Rotweinflaschen in einem Weinkeller© Aleksandr_Vorobev / iStock / Getty Images Plus
Auch wer keinen eigenen Weinkeller hat, kann Wein zu idealen Bedingungen lagern. So geht’s.

Optimale Bedingungen

WEIN RICHTIG LAGERN – LIEBER UNTERM BETT ALS AUF DEM FENSTERBRETT

Warum selbst teure Weine im Alltag schnell ihren Zauber verlieren – und wie man sie mit einfachen Tricks vor Hitze, Licht und Schimmel schĂŒtzt.

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Es passiert immer wieder: Man macht bei einer Weinverkostung mit, verliebt sich in einen edlen Tropfen – und gibt dafĂŒr schon mal mehr aus als geplant. Und wenn man die Flasche dann spĂ€ter daheim öffnet, schmeckt sie irgendwie anders. Das kann natĂŒrlich an der berĂŒhmten verĂ€nderten Umgebung und AtmosphĂ€re liegen – aber auch daran, wie man Wein lagert.

„Leute geben manchmal viel Geld aus fĂŒr Wein, lagern aber die Flasche nicht richtig“, sagt Katrin Puff vom Weingut Kloster Eberbach. Die Leiterin der Kellerwirtschaft hat in ihrem Weinkeller in der hessischen Weinstadt Eltville natĂŒrlich 1-a-Bedingungen. Aber an ihrer Beobachtung ist etwas dran – denn viele unterschĂ€tzen, wie wichtig es ist, Wein richtig zu lagern.

Die richtige Temperatur – ohne Sonne und Vibrationen

Das so ziemlich Grauenhafteste, was man einem Wein antun kann, ist ein Standort auf dem Fensterbrett. Das mag zwar reprĂ€sentativ aussehen. Aber: „Wein liebt die Dunkelheit. UV-Strahlen können unerwĂŒnschte Reaktionen im Wein hervorrufen, die den Geschmack des Weines negativ beeinflussen. Das gilt insbesondere fĂŒr Weißweine in hellen Flaschen“, sagt Steven Buttlar, Sprecher der Sommelier-Union.

Doch nicht nur das Licht ist ein wichtiger Faktor, wenn man Wein lagern will, sondern auch die Temperatur: „Ideal sind 12 bis 16 Grad“, so Buttlar.

Was fĂŒr ihn allerdings noch wichtiger ist als die absolute Temperatur, ist die Konstanz. „Hohe Schwankungen wirken sich negativ auf den Wein aus. Die Geschwindigkeit des Reifeprozesses erhöht sich bei höheren Temperaturen – wertvolle Aromen bleiben auf der Strecke, stabilisierende SĂ€uren werden vorzeitig abgebaut und dem Wein geht schneller die Luft aus“, erklĂ€rt der Weinexperte. Wer Wein richtig lagern möchte, muss also fĂŒr gleichmĂ€ĂŸige Bedingungen sorgen.

Deshalb sind fĂŒr Patrick Jacklin vom Weingut Heitlinger im Kraichgau auch Lagerorte wie Dachböden, GartenhĂ€user oder Garagen völlig ungeeignet, „da hier die Temperaturen viel zu stark schwanken und der Wein Schaden nehmen könnte“.

Gleiches gelte fĂŒr die Lagerung unter oder neben einer Heizung oder oben im Kleiderschrank – alles Orte, an denen man besser keinen Wein lagert.

Steven Buttlar weist auf einen weiteren Aspekt hin, der „Gift“ fĂŒr den Wein ist: ErschĂŒtterungen. „Vibrationsfreie Lagerorte – abseits von Waschmaschinen, Heizungen oder Lautsprechern – sind wichtig fĂŒr die optimale Weinlagerung. Besonders gereifte Burgunder, alte Rieslinge oder gereifter Champagner reagieren empfindlich auf ErschĂŒtterungen jeglicher Art“, erklĂ€rt Buttlar.

Luftfeuchtigkeit und UmgebungsgerĂŒche

Er erinnert auch daran, dass es im Volksmund gerne heißt: „der Wein atmet“. In der Tat findet auch ein leichter Luftaustausch durch den Kork statt. „Er kann dabei auch besonders penetrante UmgebungsgerĂŒche aufnehmen. Deshalb sollten Farben, Lösungsmittel, Benzin oder aggressive Reinigungsmittel im Weinlagerungsraum möglichst vermieden werden.“

Nicht außer Acht lassen sollte man zudem die Luftfeuchtigkeit: Ist sie zu niedrig, können Naturkorken mit der Zeit austrocknen. Buttlar erklĂ€rt:

„Dann dringt Luft in die Flasche ein und der Wein oxidiert. Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit droht wiederum Schimmel an Etiketten und Kapseln“.

Um beide Extreme zu vermeiden, wĂ€re eine konstante Luftfeuchtigkeit von 65 Prozent wĂŒnschenswert – ein Faktor, der beim Wein lagern oft vergessen wird. Um also eine konstant kĂŒhle Lagerung mit 65-prozentiger Luftfeuchte und ohne UV-Strahlung zu gewĂ€hrleisten, kommen fĂŒr das Lagern heimischer Weine eigentlich nur KellerrĂ€ume oder WeinklimaschrĂ€nke infrage.

„Falls man beides nicht zu Hause hat, ist ein unbeheizter, fensterloser Raum, zum Beispiel ein kĂŒhler Hauswirtschaftsraum, gut fĂŒr die Weinlagerung geeignet“, schlĂ€gt Buttlar ersatzweise vor.

Zur Not auch im Schlafzimmer unter dem Bett lagern

Doch auch solche RÀume sind in Deutschlands Heimen eher rar. Der Experte rÀt:

„Bei kleineren Wohnungen kann man seine hochwertigeren Weine zur Not auch vorĂŒbergehend im Vorratsschrank oder unter dem Bett lagern“.

Wer ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum Wein lagern möchte, sollte ĂŒber eine professionelle Weinlagerung nachdenken.
„Am besten in einem Weinkeller mit konstantem Klima. So etwas bieten mittlerweile ‚Storage‘-Unternehmen in vielen StĂ€dten an“, sagt Steven Buttlar. Oder wie wĂ€r's mit einem WeinkĂŒhlschrank? „Die gibt es heute fĂŒr fast jedes Budget – vor allem bei gebrauchten kann man ein echtes SchnĂ€ppchen machen“, sagt Patrick Jacklin.

Wer also zu Hause keinen Platz hat, um Wein zu lagern, findet hier eine praktische Alternative zur klassischen Weinlagerung. Jacklin ist auch Mitglied in einer Winebank. „Das ist ein Private Members' Club, der Weinlagerung und Weinclub vereint. Das Konzept gibt es heute in vielen InnenstĂ€dten und ist ideal fĂŒr alle, die gerne Wein lagern, aber selbst keinen Platz haben.“

Er hat außerdem noch einen Trick auf Lager, wenn man Wein besonders lange lagern möchte – etwa fĂŒr einen runden Geburtstag mit Jahrgangswein:

„Wenn man da das Etikett ĂŒber Jahrzehnte perfekt erhalten möchte, bietet es sich an, die Flasche in Frischhaltefolie einzurollen.“

Wein ewig lagern? Lieber zu jung als ungenießbar

Patrick Jacklin hat beobachtet, dass viele dazu neigen, bei hochwertigen Weinen immer auf DEN richtigen Moment zu warten, um sie zu öffnen.

„Ich finde, man sollte nicht zu lange auf den richtigen Anlass warten. Wenn der Wein gut genug ist, ist das Öffnen der Flasche Anlass genug. Lieber einen Wein zu jung trinken, als dass er nicht mehr zu genießen ist“,

rĂ€t der Winzer – denn auch beim Lagern von Wein gilt: zu viel des Guten kann schaden.

Quelle: dpa

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