Mann sitze am Strand und blickt auf den Sonnenuntergang© Frank Buchter / iStock / Getty Images Plus
Viele Menschen ereilt Ende August, Anfang September ein Stimmungstief, die sogenannte "End of Summer Sadness"

Stimmungsschwankungen

END OF SUMMER SADNESS ERKENNEN UND LINDERN – TIPPS VOM PSYCHOLOGEN

Die „End of Summer Sadness“ trifft viele Menschen zum SpĂ€tsommer – und ist ganz normal. Ein Psychologe erklĂ€rt die Ursachen hinter den Stimmungsschwankungen im Herbst und gibt konkrete Tipps gegen den Herbstblues.

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Der Himmel trĂŒb, die Ferien vorbei – und sowieso geht die Sonne demnĂ€chst wieder vor acht Uhr abends unter. Kein Wunder, dass auch die Laune bei vielen Menschen Ende August, Anfang September sinkt. End of Summer Sadness heißt dieses GefĂŒhl oft bei Instagram und Tiktok, wo viele nochmal ein paar Sommer-Highlights posten oder gedankenvoll aufs Meer blicken. Mit schönen Erinnerungen vermischt sich vielleicht auch der Gedanke, den Sommer nicht „richtig“ ausgenutzt zu haben – dass man nicht öfter zum See gegangen oder nicht weggefahren ist. Daraus kann sich schnell ein GefĂŒhl entwickeln, das typisch fĂŒr eine saisonale Depression oder leichte Stimmungsschwankungen im Herbst ist.

Es ist „eine Mischung aus Dankbarkeit und VerlustgefĂŒhl – der Sommer hat leise die Koffer gepackt“, und es ist ganz normal, sagt Dirk Stemper, Psychologe und Psychotherapeut in Berlin: Es „signalisiert einen Rhythmuswechsel – keine Störung, sondern einen Übergang“. Er erklĂ€rt, warum das so ist – und er hat Tipps gegen Herbstblues, wie wir diesen Übergang gut gestalten:

Warum die End of Summer Sadness ganz normal ist

Neurobiologisch: Weniger Tageslicht verschiebt die innere Uhr – Hautzeitgeber des Gehirns im suprachiasmatischen Nukleus (SCN) – und beeinflusst Serotonin- und Dopamin-Systeme. Stimmung, Antrieb und Schlaf geraten leichter aus dem Takt. Das ist auch ein Mechanismus hinter der saisonalen Depression. Aktuelle wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass menschliche Rhythmen weiterhin auf Jahreszeiten reagieren – trotz Kunstlicht und BĂŒroalltag.

Psychologisch: Das Sommerende markiert einen Rahmen- und Rhythmuswechsel: Freiheit, Außenkontakte, LichtfĂŒlle – all das geht zurĂŒck. Die Psyche bewertet den Übergang mit Wehmut – ein typisches Merkmal der End of Summer Sadness. Viele erleben dann Stimmungsschwankungen im Herbst, die sich körperlich und emotional zeigen können.

GefĂŒhle zulassen statt verdrĂ€ngen – ein wichtiger Tipp gegen Herbstblues

WegdrĂŒcken verstĂ€rkt Rebound-Stress. Sinnvoller ist es, die Wehmut zuzulassen. Sie gehört zum Jahreszeitenwechsel in unseren Breiten – darum gibt es auch so viele Volkslieder und Gedichte, die den Abschied vom Sommer, mit seinem Licht und seiner WĂ€rme, und die Wehmut vor dem lichtlosen, kalten Winter, mit kurzen Tagen und beengtem Leben beschreiben.

Was dort außerdem mitschwingt, ist die Umdeutung der BetrĂŒbnis ĂŒber die erinnerte Sommerseligkeit in eine ĂŒber unsere unentrinnbare VergĂ€nglichkeitserfahrung. Sinnvoller als WegdrĂŒcken ist: die Wehmut zulassen, rahmen, steuern – also GefĂŒhle benennen, Bedeutung geben und den Alltag gezielt strukturieren. Diese Haltung erhöht die BewĂ€ltigungskompetenz und senkt sekundĂ€ren Stress – ein zentraler Aspekt in der PrĂ€vention von saisonaler Depression.

Tipps gegen Herbstblues: Was konkret hilft

„Morgens Licht, tagsĂŒber Bewegung, abends Ruhe – dieser Dreiklang stabilisiert“, sagt Dirk Stemper. Diese Routine kann die End of Summer Sadness deutlich abmildern und ist auch bei Stimmungsschwankungen im Herbst hilfreich.

Stemper empfiehlt fĂŒnf evidenzbasierte Strategien, die sich auch bei saisonaler Depression bewĂ€hrt haben:

  1. Licht am Morgen priorisieren
    Direkt nach dem Aufstehen 20–30 Minuten helles Tageslicht, idealerweise draußen; bei Bedarf eine medizinisch geprĂŒfte Lichtbox (10000 Lux, UV-arm). Diese Maßnahme ist auch ein bewĂ€hrter Tipp gegen Herbstblues.
  2. Schlaf-Rhythmus stabilisieren
    Feste Zubettgeh- und Aufstehzeiten, abends Displays dimmen, tagsĂŒber kurze Aktiv-Inseln. Das hilft bei Stimmungsschwankungen im Herbst und unterstĂŒtzt die innere Uhr.
  3. Behavioral Activation verankern
    Drei Anker pro Woche: Ausdauerbewegung, Naturkontakt, soziale Verabredung – fix im Kalender, unabhĂ€ngig von aktueller Laune. Diese Strategie ist sowohl bei End of Summer Sadness als auch bei saisonaler Depression wirksam.
  4. Kognitive Mini-Übungen
    Gedanken-Stopp und Reframing in zwei SĂ€tzen: „Übergang ist kein Verlust. Ich achte heute auf Licht, Bewegung, Kontakt.“ Diese kurzen Selbstinstruktionen können bei Stimmungsschwankungen im Herbst helfen.
  5. Achtsamkeit
    Alltagswege „achtsam gehen“ (Sinne fokussieren, Atem zĂ€hlen) und mit einer kleinen TĂ€tigkeit koppeln – zum Beispiel ein 10-Minuten-Walk nach dem Mittag. Diese Übung stĂ€rkt PrĂ€senz und hilft gegen den Herbstblues.

Wenn die End of Summer Sadness zur Belastung wird

„So wird die End of Summer Sadness kein Fall fĂŒr den Therapeuten, sondern eine menschliche Erfahrung – eine Erinnerung daran, dass dieser Abschied eine Quelle von Schönheit ist“, sagt Stemper.

Doch wenn die Traurigkeit bleibt, sich verstÀrkt oder mit körperlichen Symptomen einhergeht, sollte man das ernst nehmen. Anhaltende Stimmungsschwankungen im Herbst, Schlafprobleme oder Antriebslosigkeit können Hinweise auf eine saisonale Depression sein.

Dann empfiehlt sich eine fachliche AbklĂ€rung – etwa bei Hausarzt oder HausĂ€rztin oder bei approbierten Psychotherapeuten. Lichttherapie und Kognitiv-Behaviorale Therapie zeigen gute Wirksamkeit – beides sind bewĂ€hrte Tipps gegen Herbstblues.

Quelle: dpa

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