Impfstoffe
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Dank der Schutzimpfungen haben Infektionskrankheiten wie Diphtherie, Tetanus, Pocken, Tollwut, Keuchhusten oder Kinderlähmung ihren Schrecken verloren. Das ist keine Zauberei, sondern eine Herausforderung für unser Immunsystem.

18 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. März 2020

Einige Begriffe Um Klarheit zu schaffen, sollen einige häufig verwendete Begriffe eindeutig definiert werden: Erreger können Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen oder Würmer sein. Zu den bakteriellen Erkrankungen gehören beispielweise die Lungenentzündung, die Tuberkulose (TBC), die Lyme-Borreliose, Cholera oder Pest. Viren verursachen die „klassische“ Influenza, den harmlosen Schnupfen oder auch Hepatitis A, AIDS, FSME oder Lippen-​Herpes. Candidose, Fuß-, Hautund Nagelmykosen werden von Pilzen ausgelöst. Protozoen-Infektionen führen zur Malaria, zur Toxoplasmose oder auch zur Tropischen Schlafkrankheit, während die Bilharziose zu den Wurmerkrankungen gehört. Unter einer Infektion wird das Eindringen von Krankheitserregern in den menschlichen und tierischen Organismus sowie deren Vermehrung verstanden. Es bedeutet nicht zwangsläufig, dass man auch erkrankt.

In einem Wirtsorganismus vermehrt sich der Krankheitserreger, ohne ihn wäre seine Vervielfältigung nicht möglich. Auf direktem Infektionsweg werden die Erreger von Lebewesen zu Lebewesen zum Beispiel durch Tröpfcheninfektion übertragen. Beim indirekten Infektionsweg erfolgt die Infektion über Gegenstände, beispielsweise durch Schmierinfektion. Die Inkubationszeit ist die Zeit zwischen der Übertragung des Erregers und dem Auftreten der ersten Symptome. Oftmals ist der Betroffenen bereits infektiös, das heißt ansteckend, obwohl er von der Erkrankung noch nichts bemerkt. Die Virulenz oder Infektiosität eines Erregers drückt das Maß der Schädlichkeit für den Wirtsorganismus aus. Kontagiosität ist das Maß für die Übertragungsfähigkeit eines Krankheitserregers, gibt also an, wie oft der Erreger bei Kontakt mit diesem übertragen wird. Die Resistenz beschreibt die Widerstandsfähigkeit des Erregers gegen ein Antiinfektivum. Antiinfektiva sind Arzneimittel, die gegen Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Immun ist der Organismus gegenüber einem Erreger, wenn er diesen ohne pathologische Reaktion unschädlich machen kann. Immunität kann lebenslang bestehen bleiben, angeboren oder erworben, also adaptiv sein. Der Antikörpertiter wird im Labor aus dem Blut bestimmt und entspricht der Antikörperkonzentration, die nach durchlaufener Infektion oder aufgrund einer Impfung vorliegt.

WICHTIGES ZU IMMUNGLOBULINEN
IgG (Immunglobulin G)
+stellt circa 80 Prozent der gesamten Immunglobuline dar
+ ist der Prototyp
+ ist membrangängig
+ ist als einziges Immunglobulin plazentagängig (sog. Nestschutz)
+zirkuliert im Plasma und ist in Körpersekreten vorhanden
+markiert und neutralisiert Antigene
+aktiviert das Komplementsystem
+gilt als Sekundärantwort

IgM (Immunglobulin M)
+stellt circa 6 Prozent der gesamten Immunglobuline dar
+gilt als Sofort-Antikörper, da IgM nach frischer Infektion als erster Antikörper im Blut erscheint +neutralisiert Antigenen
+aktiviert das Komplementsystem
+ fungiert membranständig auf B-Lymphozyten als Antigen- Rezeptor

IgA (Immunglobulin A)
+stellt circa 10 Prozent der gesamten Immunglobuline dar
+ ist in Speichel, Muttermilch, Intestinalsekreten und Urogenitalsekreten vorhanden
+wehrt Erreger auf den Oberflächen von Schleimhäuten ab
+verhindert das Anheften von Bakterien
+ liegt als Dimer vor, das vier Bindungsstellen für Antigene besitzt

IgD (Immunglobulin D)
+ fungiert bei ruhenden B-Lymphozyten als Rezeptor für Antigene
+ ist notwendig für die Differenzierung von B-Lymphozyten in Plasma- und Gedächtniszellen

IgE (Immunglobulin E) 
+befindet sich auf Zellmembranen von Mastzellen, eosinophilen Granulozyten und basophilen Granulozyten
+bewirkt nach Bindung von passendem Antigen die Ausschüttung von Mediatorsubstanzen (z.B. Histamin)
+Konzentration erhöht sich bei Wurm- und Parasitenbefall

Ein internationaler Impfausweis ist wichtig. Er dient nicht nur dem Nachweis der durchgeführten Impfungen, sondern verhindert auch, dass schon vorhandene Impfungen erneut vorgenommen werden.

Infektion, Allergie und Aktivimmunisierung Bei einer Infektion erkennt der Organismus körperfremde Strukturen eines Krankheitserregers beziehungsweise dessen Toxins als Antigen. Gegen diese Antigene werden spezifische Abwehrstoffe, die sogenannten Antikörper (AK) gebildet, die daraufhin im Blut- und Lymphgefäßsystem zirkulieren. Treffen sie auf einen Eindringling, so werden nach dem Schlüssel-​Schloss-Prinzip Antigen-Antikörper- Komplexe gebildet. Dieser Mechanismus ähnelt dem Ablauf einer allergischen Reaktion. In diesem Fall wird der Fremdstoff unschädlich gemacht und eliminiert. Solche Abwehrreaktionen laufen in unserem Körper permanent, ständig und unbemerkt ab. Mitunter werden sogenannte Gedächtniszellen gebildet und der Organismus ist gegenüber diesem Erreger immun. Bei einer Allergie kommt es zu einem Ausnahmezustand im Organismus, für den die übermäßige Ausschüttung von Histamin, einem Gewebshormon, verantwortlich ist. Zu den Details: Beim Erstkontakt mit einem Allergen (Antigen) wird dies von unserem Immunsystem als körperfremd erkannt. Daraufhin bildet unser Körper gegen diese Antigene spezifische Abwehrstoffe, die Antikörper. Dieser Vorgang läuft symptomlos ab und wird als Sensibilisierung bezeichnet. Kommt es dann zu einem Zweitkontakt mit diesem Antigen, sind die entsprechenden Antikörper bereits vorhanden. In einer sofortigen Antigen-​Antikörper-Reaktion wird die übermäßige Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen ausgelöst. Histamin reagiert mit seinen Histamin-Rezeptoren, die sich ubiquitär im Organismus befinden, woraufhin die typischen Allergiesymptome ausgelöst werden.

Die aktive Immunisierung ist eine vorbeugende Maßnahme gegen Infektionskrankheiten, bei der es durch gezielte Zufuhr von unschädlich gemachten Erregern (Antigenen), deren Bestandteilen oder Toxoide zur spezifischen Aktivierung des Immunsystems kommt. Die Bildung von spezifischen Antikörpern sowie Gedächtniszellen wird angeregt, ohne selbst die Infektionskrankheit durchzumachen. Ziel ist es so, Menschen vor diversen übertragbaren Krankheiten effektiv zu schützen. Nach diesem Muster werden auch aktuell für die moderne Krebsimmuntherapie sogenannte Krebsimpfstoffe entwickelt.

Lebendimpfstoff Ein Lebendimpfstoff enthält sehr geringe Mengen an abgeschwächten, aber noch vermehrungsfähigen Erregern. Diese attenuierten Erreger sind apathogen, das bedeutet, sie sind nicht krankmachend und avirulent, das heißt nicht ansteckend. Der Impfschutz ist bereits nach einmaliger Impfung vorhanden, die zweite Impfung dient nicht der Auffrischung, sondern soll vereinzelte Impfversager erreichen. Mögliche Applikationswege sind neben der Spritzimpfung als Injektion, die in der Regel intramuskulär erfolgt, auch eine Schluckimpfung (oral) oder eine nasale Applikation. Nach Empfehlung der STIKO werden Lebendimpfstoffe ab dem zwölften Lebensmonat und nur in besonderen Ausnahmefällen ab dem Alter von neun Monaten geimpft. Noch früher ist eine Lebendimpfung nicht zweckmäßig, da maternale (von der Mutter übertragene) Antikörper die abgeschwächten Erreger neutralisieren können. Die zeitgleiche Kombination mehrerer Lebendimpfstoffe ist möglich, ansonsten muss bei Einzelverabreichung ein Abstand von mindesten vier Wochen eingehalten werden. Eine gleichzeitige Verabreichung von Lebendimpfstoffen mit Totimpfstoffen ist ebenso möglich. Die Impfstoffe gegen Gelbfieber, Masern, Röteln, Typhus (oral) und Varizellen gehören zu den Lebendimpfstoffen.

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