Eine Frau mit grauen Haaren erklärt jüngeren Studentinnen und Studenten Mathematik an einem Whiteboard. Sie lächelt.© Ridofranz/iStock/Getty Images Plus
Wer auch im Erwachsenenalter noch im Alltag rechnet, baut geistig weniger ab.

Geistiger Abbau

KOGNITIVE FÄHIGKEITEN: ÜBEN BEUGT DEM VERLUST VOR

Wenn von geistigem Abbau im Alter gesprochen wird, ist oft der Verlust kognitiver Fähigkeiten gemeint. Je älter wir werden, desto mehr lassen diese nach. Schreiben, Lesen und Rechnen fällt uns schwerer und wir brauchen länger dafür. Gute Nachrichten: Das muss nicht sein!

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Wer seinen Kopf regelmäßig anstrengt, kann sich wirksam vor dem geistigen Abbau im Alter schützen. Besonders wichtig zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten ist das Üben. Forschende von der renommierten Stanford University haben das jetzt deutlich gezeigt.

Dem Team zufolge gibt es aber Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die man ernst nehmen und anpacken sollte. Welche Unterschiede das sind, ob das Bildungsniveau etwas damit zu tun hat und wie man geistigen Abbau überhaupt vergleicht, erfahren Sie hier.

Kognitive Fähigkeiten werden durch Üben erhalten

Wann und wie stark geistiger Abbau im Alter einsetzt, kann man selbst beeinflussen. Zu dem Schluss kommt ein Team um Eric Hanushek von der Stanford University. Die Forschenden haben die Daten von rund 3000 Menschen zwischen 16 und 65 Jahren untersucht und herausgefunden: Kognitive Fähigkeiten kann man sich durch Üben erhalten, auch wenn man älter wird. Man muss sie nur regelmäßig im Alltag benutzen.

„Kognitive Fähigkeiten kann man sich durch Üben erhalten, auch wenn man älter wird.“

Daten zeigen, wann der geistige Abbau beginnt

Basis der Analyse waren Daten des Programme for the International Assessment oft Adult Competencies (PIAAC), also der Vergleichsstudie zur Erfassung berufsrelvanter Kompetenzen. Das ist das erwachsene Äquivalent zur PISA-Studie, die die Leistungen von Schulkindern international vergleicht.

Hanushek und sein Team legten Daten der deutschen PIAAC aus den Jahren 2011 und 2012 zugrunde und verglichen diese mit Daten derselben Testpersonen aus 2016. Sie konzentrierten sich auf Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten. Diese kognitiven Fähigkeiten werden international für Tests und Vergleiche herangezogen. Die Forschenden ermittelten außerdem, wie oft die Testpersonen die kognitiven Fähigkeiten im Alltag nutzten. Das Ergebnis fällt deutlich aus.

Die kognitiven Fähigkeiten entwickeln sich bis in die 40er-Jahre unseres Lebens kontinuierlich und nehmen danach langsam ab. Beim Lesen und Schreiben geschieht der geistige Abbau langsamer als beim Rechnen.
Aber: Die kognitiven Fähigkeiten bauen sich auch im hohen Alter nur bei Personen ab, die sie im Alltag weniger benutzen als der Durchschnitt. Sich regelmäßig in seinen kognitiven Fähigkeiten zu üben, ist also ein Schutz gegen geistigen Abbau im Alter.

Geistiger Abbau im Alter muss nicht sein

Die Personen, die bestimmte kognitive Fähigkeiten mindestens einmal im Monat benutzten, litten weniger unter geistigem Abbau als diejenigen, die ihre kognitiven Fähigkeiten seltener üben konnten.
Außerdem gelang es Menschen mit höherem Bildungsniveau, die im Alltag überdurchschnittlich oft Mathematik, Lesen oder Schreiben übten, sich auch im hohen Alter sogar weiter zu verbessern.

Das zentrale Ergebnis der Stanford-Studie lautet also: Welche kognitiven Fähigkeiten einem Menschen auch im Alter erhalten bleiben und wann und wo geistiger Abbau einsetzt, kann sich je nach Nutzung der Fähigkeiten unterscheiden.
Und noch etwas ist den Forschenden aufgefallen.

Mathe darf keine Männer-Domäne sein

Bei den weiblichen Testpersonen sank die geistige Leistung beim Rechnen mit dem Alter stärker ab als bei Männern.
Der Grund könnte laut Eric Hanushek in geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Ausbildung und Berufsausübung liegen: Während 38 Prozent der Männer ihre kognitiven Fähigkeiten beim Rechnen mindestens einmal im Monat nutzten, waren es bei den Frauen nur 33 Prozent.

Hanushek glaubt, dass gezielte Förderung, zum Beispiel des Interesses von Mädchen und Frauen an mathematischen, naturwissenschaftlichen oder technischen Bereichen helfen kann. Denn nur, wer im Alltag die Gelegenheit hat, seine kognitiven Fähigkeiten zu üben, ist vor geistigem Abbau besser geschützt.

Quellen:
https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/wann-bauen-wir-geistig-ab-und-wie-stark/
Eric A. Hanushek et al.: “Age and cognitive skills: Use it or lose”, Science Advances, 25. März 2025. DOI: 10.1126/sciadv.ads1560

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