Eine Frau in weißem Hemd und Pailettenrock schaut konsterniert. Sie hält einen Monatskalender in der Hand, auf dem einige Tage rot markiert sind, andere mit einem Herzen.© Deagreez/iStock/Getty Images Plus
Der Zyklus taktet nicht nur den Monat einer Frau, sondern auch ihr Herz.

Hormonrezeptoren

WAS DIE MENSTRUATION MIT DEN HERZEN VON FRAUEN MACHT

Die Menstruation beeinflusst nicht nur die Stimmung – sondern auch das Herz. Forschende zeigen, wie sich hormonelle Schwankungen im Zyklus auf den Herzschlag auswirken. Warum wir das in der Arzneimitteltherapie berücksichtigen sollten.

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Zwei Milliarden Menschen weltweit haben jeden Monat ihre Menstruation. Die hormonellen Schwankungen durch die Periode wirken sich auf den ganzen Körper aus. Trotzdem erforscht die Medizin vor allem Männer. Das ist eine Gefahr für die Gesundheit von Frauen, wie wir bereits wissen. So können zum Beispiel einige Arzneimittel zyklusabhängig Nebenwirkungen auslösen oder schwächer wirken.

„In der Vergangenheit hat sich die medizinische Forschung hauptsächlich auf die männliche Physiologie konzentriert. Dies hat zu kritischen Lücken in unserem Verständnis frauenspezifischer Faktoren geführt, zum Beispiel wie sich der Menstruationszyklus auf Diagnose und Behandlung auswirken kann“, sagt auch Julia Sacher, Professorin für Kognitive Neuroendokrinologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Forschende unter ihrer Leitung haben jetzt untersucht, wie Menstruation, Herz und Gehirn zusammenhängen.

Während der Menstruation schlägt das Herz anders

Der Herzschlag einer Frau verändert sich während ihres Monatszyklus. Verantwortlich sind vor allem die Sexualhormone Östrogen und Progesteron. Sie modulieren verschiedene Komponenten der Herz-Hirn-Gebärmutter-Achse. Konkret heißt das: Das Herz schlägt während der Lutealphase durchschnittlich 2,33-mal öfter pro Minute als während der Follikelphase.

Das Herz schlägt während der Lutealphase durchschnittlich 2,33-mal öfter pro Minute als während der Follikelphase.

So beeinflussen Östrogen und Progesteron das Herz

Wie genau beeinflusst die Menstruation denn nun das Herz? Hier kommen mehrere Signalwege zusammen.

  • Herzzellen haben Rezeptor für Östrogen und Progesteron. So können die Hormone die Herzfunktion direkt beeinflussen.
  • Die autonome Kontrolle des Gehirns über das Herz schwankt im Menstruations-Zyklus. Denn auch die entsprechenden Hirnregionen besitzen Rezeptoren für die beiden Sexualhormone.
  • Allopregnanolon ist ein Progesteron-Metabolit, der Nervenzellen beeinflusst. Er moduliert GABAA-Rezeptoren (γ-Aminobuttersäure). GABA wiederum beeinflusst den sinoatrialen Knoten, also den Schrittmacher des Herzens. (Außerdem wirkt GABA sich auf die Stimmung aus!)
  • Östrogen wiederum hat entgegengesetzte Eigenschaften, denn es verstärkt die Cholin-Aufnahme und Acetylcholin-Synthese. Acetylcholin ist ein Neurotransmitter im parasympathischen Nervensystem und beruhigt das Herz.

Das heißt, während der Menstruation unterliegt das Herz hormonellen, neuronalen und autonomen Einflüssen. Die Physiologie von Frauenherzen ist somit nicht statisch, sie schwankt in hormonellen Rhythmen.

Hormonschwankungen während der Menstruation
An Tag 1 des Zyklus, bei Einsetzen der Menstruations-Blutung, sind der Östrogen- und der Progesteronspiegel niedrig. Der Östrogenspiegel steigt und erreicht sein Maximum kurz vor dem Eisprung, dann fällt er wieder ab. Der Progesteronspiegel ist in der zweiten Zyklushälfte am höchsten.

Menstruation mitdenken, wenn es um das Herz geht

Die Studie erklärt nicht nur ein Phänomen. Der Zusammenhang von Menstruation und Herz sollte künftig auch im medizinischen Alltag bedacht werden. Die Erstautorin der Studie, Jellina Prinsen, betont: „Man muss zum Beispiel bedenken, dass diese physiologischen Schwankungen in der Herzfrequenz einer Frau nicht nur einen erheblichen Einfluss auf ihr Stressniveau oder ihre Stimmung haben können, sondern auch auf die langfristige Gesundheit von Herz und Gehirn.“

Das heißt: Die Schwankung durch die Menstruation sollten mitbedacht werden, wenn Frauen Beschwerden am Herzen haben. So könnten Frauen schneller eine Diagnose und Hilfe erhalten. Zum Beispiel bei einer Herzrhythmusstörung, die bei Frauen häufiger auftritt.

Schon jetzt wissen wir: Die Dosierung von Medikamenten sollte an das Geschlecht angepasst werden. Betablocker wie Metoprolol und Bisoprolol etwa verstoffwechseln Frauen um bis zu 40 Prozent langsamer, weshalb sie häufiger oder schwerere Nebenwirkungen erfahren. Sie benötigen eine geringere Dosierung als Männer. In Zukunft sollte bei der Verordnung von Medikamenten für das Herz also auch die Menstruation mitbedacht werden.

Prinsen hofft:

„Letztlich werden diese Erkenntnisse den Weg für eine personalisierte Medizin ebnen, die sich an den natürlichen hormonellen Rhythmus der Frau anpasst.“

Quellen:
https://idw-online.de/de/news848569
Jellina Prinsen, Arno Villringer,  Julia Sacher: “The monthly rhythm of the brain-heart connection“, Science Advances, 5. März 2025. https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adt1243
https://journalmedizin.de/herz-kreislauf/herzmedikamente-bei-frauen-aufgepasst/

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