Burg© Marko Sandro Schüren

Schon mal da gewesen?

DES ADELS EX-EXIL

Seit Pandemiebeginn ist „Deutschlandreise“ nicht nur ein Brettspiel, sondern eine Freizeitalternative: Auf dem Brocken oder im Halberstädter Dom waren viele bereits. Doch der Harz hat noch mehr schöne Seiten – so in und um Blankenburg.

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Ich muss hier mal raus – in diese Stimmung sind auch schon früher Menschen geraten: Der junge Heinrich Heine hatte im September 1824 keine Lust mehr auf Jurastudium und Göttingen und wanderte los: Wie gut es ihm im höchsten Mittelgebirge im Norden Deutschlands gefiel, hat er im Wandertagebuch „Harzreise“ festgehalten. Noch heute verfliegen Urlaubstage dort schnell. Die Region bezaubert mit „tausend verschiedenen Gesichtern in Ost und West“, so beschreibt es der Baedeker-Reiseführer. Mit Flüsschen wie der verwunschenen Bode.

Mit schroffen Felsen und sanften Tälern. Mit Minen und Museen als Erinnerung an jahrhundertelangen Abbau von Silber- und Kupfererzvorkommen. Mit mittelalterlich geprägten Fachwerkstädten, Kirchen, Klöstern und Schlössern. „Ich muss hier mal raus“, das befand 1796 auch ein geheimnisvoller „Graf von Lille“. Er lebte bis Anfang 1798 in Blankenburg im Nordharz. Der Graf war in Wirklichkeit Louis Stanislas Xavier, später König Ludwig XVIII. von Frankreich. Wer heute Blankenburg besucht, kann sich anfangs nur schwer vorstellen, dass damals außer dem „Grafen“ zahlreiche Vertreter des französischen Hochadels im Exil lebten und sich den Wirren der französischen Revolution entzogen.

Aufschwung durch Bodenschätze Doch in der Stadt waren im 18. Jahrhundert Parks, Gärten und repräsentative Gebäude im barocken Stil angelegt worden. Wer ums Kleine Schloss flaniert, fühlt sich plötzlich im Barockgarten in die Vergangenheit versetzt. Durch fürstliche Förderung von Berg- und Hüttenwesen hatte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Reiseführer berichten von regem kulturellen Leben mit Festspielen und Theateraufführungen. Auch gehörte die Grafschaft Blankenburg zu Zeiten der Exilsuchenden zum politisch neutralen Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Kurz: Hier konnte man gut sein.

Wo der Teufel verzweifelte Das kann man heute noch mit Stadtspaziergängen zum Kleinen und Großen Schloss, durch die Altstadt mit Fachwerkhäusern, durch Viertel mit sanierten Jugendstilvillen. Außerdem lassen sich umliegende Harzschönheiten erkunden: das Freilichtmuseum Burgruine und Festung Regenstein, Kloster Michaelstein mit seinen Klostergärten, die Teufelsmauer. Hier sollen der Legende nach Gott und Teufel um Land gerungen haben. Der Teufel sollte alles erhalten, was er bis zum ersten Hahnenschrei ummauern konnte. Weil schon um drei Uhr früh ein Hahn krähte, unterbrach er zornig seine Arbeit und zerhieb die begonnene Mauer.

Übrig blieben bizarre Felsformationen zum Erklettern – die Teufelsmauer. Von Blankenburg aus ist es auch nicht weit ins kleine Treseburg. Von dort aus kann man unter anderem nach Thale wandern, „durch eines der schönsten und abwechslungsreichsten Täler des Harzes“, so der Baedeker. Erst geht es flach an der plätschernden Bode entlang, dann hinauf zwischen Felsen: Der Weg mit Abzweigen zu sagenumwobenen Aussichtspunkten hoch oben wie dem Hexentanzplatz und dem Rosstrappenfelsen wird auch Kindern nicht langweilig. Vor Ort locken noch ein Klettergarten und, für Fußfaulere, eine Seilbahn. Hier guckt man von oben entspannt aus, wohin man als nächstes will.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 auf Seite 105.

Sabine Rieser, freie Journalistin

KONTAKT
Blankenburg, die „Blütenstadt am Harz“, www.blankenburg.de/tourismus/

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