verschiedenes Obst und Gemüse und davor liegt ein paar Hanteln und eine Kettle Ball© Zolnierek / iStock / Getty Images Plus
Im Cycle Syncing spielt neben Sport auch eine zyklusgerechte Ernährung eine wichtige Rolle.

Menstruation

CYCLE SYNCING: WIE TRAINING UND ERNÄHRUNG IM ZYKLUS BESSER WIRKEN

Cycle Syncing verspricht mehr Leistung durch abgestimmtes Training und Ernährung – je nach Zyklusphase. Was hinter dem Trend steckt und warum selbst Forschende und Sportpsychologinnen auf das Konzept setzen, lesen Sie hier.

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Die englische Nationalspielerin Lucy Bronze beschreibt eine Art Wunderwaffe: Es gebe eine Phase in ihrem Zyklus, in der sie körperlich in der Lage sei, noch härter zu trainieren als sonst. „Es ist, als würde man mir für eine Woche eine Superkraft geben“, sagte sie dem Magazin „Women's Health UK“ vor dem Start der Fußball-Europameisterschaft der Frauen. "Wir können unser Training auf die vier Zyklusphasen der Frau abstimmen und profitieren sehr davon."

Mit den vier Zyklusphasen der Frau meint Bronze neben der Menstruation die sich anschließende Follikelphase, die Ovulationsphase mit Eisprung und die Lutealphase kurz vor der nächsten Periode. Nicht nur Bronze, sondern auch viele andere Frauen sind überzeugt: Es lohnt sich, Sport und möglicherweise auch die Ernährung auf den eigenen Zyklus abzustimmen. Das Konzept ist als Cycle Syncing bekannt.

Cycle Syncing auf Instagram und Tiktok

Soziale Medien spielen dabei eine große Rolle: Influencerinnen und Sportlerinnen erzählen von ihren Erfahrungen mit Cycle Syncing und geben ihren Followerinnen Tipps und Pläne mit auf den Weg. Auf Instagram und Tiktok werden Beiträge mit dem Hashtag #cyclesyncing hunderttausendfach angeschaut und oft geteilt.

In einer Umfrage der KKH Kaufmännische Krankenkasse vermuteten im Frühjahr rund drei Viertel (76 Prozent) der befragten Frauen, es habe einen positiven Effekt auf die eigene körperliche und emotionale Befindlichkeit, den Lebensstil an die Zyklusphasen der Frau anzupassen. Cycle Syncing scheint also vielen einen Mehrwert zu bieten.

Zyklusbasiertes Training: Für Profis und Hobbysportlerinnen

Ist Cycle Syncing ein Social-Media-Hype – oder tatsächlich ein sinnvolles Konzept?

„Das ist definitiv erforscht und auch im Leistungssport angekommen“, ist die Sportpsychologin Jana Strahler von der Universität Freiburg überzeugt. Wie stark das zyklusbasiertes Training bereits verankert sei, variiere je nach Sportart – aber das Bewusstsein, dass der Menstruationszyklus etwas sei, das beachtet werden müsse, sei da. In Teamsportarten könne zwar nicht der Wettkampfplan angepasst werden, aber sehr wohl das individuelle zyklusbasiertes Training dazwischen.

Es sei eine „fundamentale Entwicklung, dass wir das Training an den Zyklus anpassen und dass sich das lohnt“, betont Strahler. Hormone wie Östrogene oder Progesteron hätten Effekte auf das Energielevel, das Immunsystem, den Stoffwechsel und mehr – Aspekte, die beim zyklusbasiertes Training berücksichtigt werden können.

Auch für Hobbysportlerinnen könne sich zyklusbasiertes Training lohnen. „Das A und O ist das Tracking des Zyklus“, erklärt Strahler. Während sich etwa die erste Zyklusphase für intensiveres Krafttraining eigne, sei in der zweiten Hälfte eher erhaltendes Training oder leichtes Ausdauertraining empfehlenswert – und während der Periode „alles, was gut tut“. Einige Frauen hätten das Bedürfnis, während dieser Tage Sport ganz auszusetzen, für andere wirke die angeregte Durchblutung beim Sport krampflösend. Cycle Syncing soll dabei helfen, die körperlichen Signale besser zu verstehen.

Zyklusphasen Frau im Fokus der Forschung

Auch eine Gruppe der britischen Northumbria University schreibt in einer im Fachblatt „Sports Medicine“ veröffentlichten Studie, dass zyklusbasiertes Training möglichst individuell an die Zyklusphasen der Frau angepasst werden sollte – allgemeine Leitlinien aber schwierig seien. Bei einer Auswertung von 78 Studien zum Thema zeigte sich ein kleiner Effekt, dass die körperliche Leistungsfähigkeit in der frühen Follikelphase bei menstruierenden Personen leicht reduziert sein könnte, allerdings war der Effekt zu klein, um daraus allgemeingültige Schlüsse zu ziehen.

Insgesamt steht die Wissenschaft bei der Erforschung von Cycle Syncing noch relativ am Anfang. Eine im „Journal of Physiology“ erschienene Studie der kanadischen McMaster University konnte mit nur zwölf Teilnehmerinnen keine Unterschiede im Muskelaufbau nachweisen – unabhängig von der Zyklusphase. Hauptautorin Lauren Colenso-Semple weist zudem darauf hin, dass viele Frauen womöglich gar nicht wissen, in welcher Phase ihres Zyklus sie sich befinden. Dies erschwert die Umsetzung von Cycle Syncing zusätzlich.

„Cycle-Syncing-Programme ignorieren die Variabilität der Zykluslänge, das Timing des Eisprungs und Unterschiede bei der Fluktuation von Hormonen – sowohl von Frau zu Frau oder auch von Zyklus zu Zyklus“, sagte Colenso-Semple der dpa.

Cycle Syncing im Leistungssport: Chelsea FC als Vorreiter

Trotz uneinheitlicher Studienlage wird Cycle Syncing im Leistungssport schon länger praktiziert. Die Frauenmannschaft des britischen Chelsea FC gilt als Vorreiter: Bereits vor fünf Jahren nutzte der Verein eine App zum Tracken der Zyklusphasen der Frau – unter anderem, um mit zyklusbasiertem Training das Verletzungsrisiko zu verringern.

Zyklusgerechte Ernährung als Ergänzung

Neben Sport spielt auch die zyklusgerechte Ernährung eine wichtige Rolle im Cycle Syncing. Eine im Journal „Nutrition Reviews“ veröffentlichte Studie aus Neuseeland weist darauf hin, dass Frauen in der Lutealphase mehr Energie benötigen als in der Follikelphase.

Laut Sportpsychologin Strahler können während der Menstruation entzündungshemmende Lebensmittel – etwa Leinsamen, Lachs oder Walnüsse – sowie wärmende Speisen hilfreich sein. In der ersten Zyklusphase empfiehlt sie proteinreiche Kost und Vollkornprodukte. Wer Cycle Syncing mit zyklusgerechter Ernährung kombiniert, kann seine körperliche Balance zusätzlich stärken.

Es sei außerdem normal, dass in der Lutealphase – also kurz vor der Menstruation – der Hunger größer sei. Der Körper brauche teilweise 100 bis 300 Kalorien mehr pro Tag. „Das sind aber keine starren Regeln, sondern Anregungen, die jede individuell für sich ausprobieren kann“, sagt Strahler.

Cycle Syncing soll vor allem dabei helfen, den eigenen Körper besser kennenzulernen.

Quelle: dpa

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