Frau schaut Cupcake an.© Voyagerix / iStock / Getty Images

Diabetes Life

(K)EINE SÜSSE GEFAHR?

Zucker ist für Menschen mit Diabetes nicht verboten. Dennoch ist es sinnvoll, damit sparsam umzugehen, um die Blutglucosewerte stabil zu halten und eine Insulinresistenz zu vermeiden. Beraten Sie Ihre Kunden mit Diabetes zu bewusstem Konsum.

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Der Mensch liebt es süß. Deshalb verwundert es nicht, dass drei von vier industriell hergestellten Produkten Zucker enthalten. Er trägt dazu bei, dass zum Beispiel Marmelade länger haltbar ist. Wichtig ist er auch für eine angenehme Konsistenz und natürlich für den Geschmack, weil Menschen durch das Übermaß an süßen Geschmacksrichtungen auf süß konditioniert sind. Menschen mit Diabetes müssen nicht gänzlich auf Zucker verzichten. Allerdings sollten sie ein paar Dinge beachten, damit Blutzucker, Gewicht und auch die Zahngesundheit durch den Zuckerkonsum nicht in Schieflage geraten.

Diabetes und Zucker, wie geht das? Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) empfiehlt Menschen mit Diabetes maximal zehn Prozent der Tageskalorienmenge aus Zucker und gezuckerten Lebensmitteln zu essen. Praktisch sind das etwa 30 bis 50 Gramm pro Tag. Diese Menge ist schnell erreicht. So enthält ein Glas Apfelsaft 18 Gramm (g) Zucker, ein Teelöffel Marmelade 6 g, ein Becher Fruchtjoghurt 15 g und zwei Esslöffel Ketchup 8 g Zucker. Alles Dinge, die auf den ersten Blick nicht mit hohen Zuckermengen assoziiert werden.

Deshalb ist es wichtig, diese versteckten Zucker zu beachten. Sonst ist die empfohlene tägliche Menge schnell mehr als ausgeschöpft. Empfehlen Sie unbedingt den Blick auf die Zutatenliste und Nährwertanalyse der Lebensmittel. Denn hier ist genau aufgelistet, welche Zucker enthalten sind. Mit Hilfe der Nährwertanalyse lässt sich dann der genaue Zuckergehalt berechnen. Für eine schnelle und einfache Einschätzung der entsprechenden Produkte gibt es Tabellen mit dem Kohlenhydratgehalt gängiger Lebensmittel (Kohlenhydrataustauschtabellen).

Bei instabilen Werten sind Experimente mit Zucker nicht zu empfehlen. Zucker aus Säften, Limonaden oder Bonbons haben eine direkte Blutzuckererhöhung zur Folge. Diese Produkte eignen sich als schnelle Hilfe bei einer Unterzuckerung und weniger zum Naschen. Zucker aus Eiscreme, Schokolade oder Kuchen und Gebäck, wo er in Verbindung mit Eiweiß, Fett und Ballaststoffen vorliegt, erhöht den Blutzucker langsamer. Deshalb sind beim Zuckerkonsum diese Lebensmittel eher zu empfehlen. Aber: Jeder Mensch reagiert anders, deshalb ist die Blutzuckerkontrolle nötig und wichtig.

Zucker in Zutatenlisten Damit Menschen mit Diabetes Zucker und seine Synonyme in Zutatenlisten schneller und leichter erkennen können, finden Sie hier die wichtigsten Synonyme. Alle genannten liefern schnell resorbierbare Kohlenhydrate und beeinflussen den Blutzuckerspiegel direkt.

  • Agavendicksaft und andere Dicksäfte
  • Ahornsirup/Karamellsirup
  • Dextrose/Dextrin
  • Fructose-Sirup/Fructose-Glucose-Sirup
  • Fruchtkonzentrate oder -püree
  • Gerstenmalz/Gerstenmalzextrakt
  • Glucose/Glucosesirup/Glucose-Fructose-Sirup
  • Honig
  • Isoglucose
  • Invertzucker
  • Kokosblütenzucker
  • Lactose
  • Maltose/Malzextrakt
  • Maltodextrin/Weizendextrin
  • Monosaccharide
  • Raffinade/Raffinose
  • Saccharose
  • Stärkesirup
  • Traubenfruchtsüße

Macht Zucker süchtig? Manche machen sich nichts aus Zucker, für andere ist ein Leben ohne kaum vorstellbar. Auch unter den Menschen mit Diabetes unterscheiden sich die Vorlieben. Fakt ist, dass Zucker ein suchtähnliches Verhalten hervorrufen kann. Dabei besteht ein ständiges Verlangen nach süßen Lebensmitteln und der Genuss lässt sich nur schwer im Zaum halten. Meistens werden die Mengen sukzessive erhöht, ob bewusst oder unbewusst. Und das, obwohl jeder Mensch um die Risiken weiß.

Die Ursachen sind vielfältig. So kann der Genuss von Süßem mit positiven Erlebnissen, zum Beispiel aus der Kindheit, verbunden sein. Das wohlige Gefühl beim Verzehr setzt Reaktionen im Gehirn in Gang, die den Glücks-Botenstoff Dopamin ausschütten. Vergleichbare Effekte zeigen sich beim Konsum von Drogen oder Alkohol. Da dieser berauschende Zustand nur relativ kurz anhält, muss zügig für Nachschub gesorgt werden.

Ein Dilemma, das ausweglos erscheint. In Tierversuchen zeigte sich, dass regelmäßig reichlicher Zuckerkonsum zu dauerhaften Veränderungen im Gehirn führen kann – mit der Folge, ein langanhaltendes Verlangen nach Zucker zu bekommen. Vermutet wird, dass dies auch bei Menschen der Fall sein kann, insbesondere bei Personen mit Prädiabetes und/oder einer Insulinresistenz.

Was verbirgt sich hinter Begriffen wie zuckerfrei und Co?

Dazu ist in der EU Folgendes festgelegt:

+ Reduzierter Zuckeranteil: Produkte mit diesem Hinweis müssen mindestens 30 Prozent weniger Zucker enthalten als vergleichbare Lebensmittel.
+ Ohne Zuckerzusatz bedeutet nicht, dass es sich hierbei um Lebensmittel ohne Zucker handelt. Denn statt Zucker können Alternativen wie Trockenfrüchte oder Süßmolkenpulver zum Einsatz kommen. Auch sie beeinflussen den Blutzucker direkt.
+ Ohne Süßungsmittel heißt, dass weder kalorienfreie Süßstoffe noch Zuckeraustauschstoffe wie Erythrit oder Xylit im Produkt enthalten sind. Hier gilt es, unbedingt auf die Zutatenliste und Nährwertanalyse zu schauen, denn Zucker, Honig und Co. können enthalten sein.
+ Light: Lebensmittel, die diesen Hinweis tragen, müssen mindestens 30 Prozent weniger Energie enthalten als vergleichbare Lebensmittel. Die Kalorien können aber auch beim Fett eingespart werden, über den Zuckergehalt sagt die Angabe nichts aus.
+ Zuckerarm: Feste Lebensmittel dürfen maximal 5 g Zucker/100 g und flüssige 2,5 g/100 ml enthalten.
+ Zuckerfrei: Erlaubt ist der Hinweis, wenn das Produkt weniger als 0,5 g Zucker/100 g oder 100 ml enthält.
+ „Weniger süß“: Eine Auslobung, die nicht genau festgelegt ist. Deshalb sagt dies gar nichts darüber aus, ob und welche Zucker im Produkt enthalten sind. Unbedingt die Zutatenliste und Nährwertanalyse beachten.

Wege aus der Zuckersucht Den überhöhten Zuckerkonsum wieder einzufangen ist zunächst einmal schwierig. Denn einerseits kann durch eine Dysbalance zwischen Insulinausschüttung und dem Konsum kohlenhydratreicher Lebensmittel, allen voran Zucker und Co., der ständige Drang nach mehr Süßem bestehen. Andererseits ist der Mensch ein Gewohnheitstier. Verhaltensmuster, vor allem angenehme, dauerhaft zu verändern, kostet einiges an Disziplin. Motivieren Sie Ihre (Prä-)Diabetes-Kunden, es trotzdem zu versuchen und am Ball zu bleiben.

Zunächst einmal erklären Sie, dass sie nicht gänzlich auf Zucker verzichten müssen. Wer täglich Süßes isst, sollte den Konsum zum Beispiel auf ein bis zwei Portionen reduzieren. Zum Beispiel etwas Konfitüre auf dem (Vollkorn-)Brot und ein Stück Schokolade oder ein kleines Stück Kuchen. Gleichzeitig empfiehlt es sich, besonders ballaststoffreich zu essen – also mit viel frischem Gemüse, Salat und Frischobst (wenig Trauben und Bananen), Hülsenfrüchten und Vollkorngetreideprodukten.

Empfehlenswert sind auch Haferkleie oder Pektin. Ballaststoffe sorgen dafür, dass gegessene Kohlenhydrate langsamer ans Blut abgegeben werden, was zu einem gemäßigteren Blutzuckerverlauf und weniger Heißhunger beiträgt. Ferner sättigen sie bedeutend besser als Süßes und Weißmehlprodukte, so dass die Umstellung leichter fällt. Ein weiterer lohnender Faktor im Kampf gegen unbändigen Zuckerkonsum ist regelmäßige Bewegung. Ist Ihr Kunde ein Bewegungsmuffel, schlagen Sie vor mit täglichen, kleinen Spaziergängen von zehn Minuten zu starten. Denn Bewegung setzt auf Dauer auch Glückshormone frei und trägt aktiv dazu bei, den Blutzucker zu verbessern.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 05/2022 ab Seite 26.

Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin

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