Eine ältere Frau hält sich mit der einen Hand da Daumengrundgelenk der anderen Hand. Das Gelenk ist mit einem transparenten roten Kreis als schmerzend und entzündet markiert.© suze777 / iStock / Getty Images
Viele Menschen unserer Gesellschaft leiden an chronischen Schmerzen.

Verhaltenstipps

VOM UMGANG MIT CHRONISCHEN SCHMERZEN

Viele Menschen leiden unter dauerhaften oder immer wiederkehrenden chronischen Schmerzen. Auch wenn jeder Mensch unterschiedlich reagiert, lassen sich grob vier Typen ausmachen. Und bei der Behandlung darf die Psyche nicht vergessen gehen.

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Chronische Schmerzen sind in der Gesellschaft weit verbreitet. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität Betroffener und dominieren im schlimmsten Fall ihren Alltag. Zu den häufigsten Ursachen für die chronischen Schmerzen zählen Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere Rückenschmerzen.

Oft denken Laien, man kann chronische Schmerzen nicht behandeln, doch das ist eine falsche Annahme. Ganz im Gegenteil: Es ist wichtig, möglichst früh etwas dagegen zu unternehmen, weil sich der Schmerz ansonsten im Gedächtnis manifestieren kann und Betroffene dann unter Umständen Schmerzen empfinden, obwohl es keine medizinische Erklärung dafür gibt. Das Gehirn hat den Schmerz also erlernt – man spricht vom sogenannten Schmerzgedächtnis.

Schmerz ist immer subjektiv

Generell handelt es sich bei der Schmerzwahrnehmung um ein individuelles Thema. Die Beschwerden sind nicht objektiv messbar. Es ist stets wichtig, die Schmerzen ernst zu nehmen, schließlich stellen diese ein Alarmsignal des Körpers dar. Chronische Schmerzen treten beispielsweise im Zusammenhang mit Verschleißprozessen, mit Nervenschäden sowie als Symptom bei vielen Erkrankungen auf.

Vier Arten, mit Schmerz umzugehen

Die medizinische Psychologin Monika Hasenbring von der Universität Bochum hat Schmerzpatientinnen und -patienten nach ihren Erlebens- und Reaktionsmustern in vier Kategorien eingeteilt. In der Regel dominiert eins dieser Muster pro Person, jedoch können sich diese auch vermischen.

  1. In der Kategorie Ängstliches Meiden nehmen Betroffene den Schmerz als sehr bedrohlich wahr und reagieren mit Vermeidungsverhalten. Sie bewegen sich kaum noch, ziehen sich aus sozialen Kontakten zurück und befinden sich oft in einer depressiven Stimmungslage. Diese fördert wiederum die Schmerzempfindlichkeit – ein Teufelskreis ist entstanden.
  2. Andere tun genau das Gegenteil, Hasenbring ordnet sie den Unterdrückern zu: Sie ignorieren den Schmerz und beißen die Zähne zusammen, ganz nach dem Motto: „Stell dich nicht so an.“ Allerdings kann auch das auf die Stimmung schlagen, sodass Betroffene oft gereizt und niedergeschlagen sind.
  3. Die dritte Patientengruppe, die Ablenker, ignoriert den Schmerz. Im Gegensatz zu den Unterdrückern haben diese Personen jedoch eine positive Stimmungslage – sie lenken sich mit verschiedenen Tätigkeiten ab. Man hat allerdings festgestellt, dass es bei dieser Gruppe zu einer Verschlimmerung der Schmerzen kommen kann. Dies kann unter Umständen damit zusammenhängen, dass Betroffene die verursachende Tätigkeit als Ablenkung nutzen (zum Beispiel übermäßig viel Sport).
  4. Am besten gelingt es der vierten Gruppe, mit den Schmerzen umzugehen, denn Patienten der Kategorie Flexible Balance blenden den Schmerz nicht aus, dramatisieren ihn aber auch nicht. Sie haben einen Mittelweg zwischen Durchhalten und Schonen gefunden und interpretieren den Schmerz nicht als Bedrohung, sondern als Signal, auf das sie reagieren. Betroffene nehmen sich bei Schmerzen beispielsweise einen Tag frei und nutzen die Zeit dann für Bewegungsübungen, um ihrem Körper etwas Gutes zu tun.

Schmerz ernst nehmen und behandeln 

Sollten die Beschwerden länger andauern, ist ein Arztbesuch erforderlich. Treten die Schmerzen häufig auf, empfiehlt es sich, ein Schmerztagebuch zu führen, sodass es leichter wird, die Ursache zu ermitteln. Weisen Sie betroffene Kunden darauf hin, dass sie Schmerzmittel nie ohne Rücksprache mit dem Arzt über einen längeren Zeitraum einnehmen dürfen. Es ist zudem wichtig, dass Betroffene mit dem Arzt über die Ursachen der Beschwerden sowie über die Schmerztherapie sprechen.

Chronischen Schmerz behandeln: Mehr als Schmerzmittel

Nach Unfällen oder Verletzungen ist sicherzustellen, dass Patienten während der Genesung schmerzfrei sind. Chronische Schmerzen werden mit Medikamenten behandelt, in einigen Fällen, etwa bei starken Tumorschmerzen, ist der Einsatz von starken Schmerzmitteln, wie Opiaten, erforderlich.

Man kann den Beschwerden allerdings auch nichtmedikamentös begegnen, beispielsweise mit Akupunktur. Bei der Physiotherapie wird die Beweglichkeit trainiert, sodass die Gelenkfunktionen erhalten bleiben. Massagen sowie Wärme- oder Kältebehandlungen reduzieren Verkrampfungen der Muskulatur und verbessern die Durchblutung.

Zudem ist es ratsam, in länger anhaltenden Genesungsphasen Entspannungstechniken zu erlernen, um sich vom Schmerz distanzieren zu können. Ablenkung, also die gedankliche Beschäftigung mit anderen Themen, ist ebenfalls eine gute Strategie gegen die Beschwerden. Besonders erfolgreich ist diese Methode, wenn es sich um schwierige Aufgaben, etwa um Denk- und Gedächtnisspiele, handelt, die zu lösen sind.

Bei Ärzten mit der Weiterbildung „Schmerztherapie“ oder in Krankenhäusern mit einer Schmerzambulanz kann man sich über die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten informieren.

Betroffene sollten auch auf einen regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus achten, Stress vermeiden, sich gesund ernähren und ihren Alltag gut planen. Es ist wichtig, trotz der Schmerzen aktiv zu bleiben, sich zu bewegen und Sport zu treiben.

Im Zweifelsfall ist es immer sinnvoll, eine zweite Meinung eines anderen Arztes einzuholen. Menschen mit chronischen Schmerzen können sich auch Selbsthilfegruppen anschließen, oft hilft ihnen der Gedankenaustausch mit anderen Betroffenen, um besser mit ihrer Problematik fertig zu werden.

Das Umfeld leidet mit

Auch Angehörige kann die Situation belasten, denn sie sehen tagein und tagaus, wie eine geliebte Person unter Schmerzen leidet. Hinzu kommt, dass bei Menschen mit chronischen Schmerzen oft unter die Stimmung schwankt und Angehörige dies zu spüren bekommen.

Personen mit chronischen Schmerzen sind manchmal nicht mehr so, wie sie einmal waren. Sie sind beispielsweise permanent gereizt. Das Leben der Patienten dreht sich meist nur um den Schmerz – dies kann Auswirkungen auf soziale Beziehungen haben.

Reagieren Sie sensibel und raten Sie auch den Angehörigen dazu, sich in die Situation der Betroffenen hineinzuversetzen. Dennoch sollten sie die eigene Belastung im Blick behalten, das Gespräch suchen oder externe Hilfe in Anspruch nehmen. Einige Krankenhäuser oder Ärzte bieten beispielsweise Schmerzsprechstunden an, aber auch der Austausch mit Gleichgesinnten in Selbsthilfegruppen ist entlastend.

Grundsätzlich gilt es, Hilfe anzubieten, allerdings die Selbstständigkeit der Menschen mit chronischen Schmerzen so gut wie möglich zu erhalten.

Zu viel Besorgnis sollten Angehörige Betroffenen gegenüber nicht zeigen, da dies dazu führen kann, dass diese sich dem Schmerz dann zu stark hingeben. Zielführender ist es, Schmerzpatienten durch gemeinsame Aktivitäten vom Schmerz abzulenken.

Es ist außerdem hilfreich, sie beim Arztbesuch zu begleiten, da die Konfrontation für Betroffene häufig auch eine emotionale Belastung darstellt.

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