Ein Mann mit grauen Haaren sitzt auf dem Sofa und misst seinen Blutdruck mit einem Gerät mit Oberarmmanschette.© Miljan Živković/iStock/Getty Images Plus
Ein Drittel der Betroffenen weiß nicht, dass es Bluthochdruck hat. Regelmäßiges Messen bei ersten Anzeichen schafft Klarheit.

Welthypertonietag

BLUTHOCHDRUCK ERKENNEN UND BEHANDELN: SO GEFÄHRLICH IST DER „SILENT KILLER“

Viele Betroffene wissen nicht, dass sie Bluthochdruck haben – bis es gefährlich wird. Welche Symptome bei Bluthochdruck auftreten können, welche Ursachen dahinterstecken und warum die konsequente Behandlung so wichtig ist, erfahren Sie hier.

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Wer Bluthochdruck hat, ist damit nicht allein. Bis zu 30 Millionen Menschen leiden nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga hierzulande darunter. Das Tückische: Viele wissen gar nichts von ihrer Erkrankung, die deshalb als „Silent Killer“, also „Stiller Mörder“, bezeichnet wird.

Bluthochdruck kann zu schlimmen Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen führen. Deshalb wird zum Welthypertonietag  am 17. Mai jährlich über die Volkskrankheit aufgeklärt. Wenn die Diagnose einmal gestellt ist, ähneln sich bei Patienten die Fragen: Bleibt das für immer? Wie kann das wieder weggehen?

Ab welchen Werten sprechen wir von Bluthochdruck?

Keine internistische Erkrankung gebe es in Deutschland häufiger als die arterielle Hypertonie, also Bluthochdruck, erklärt Anne Fleck, Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie.
Das Krankheitsbild liegt nach Angaben der European Society of Hypertension vor, wenn systolische Werte 140 mmHg und/oder diastolische Werte 90 mmHg überschreiten.

  • Der erste, systolische Wert bezieht sich auf den Druck in den Arterien, wenn das Blut aus dem Herzen gepumpt wird – ideal sind etwa 120 mmHg. Die in der Regel dreistellige Zahl wird auch oberer Wert genannt, weil sie bei digitalen Blutdruckgeräten auf der Anzeige oben steht.  
  • Der diastolische Wert, also der untere Wert, misst den Druck in der Entspannungsphase, wenn das Blut wieder zurück ins Herz fließt. Ziel sind hier etwa 80 mmHg. Zum ersten Wert stellt Markus van der Giet, Vorsitzender der Deutschen Hochdruckliga, fest: „98 Prozent der Patienten kämpfen damit.“

Bluthochdruck kann auch in einer Kombination von systolischer und diastolischer Hypertonie und anderen Formen auftreten. Martin Middeke, Professor für Innere Medizin und ehemaliger Leiter des Hypertoniezentrums München, hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Krankheit zu schreiben. Sein neuestes Werk „Die Altersformel“ erscheint am 1. Juni und thematisiert den Zusammenhang zwischen guter Durchblutung und der Gesundheit.

Allgemein gilt bei Bluthochdruck: Wer nichts dagegen unternimmt, steigert das Risiko für weitere Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Das können Herzinfarkt oder Schlaganfall sein.

Ursachen für Bluthochdruck: Veranlagung, Alter und Lebensstil

Warum entsteht Bluthochdruck überhaupt? Wenn das System ins Ungleichgewicht gerät und der Körper seine Funktionen erhalten will, entsteht Bluthochdruck. Das kann der normale Alterungsprozess sein, wie Bluthochdruckexperte van der Giet erklärt:

„Bei jedem steigt im Laufe des Lebens der Blutdruck an.“

Dabei geht es um die Versteifung der Gefäße. Beim Blutdruck spielt aber auch das Geschlecht (Männer sind häufiger betroffen) eine Rolle.

Häufig besteht auch eine genetische Veranlagung, wenn ein Elternteil oder beide Eltern Bluthochdruck haben, sagt Experte Middeke. Das beginne im jungen und mittleren Erwachsenenalter, meist mit einem Anstieg des diastolischen Blutdruckes, also des unteren Werts. Gründe hierfür können Gewichtszunahme, mangelnde körperliche Aktivität oder chronischer Stress sein. 

Daneben gibt es für Bluthochdruck weitere Faktoren, wie:

  • Insulinresistenz
  • Hoher Alkohol- und Nikotinkonsum
  • Eine zu salzreiche oder kaliumarme Ernährung.
  • Auch Infektionskrankheiten wie Virusinfektionen (Covid-19) oder chronische Borreliose-Erkrankungen, mit denen der Körper kämpft, können für Bluthochdruck oder starke Schwankungen des Blutdrucks sorgen.

Die Funktion der Niere ist besonders entscheidend – funktioniert sie nicht richtig, steigt der Druck, ähnlich wie bei einer verstopften Espressomaschine, so Experte van der Giet.

Formen von Bluthochdruck

Es wird zwischen primärer und sekundärer Hypertonie unterschieden. Etwa 90 Prozent der Betroffenen haben die primäre Form – also Bluthochdruck als eigenständige Erkrankung.
Bei der sekundären Hypertonie ist Bluthochdruck eine Folge anderer Erkrankungen:

  • Eine mangelhaften Durchblutung der Niere
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Entzündlich-rheumatische Krankheiten an den Gefäßen, neurologische oder psychogene Ursachen bei etwa starken Schmerzen.  

„Silent Killer“: Was, wenn der Bluthochdruck keine Symptome auslöst?

Nicht immer lässt sich Bluthochdruck sofort erkennen. Van der Giet schätzt, dass ein Drittel der Betroffenen gar nichts von ihrer Erkrankung weiß. Für Fleck ist das das Tückische. Denn Beschwerden können lange Zeit fehlen oder fehlgedeutet werden.

Als typische Symptome nennt die Fachärztin:

  • frühmorgendliche Kopfschmerzen im Hinterkopfbereich
  • generell Kopfschmerzen im Nacken
  • Ohrensause
  • Schwindel
  • starke Nervosität
  • Nasenbluten
  • Luftknappheit bei Belastung

Wer nachts Bluthochdruck hat, kann unter Schlafstörungen leiden oder öfter aufwachen. „Viel zu selten wird bei Schlafstörungen an eine konsequente kurze Blutdruckmessung gedacht“, warnt Fleck.

Behandlung von Bluthochdruck

Die Behandlung von Bluthochdruck sollte möglichst früh beginnen. Entscheidend sind Lebensstiländerungen:

  • ausgewogene Ernährung
  • Ausgleich von Nährstoffmängeln (Calcium, Kalium, Magnesium)
  • regelmäßige Bewegung/Ausdauertraining

Laut Fachärztin Anne Fleck können sich allein durch diese Maßnahmen ein Viertel aller Grad-1-Fälle normalisieren.
Grad 1 besteht nach Angaben der Bundesärztekammer bei systolischen Werten zwischen 140 und 159 systolisch und/oder diastolischen Werten zwischen 90 und 99 mmHg.
Eine medikamentöse Therapie bleibt jedoch häufig unerlässlich – insbesondere bei genetisch bedingtem oder altersabhängigem Bluthochdruck. Wer an sekundärer Hypertonie leidet – also Bluthochdruck als Begleiterscheinung einer Krankheit – hat einen Vorteil. Van der Giet, der das Hypertoniezentrum an der Berliner Charité leitet, erklärt:

„Wenn man die Krankheit erkennt, kann man sie in der Regel behandeln, sodass eigentlich danach das Blutdruckproblem gelöst sein sollte.“

Eine Spezialform können dabei Folgen einer Corona-Erkrankung sein. Die Omikron-Varianten des Virus bringen nach seinen Worten die „Blutdruckregulation durcheinander“.

Warum eine konsequente Behandlung so wichtig ist

Viele Menschen merken lange nichts von ihrem Bluthochdruck – oder fühlen sich unter hohem Blutdruck sogar leistungsfähiger.
Ihnen müsse er dann erklären, dass eine Regulation, etwa mittels Tabletten, trotzdem wichtig sei. Van der Giet fragt dann provokant:

„Wollen Sie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bekommen?“

Weil das keiner will, lautet sein dringender Appell: „Stellen Sie Ihren Blutdruck ein.“ Auch Martin Middeke betont:

„Die dauerhafte Behandlung von Bluthochdruck ist die effektivste Maßnahme zur Vorbeugung schwerer Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

Quelle: dpa

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