anhand des German PMS Symptom Diary ermittelt. Diese Skala reicht von 0 (keine Beschwerden) bis 27 Punkte.

  • In der OLP+-Gruppe reduzierten sich die PMS-Symptome unter Placebo um 18 Punkte, das entspricht einer relativen Symptomlinderung von 79,8 Prozent. Auch die Beeinträchtigung des Alltags gaben die Frauen der OLP+-Gruppe als um 2,7 Punkte oder 82,5 Prozent reduziert an.
  • Auch die OLP--Gruppe verbesserte sich um 12,9 Punkte oder 50,4 Prozent.
  • Die Symptome der Frauen, die kein Placebo bekamen, verbesserten sich um 6,8 Punkte (33 Prozent).

Wird der Placebo-Effekt in Zukunft gegen PMS eingesetzt?

Die Baseler Studie könnte ein Umdenken einleiten. Denn bisher lässt sich PMS kaum wirksam behandeln. Man kennt die Ursachen nicht, es wird aber vermutet, dass hormonelle Schwankungen vor allem in der Zeit nach dem Eisprung dahinterstecken.
Die Folge: Brustspannen oder Schmerzen, Unterleibs- oder RĂĽckenschmerzen, Stimmungsschwankungen und HeiĂźhunger.

PMS äußert sich nicht bei allen Frauen und in jedem Zyklus gleich. Behandelt wird daher bisher meist symptomatisch mit Schmerzmitteln, Hormonen oder Antidepressiva. Die neuen Erkenntnisse zur Wirkung von Placebos in Verbindung mit Aufklärung könnten eine neue Möglichkeit zur Behandlung von PMS eröffnen.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/mit-offenen-placebos-gegen-pms-154101/
Frey Nascimento A, Gaab J, Degen B, et al: “Efficacy of open-label placebos for premenstrual syndrome: a randomised controlled trial”, BMJ Evidence-Based Medicine, 25 March 2025. doi: 10.1136/bmjebm-2024-112875

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