Frau hält leeren Karton in der Hand© vejaa / iStock / Getty Images Plus
Die Lieferung von Tamoxifentabletten wird immer schwieriger. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat das Präparat bereits in ihre Engpass-Datenbank aufgenommen.

Lieferengpass

TAMOXIFEN HÄNDERINGEND GESUCHT

Hunderttausende Patientinnen sind auf die Therapie mit dem Estrogenrezeptor-Modulator angewiesen. Doch die Beschaffung von Tamoxifentabletten wird immer schwieriger, zunehmende Lieferdefekte, aufwändige Einzelimporte – wie soll es weitergehen?

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Alles rot, Lieferdatum unbekannt. Die Lieferanfrage im Warenwirtschaftssystem lässt nichts Gutes hoffen. Und auf der anderen Seite des HV-Tischs steht eine zunehmend nervöse Patientin – Sie sind bereits ihre dritte Anlaufstelle. Eine Situation, die derzeit in vielen Apotheken zum Alltag gehört. Nach Lieferproblemen  mit gängigen Antibiotika, Metformin oder sogar Ibuprofen stellt die Beschaffung von Tamoxifen, vor allem in der Wirkstärke 20 Milligramm, die aktuelle Herkulesaufgabe für Apotheken dar. 

Obwohl gleich mehrere Generikahersteller den Wirkstoff vertreiben, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) den lieferkritischen Marktanteil auf 85 Prozent. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informierte bereits offiziell über den Engpass und nahm das Präparat in ihre Engpass-Datenbank auf. Nach Informationen der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) seien Teva und Sandoz ausverkauft, Hexal noch mit geringer Verfügbarkeit vorhanden. Lediglich Aristo Pharma gab an, noch ausreichend Packungen Tamoxifen zehn Milligramm mit 100 Tabletten vorrätig zu haben. Nach Umfragen der PZ in deutschen Apotheken sehe die Realität allerdings anders aus: nichts da, nichts kommt. Und jetzt?

Wird der Einzelimport Standard?

Portokosten, Anträge auf Übernahme der Kosten bei der jeweiligen Krankenkasse, anfallende Portogebühren und nicht zu vergessen die Haftungsübernahme – Einzelimporte sind teilweise teuer und aufwändig. In der aktuellen Situation wünschen sich viele Apothekenmitarbeiter eine bürokratische Entzerrung der Situation. Auf Nachfragen der PZ ergibt sich ein heterogenes Bild über den Ablauf bei den Krankenkassen. 
Laut AOK-Sprecherin gebe es ein vereinfachtes Verfahren für Apotheken, die vorab eine Genehmigung beantragt haben. Dabei sollten Sie die jeweiligen Verträge zwischen den Landesverbänden der Kassen und Landesapothekerverbänden beachten. Immerhin gab die Sprecherin an, dass keine Obergrenze für die Kostenübernahme existiere, Portokosten aber nur bei herrschendem Vertragsabschluss übernommen werde. 

Der Einzelimport im Check
Ist ein benötigtes Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen, besitzt aber in einem anderen Land eine rechtssichere Zulassung, darf es ausnahmsweise nach § 73 Absatz 3 des Arzneimittelgesetz (AMG) als Einzelimport eingeführt werden. Es muss eine ärztliche Verordnung vorliegen (Ausnahme: non-Rx-Import aus EU-Land) und in der Regel die Genehmigung der Krankenkasse über die Kostenerstattung. Achtung: Mit der Abgabe des Präparats haftet der/die Apotheker*in, die Herstellerhaftung greift nicht. Das bedeutet, Qualität und Identität des Arzneimittels müssen von Seiten der Apotheke garantiert, Arztpraxis und Patient*in über Risiken aufgeklärt werden.
Bei der Abgabe wird die Sonder-PZN 09999117 aufgedruckt, für Beschaffungskosten die 09999637. Der Preis berechnet sich nach AMPreisV (Apotheken-EK + 3 % + 8,35 € + 0,21 € + 19% MWSt.). Und abschließend noch die Doku: Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels, Name sowie Anschrift des Herstellers sowie des Lieferanten, Chargenbezeichnung, Menge und Darreichungsform des Arzneimittels, Name und Anschrift des Patienten sowie des verschreibenden Arztes oder Tierarztes, Datum der Bestellung und Abgabe, Namenszeichen des abgebenden oder beaufsichtigendem Apothekers. Geschafft! 
Normalerweise darf nur importiert werden, wenn keine indikationsgleiche Alternative vorhanden ist. Im Falle eines Lieferengpasses kann aber das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die zuständige Behörde ermächtigen, die Versorgungslücke über Importe zu schließen. Importe auf Vorrat sind jedoch nur für Krankenhausapotheken oder krankenhausversorgende Apotheken zulässig.
 

Die Barmer zeigt sich kulanter und verzichte aktuell auf ein Genehmigungsverfahren, beim Aufdruck der Sonder-PZN und dem Vermerk „Tamoxifen-Lieferengpass“ können Einzelimport und Beschaffungskosten abgerechnet werden. Vorausgesetzt, es handele sich um das wirtschaftlichste Produkt. 
Die TK sieht in der Frage nach einer Vereinfachung aktuell wohl keine Relevanz, da sie auf die Frage der PZ nach ihrem Vorgehen nicht einging, sondern lediglich mitteilte, dass es lieferfähige Firmen gebe. 
Bei der DAK ändere sich nichts am Verfahren, jedoch würden die Anfragen priorisiert behandelt, Portokosten könnten bis zu einer Höhe von neun Euro abgerechnet werden. 

Da bleibt einem nur die Hoffnung auf baldigen Nachschub und eine intakte, reguläre Lieferkette – halten Sie durch!

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/welche-moeglichkeiten-haben-apotheken-bei-tamoxifen-131257/seite/alle/
https://www.deutschesapothekenportal.de/rezept-retax/dap-retax-arbeitshilfen/original-und-import/einzelimport-nach-73-amg/
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apo-tipp/einzelimport-was-ist-zu-beachten-apo-tipp/
 

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