Ein Flatlay von verschiedenen bunten Kapseln und Tabletten und einem Hanfblatt© photka / iStock / Getty Images Plus
Wie bekommt man das harzige Dronabinol in Hartgelatinekapseln - und das im Rezepturmaßstab?

Rezeptur – Mischen possible

VERKAPSELT UND ZUGEDRÜCKT – DIESMAL MIT DRONABINOL

Neben dem Beratungsgespräch im Handverkauf gehört die Rezeptur für PTA zum wichtigsten pharmazeutischen Handwerkszeug. Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In unserer Serie „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie mit schwierigen Rezepturen umgehen können.

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Heute möchte ich noch einmal über Kapseln berichten. Ich weiß, darüber habe ich schon geschrieben, aber dieses Mal möchte ich über eine besondere Form der Herstellung sprechen. Damit meine ich nicht Kapseln für Kinder, Tiere, besonders große oder besonders kleine Kapseln, sondern Kapseln der Extraklasse: Dronabinol-Kapseln nach der Vorschrift des Neuen Rezeptur Formulariums (NRF).

Im Prinzip ist es eine Kapselherstellung wie jede andere auch. Der Unterschied ist, dass hier Wirk- und Füllstoff erst flüssig, dann fest sind; außerdem ist die Vorbereitung etwas zeitintensiver.

Achtung, Betäubungsmittel

Zunächst müssen wir nämlich einen genauen Blick auf das Rezept werfen, denn bei dronabinolhaltigen Zubereitungen handelt es sich um einen Wirkstoff, der unter das Betäubungsmittelgesetz (BtM-Gesetzt) fällt und den wir somit nur auf ein korrekt ausgestelltes gelbes BtM-Rezept abgeben dürfen. Auch wenn das Rezept schon mindestens eine Kontrolle durchlaufen hat, bevor es in der Rezeptur landet, werden auch von uns noch einmal folgende Punkte verifiziert:

  • Ausstellungsdatum
  • Sind die Daten des Arztes vollständig?
  •  Ist die Dosierung vermerkt?
  • Ist eventuell die Höchstmenge überschritten?
  • Liegt der Durschlag dabei?

Wenn hier alles passt, können wir anfangen, die Kapseln herzustellen. Grundsätzlich empfehle ich, dass man sich etwas mehr Zeit von seinem Kunden erbittet, denn das Kapselfüllstoffgemisch braucht manchmal etwas länger bis es homogen durchgeschmolzen ist. Denn nur wenn eine klare Schmelze vorliegt, darf es weiter verarbeitet werden. Doch wo schaue ich denn nach, was als Grundlage verwendet werden sollte beziehungsweise darf?

Füllstoff aus dem NRF

Natürlich im NRF, dort finden wir für heute alles, was wir brauchen. Unter NRF 22.7 finden wir die Zubereitungsvorschriften für Dronabinol-Kapseln mit 2,5, 5 und 10 Milligramm (mg).

Dronabinol Kapseln NRF 22.7
Dronabinol 0,010 g
Palmitoylascorbinsäurehaltige Gemischtkettige Triglyceride (Vorschrift S. 44) zu 0,430 g
Hartgelatinekapsel Größe 1, ein Stück

Ebenfalls hier beschrieben ist die Zusammensetzung des Kapselfüllstoffes, der die längste Zeit in Anspruch nimmt: Palmitoylsäurehaltige Gemischtkettige Triglyceride S. 44.

Vorschrift S.44
Palmitoylascorbinsäure 0,05 g
Gemischtkettige Triglyceride (Softisan® 378) zu 100,0 g

Hinter diesem klangvollen Namen verbirgt sich in Softisan® 378 gelöste Palmitoylascorbinsäure. Letztere dient als Antioxidans, da Dronabinol sehr schnell mit Luftsauerstoff reagiert und sich unschön bräunlich verfärbt. Ob die Wirkung unter dieser Verfärbung sich verändert, ist noch nicht bekannt.

Fettschmelze auf der Heizplatte

Beginnen wir nun mit der Herstellung der Fettschmelze. Hierzu werden in ein tariertes Becherglas 0,05 Gramm Palmitoylascorbinsäure eingewogen und zu 100,0 Gramm mit Softisan® 378 aufgefüllt. Nun erwärmen wir  das Ganze bis zur Klarschmelze und lösen unter Rühren das Antioxidans. Laut NRF kommt hier nur eine elektrische Heizplatte in Frage, denn die Temperatur sollte bei ungefähr 85 Grad Celsius gehalten werden. Dies gelingt auf einem Wasserbad meist nicht –  und wem schon mal Wasser in die zu schmelzenden Substanzen gespritzt ist, weiß, wie unberechenbar diese sein können.

Schmelzzeit gut vorbereiten

Da dieser Prozess eine gute Stunde oder länger dauern kann, sollte das Gefäß gut abdeckbar sein, damit es nicht zu Verunreinigungen kommt. Ebenso sollten Heizplatte und Gefäß so platziert werden, dass keine Gefahr für den Weiterarbeitenden in der Rezeptur ausgeht, die Gefahr des Verbrennens an der Heizplatte oder an flüssiger Fettschmelze also verhindert wird. Im Idealfall hat man eine magnetische Heizplatte, sodass der Rührfisch, einem das Rühren abnimmt. Sonst muss man selbst in regelmäßigen Abständen in der Schmelze rühren, um so zu kontrollieren, ob die Palmitoylascorbinsäure schon gelöst ist.

Ein Gedanke: eigene Kapselmaschine nur für Dronabinol?

Wenn man den Luxus hat, dass die Apotheke mehrere Kapselmaschinen besitzt und Dronabinol-Kapseln häufiger vorkommen, ist meine Empfehlung, eine Kapselmaschine nur für ölige Zubereitungen zu verwenden und die anderen für die Standardkapseln. Eine entsprechende Kennzeichnung hilft beim Unterscheiden.

Wir stellen relativ häufig Dronabinol-Kapseln her und haben beobachtet, dass sich der Kunststoff der Kapselgeräte mit der Zeit verfärbt. Wir sind uns, obwohl wir die Geräte nach jeder Verwendung sorgfältig reinigen, unsicher, ob nicht doch Rückstände übrigbleiben. Deshalb gibt es uns Sicherheit, dass wir diese Kapselgeräte nicht für andere Kapselarten verwenden.

Kapselmaschine vorbereiten

Während der Füllstoff schmilz, bereiten wir die Kapselmaschine vor. Für Dronabinol-Kapseln empfiehlt das NRF Kapselgröße 1 und Kapseln aus Hartgelatine. Die Kapselmaschine wird mit der entsprechenden Menge Leerkapseln bestückt und der Deckel abgezogen. Nun kann man die Kapselunterteile absenken, so dass sie mit dem Kapselbrett eine Linie oder Ebene bilden, so wie man das bei Pulver-gefüllten Kapseln macht. Oder man kann die Kapselhüllen in der angehobenen Position belassen. Wir haben festgestellt, dass uns das Befüllen leichter fällt, wenn sich die Kapseln in der angehobenen Position befinden. In dieser Stellung kann man auch besser die kleine Haube sehen, die sich auf jeder Kapsel befinden sollte (sie zeigt den perfekten Füllgrad an).

Dronabinol abwiegen

Sind die Vorbereitungen abgeschlossen und die Grundlage durchgeschmolzen, wiegen wir das Dronabinol in ein zweites, ausreichend großes Becherglas ein. Hierfür wird die Analysenwaage verwendet und das Wäageergebnis protokolliert. Das feste Dronabinolharz wird in Glasspritzen geliefert, die mit einem Föhn oder im Trockenschrank erwärmt werden müssen, um das Harz aus der Spritze zu bekommen.

Die Spritzen gibt es mit verschiedenen Massen. Wir haben festgestellt, dass die Spritzen mit einem Gramm Dronabinol am angenehmsten zu handhaben sind. Man kann gut einschätzen, wann die Substanz ausreichend erwärmt ist. Bei den auch verfügbaren Fünf-Gramm-Spritzen braucht es verhältnismäßig viel Zeit, bis die Substanz gleichmäßig erwärmt ist, außerdem Kraft und Gefühl in den Händen, um nicht zu viel Verwurf zu haben. Ganz lässt sich der Verwurf jedoch nicht vermeiden.

Selbst bei den kleineren Spritzen hat man immer Verwurf, weil man nie die exakte Menge abwiegen kann. Denn erwärmtes Dronabinol besitzt eine zähflüssige Konsistenz wie Honig, so hat man meist erst ist es ein bisschen zu wenig, dann schon etwas zu viel auf der Waage. Mit einer Kanüle kann man den Überschuss entfernen und zum Beispiel für die Identitätsprüfung verwenden.

Identitätsprüfung
Das Zubehör zur Identitätsprüfung liegt bei den meisten Anbietern bei oder kann gleich mitbestellt werden. Meist verwendet man den ersten Tropfen, der beim Erwärmen der Substanz aus der Spritze austritt, überführt diesen mit Hilfe einer Kanüle in das beiliegende Eppendorf-Gefäß, fügt neun Tropfen 96-prozentigen Ethanol hinzu und löst darin, unter Schütteln, das Dronabinol. Das Eppendorf-Gefäß hat eine Markierung bei einem und anderthalb Millilitern, bis maximal zur oberen Markierung wird mit gereinigtem Wasser aufgefüllt und erneut für ungefähr zehn Sekunden geschüttelt. Die Lösung sollte milchig weiß sein. Dann geht es schnell, man hält einen schmalen Teststreifen in die Lösung und liest das Ergebnis ab, ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest.

Haben wir nun die rezeptierte Menge Dronabinol in das Becherglas eingewogen, ergänzen wir mit der warmen Fettsschmelze zu dem entsprechenden Endgewicht. Dies kann auf der Analysenwaage erfolgen oder man wechselt zur normalen Rezepturwaage. Bei der Herstellung hat sich das Einrechnen eines Überschusses von fünf Prozent als positiv erwiesen, da doch einiges an Becherglaswand, Glasstab und Rührfisch hängen bleibt. (Nur darf dieser Überschuss nicht mehr der Krankenkasse in Rechnung gestellt werden.)

Diese Mischung muss jetzt erneut erwärmt werden, bis sie um Schluss ohne Schlieren und Bodensatz ist. Erst dann kann die Schmelze in die Kapseln ausgegossen werden.

Wie kommt die Fettschmelze in die Kapseln?

Nach ein paar unschönen Ergebnissen sind wir dazu übergegangen, die Fettschmelze mit einer erwärmten Spritze aufzuziehen und dann die Kapseln mit der Spritze einzeln zu befüllen.  Ich verwende gern zusätzlich eine Kanüle, es geht aber auch ohne. Wenn man eine Kanüle nutzt, muss man sorgfältig darauf achten die Kapselhülle nicht zu verletzen – sonst darf man von vorne beginnen. Ich verwende eine Fünf-Milliliter-Spritze. Sie muss zwar häufiger befüllt werden, ist aber in der Handhabe am einfachsten.

Kapseln mit kleinen Kappen

Sind alle Kapseln gefüllt, und zwar so, dass sich eine kleine Kappe auf jeder Kapsel bildet, platziert man das Kapselfüllgerät so, dass alles störungsfrei aushärten kann. Erscheinen die Käppchen auf den Kapseln weißlich opak, kann man davon ausgehen, dass sie fest genug sind und nun verschlossen werden können. Dafür werden die Kapseln wie gewöhnlich abgesenkt und die Oberteile aufgesetzt. Dann wird jede Kapsel per Hand verschlossen, bis das typische Verschlussgeräusch zu hören ist. Manchmal ist es nötig, die Kapseln mit Zewa abzuwischen, weil etwas von der Fettschmelze dort angehaftet ist.

Hat man all dies erledigt und sie in das entsprechende Abgabegefäß überführt, wird taxiert, der Hashcode produziert und etikettiert. Die Dronabinol Kapseln sind nun bereit, dem Kunden ausgehändigt zu werden. Bitte daran denken, sie auch auf dem Etikett als Betäubungsmittel zu deklarieren und eventuell den Kunden noch einmal aufklären, was dies genau bedeutet.

Quellen:
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=rezepturenfinderdetail&uid=494 
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=rezepturenfinderdetail&uid=599 
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=dronabinol 
https://zentrallabor.com/tutorials/ 

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