Ein Mann im Supermarkt steht vor einem Regal und muss eine Entscheidung zwischen verschiedenen Produkten treffen.© Elena Perova/iStock/Getty Images Plus
Schwere Entscheidung: Das Gehirn muss erst Wahrscheinlichkeit, Größe und Risiko des Belohnungsgefühls abschätzen.

Belohnung

WIE DAS GEHIRN LERNT, ENTSCHEIDUNGEN ZU TREFFEN

Unser Gehirn muss jeden Tag unzählige Entscheidungen treffen. Jede einzelne ist ein komplizierter Prozess, von dem nicht sicher bekannt ist, wie er funktioniert. Wie das Gehirn von Affen lernt, komplizierte Entscheidungen zu treffen, haben Forschende nun genauer untersucht.

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Wenn unser Gehirn eine Entscheidung treffen muss, legt es dazu vergangene Ereignisse zugrunde. Auch Affen entscheiden danach, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für eine Belohnung ist und wie groß sie ausfallen könnte. Dabei berücksichtigen sie bereits gemachte Erfahrungen.

In der Amygdala, dem Teil des Gehirns, der für Erinnerungen und Emotionen zuständig ist, laufen bei jeder Entscheidung viele Informationen zusammen. Wie das Gehirn diese zusammensetzt, um letztlich Entscheidungen zu treffen, haben Forschende an zwei Rhesusaffen untersucht. Die Erkenntnisse könnten helfen, psychische Erkrankungen besser zu verstehen.

Menschengehirne lernen von lernenden Affengehirnen

Wie das Gehirn von dem Menschen ähnlichen Affen arbeitet, wenn es Entscheidungen treffen muss, haben die Neurowissenschaftler Dr. Raymundo Báez-Mendoza vom Leibniz-Institut für Primatenforschung Göttingen und Fabian Grabenhorst von der Universität Oxford untersucht. Zwei männliche Rhesusaffen lernten, vor einem Bildschirm zu sitzen und durch Berührung des Monitors zwischen zwei möglichen Optionen einer Belohnung auszuwählen.

Visuelle Hinweise gaben ihnen Hilfestellung über die zu erwartende Wahrscheinlichkeit und Größe der Belohnung. Darauf beruhend mussten die Gehirne der Affen die Entscheidung treffen, ob eine sichere, dafür aber kleinere Belohnung oder eine weniger wahrscheinliche, dafür größere Belohnung in Form von Fruchtsaft gewählt wurde. Während die Affen sich entschieden, maßen Mikroelektroden die Aktivität einzelner Nervenzellen in der Amygdala.

Erfahrungen helfen Gehirn, Entscheidungen zu treffen

Die Nervenzellen der Amygdala verarbeiten die Wahrscheinlichkeit und das Risiko jeder einzelnen Belohnung und steuern so Emotionen und soziales Verhalten. Von diesem Teil des Gehirns weiß man, dass es Erfahrungen speichert. Affen-, aber auch menschliche Gehirne benutzen diese Erfahrungen, um Entscheidungen zu treffen.

Dabei berücksichtigen sie das jeweilige Risiko einer Entscheidung. Und zwar beruhend darauf, wie vergangene Entscheidungen sich ausgewirkt haben. Genauso funktionierte es auch im Experiment, wenn die Gehirne der Affen Entscheidungen treffen mussten. Allerdings teilen sich die Nervenzellen den Prozess auf.

Während einzelne Neuronen lediglich die Wahrscheinlichkeit bewerten, berücksichtigen andere auch die Größe der Belohnung. Während die Gehirne der Affen die Entscheidungen treffen, verarbeiten einzelne Nervenzellen zudem die Informationen nacheinander, nämlich erst die Wahrscheinlichkeit, dann die Größe. All diese Faktoren führen zu einer Gesamtwertung. Aber das ist noch lange nicht alles.

Risiko einer Belohnung ist wichtig für das Gehirn

Einige Nervenzellen können das Risiko einer Belohnung bewerten. Das Gehirn benötigt, um eine fundierte Entscheidung zu treffen, nicht nur die bereits beschriebene Gesamtbewertung. Auch eine Risikobewertung fällt ins Gewicht, wenn es darum geht, ob wir (oder der Affe) etwas tun oder lassen. Das Risiko stellte in den Versuchen die Unsicherheit über die Größe einer Belohnung dar. Einzelne Nervenzellen verarbeiten ausschließlich diese Information.

In der Amygdala gibt es also Neuronen, die die Wahrscheinlichkeit bewerten, und solche, die ausschließlich das Risiko bewerten.

Die Studie ist ein wichtiger Schritt. Nicht nur beleuchtet sie genauer, wie das Gehirn die Informationen zusammenträgt, die es braucht, um Entscheidungen zu treffen.

Entscheidungen und psychische Erkrankungen

Während die Amygdala den Affen in diesem Versuch die Belohnung bewertete, spielt sie generell auch eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen und der Bewertung von Risiken. Eine Fehlfunktion beim Menschen kann zu verzerrter Wahrnehmung von Belohnungen und Risiken im Gehirn führen und so eine Rolle bei der Entstehung psychischer Erkrankungen spielen.

Depressionen und Angststörungen beeinflussen das Gehirn unter anderem dann, wenn es Entscheidungen treffen soll. Dabei können vergangene Erfahrungen und deren Bewertung, die in der Amygdala abgelegt werden, den Ausschlag geben, ob man etwas tut oder lässt.

Studien-Co-Autor Fabian Grabenhorst beschreibt es treffend: „Wahrscheinlichkeit und Risiko bestimmen unser Leben.“ Wie unser Gehirn arbeitet, wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen, wird durch die Studie zumindest ein bisschen klarer.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news850081
Grabenhorst, F., Báez-Mendoza, R.: “Dynamic coding and sequential integration of multiple reward attributes by primate amygdala neurons”, Nature Communications, 1. April 2025. https://doi.org/10.1038/s41467-025-58270-y 

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