Arbeitsrecht
ERHALTE ICH BEI BETRIEBSBEDINGTER KÜNDIGUNG EINE ABFINDUNG?
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Die Lage öffentlicher Apotheken ist schlechter denn je. Das zeigen neue, beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) veröffentlichte Zahlen. Gerät ein Betrieb unter Druck, sind mitunter betriebsbedingte Kündigungen notwendig – nicht wegen persönlicher Leistungsmängel, sondern aufgrund wirtschaftlicher Zwänge.
Apothekenangestellte hoffen bei einer betriebsbedingten Kündigung oft auf eine Abfindung. Doch hier handelt es sich um keinen Automatismus; rechtliche Ansprüche bestehen nicht in jedem Fall. Wer aber geschickt verhandelt, hat gute Chancen auf eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung.
Betriebsbedingte Kündigung – die Gründe
Eine betriebsbedingte Kündigung ist eine Form der ordentlichen Kündigung durch Ihre Chefin oder Ihren Chef, die nichts mit Ihrem Verhalten oder Ihrer Person zu tun hat. Die Gründe: Ihr Arbeitsplatz fällt aufgrund innerbetrieblicher oder äußerer Umstände dauerhaft weg – und Ihre Arbeitgeberin bzw. Ihr Arbeitgeber sieht sich gezwungen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung im Detail sind Umstrukturierungen, Rationalisierungsmaßnahmen, der Einsatz neuer Technologien oder ein erheblicher Umsatzrückgang. Auch Filialschließungen oder Standortverlagerungen von Apotheken können solche Kündigungen notwendig machen.
Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung
Damit eine betriebsbedingte Kündigung mit oder ohne Abfindung rechtswirksam ist, sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen. Zunächst muss Ihre Chefin bzw. Ihr Chef darlegen, dass tatsächlich dringende betriebliche Gründe vorliegen, die eine Verringerung der Belegschaft erforderlich machen. Anschließend hat er oder sie eine Sozialauswahl zu treffen. Das bedeutet, dass unter vergleichbaren Angestellten Personen gekündigt werden müssen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind – zum Beispiel jüngere, unverheiratete Beschäftigte ohne Unterhaltspflichten. Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung sind bei dieser Auswahl zu berücksichtigen.
Auch muss die Apothekenleitung prüfen, ob dem betroffenen Mitarbeiter bzw. der betroffenen Mitarbeiterin eventuell ein anderer Arbeitsplatz angeboten werden kann, bevor die Kündigung ausgesprochen wird. Das ist etwa bei Apotheken mit mehreren Filialen eine denkbare Möglichkeit. Erst wenn auch diese Möglichkeit entfällt, ist eine betriebsbedingte Kündigung mit oder ohne Abfindung zulässig.
Sie haben das Recht, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben, wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme haben. In vielen Fällen enden solche Verfahren mit einem Vergleich oder einer Abfindung aufgrund der betriebsbedingten Kündigung, siehe unten.
Kündigungsschutz und Betriebsgröße: Das Wichtigste im Überblick
Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt in der Regel nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten. In Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern (§ 23 KSchG) ist eine ordentliche oder betriebsbedingte Kündigung auch ohne sozialen Rechtfertigungsgrund möglich – allerdings müssen auch hier die Grundsätze von Treu und Glauben sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beachtet werden.
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Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung – die Details
Um die finanziellen Folgen einer betriebsbedingten Kündigung abzumildern, wird teilweise eine Abfindung gezahlt. Doch was bedeutet das konkret?
Ein Recht bzw. einen Anspruch auf Abfindung gibt es im deutschen Arbeitsrecht grundsätzlich nicht – auch nicht bei einer betriebsbedingten Kündigung. In den meisten Fällen bieten Arbeitgebende eine freiwillig an – oder vereinbaren sie mit Angestellten im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs im Kündigungsschutzprozess.
Ein Anspruch kann sich allerdings aus Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, aus einer Betriebsvereinbarung (in Apotheken eher selten) oder – bei Geltung des Kündigungsschutzgesetzes – aus § 1a KSchG (Kündigungsschutzgesetz) ergeben, sofern Ihre Chefin oder Chef in der Kündigung ausdrücklich schreibt, dass die Kündigung betriebsbedingt erfolgt und Sie bei Verzicht auf eine Klage eine Abfindung erhalten würden.
Die Höhe der Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung richtet sich maßgeblich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit: Wer lange im Unternehmen beschäftigt war, kann in der Regel mit einer höheren Abfindung rechnen als jemand, der erst seit Kurzem dort arbeitet.
Eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung überschlagsmäßig berechnen
Die gängige Formel lautet:
0,5 × Bruttomonatsgehalt × Anzahl der Beschäftigungsjahre = Höhe der Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung
Beispiel: Eine PTA mit zehn Jahren Betriebszugehörigkeit und mit einem Bruttomonatsgehalt von 3000 Euro kann mit einer Abfindung in Höhe von 15000 Euro rechnen.
Die Formel ist kein starres Gesetz. Vielmehr dient sie als Orientierung, damit Sie einen Anhaltspunkt für die Höhe der Zahlung haben. Durch Verhandlungen – etwa im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses – sind auch höhere Abfindungen bei betriebsbedingter Kündigung möglich, etwa 0,75 oder 1,0 Monatsgehälter pro Jahr, je nach Verhandlungsposition, Alter oder sozialer Schutzwürdigkeit von Angestellten.
In der Praxis spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle: das Alter des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin (ältere Beschäftigte erhalten oft höhere Abfindungen), die Position und Gehaltshöhe, die Chancen vor dem Arbeitsgericht, die wirtschaftliche Lage der Apotheke sowie taktische Erwägungen der Apothekenleitung (z. B. der Wunsch nach schneller Trennung ohne Rechtsstreit).
Betriebsbedingter Kündigung und Abfindung: So verbessern Sie Ihre Verhandlungsposition
Einer der wichtigsten Schritte nach Erhalt einer Kündigung: Holen Sie sich schnellstmöglich rechtliche Unterstützung – idealerweise durch eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sie können einschätzen, ob die betriebsbedingte Kündigung überhaupt wirksam ist, wie realistisch der Anspruch auf Abfindung ist, ob Formfehler vorliegen oder ob es Erfolgsaussichten bei einer Kündigungsschutzklage gibt. Wer gut informiert ist, kann im Gespräch mit dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin selbstbewusster auftreten und hat eine umsetzbare Einschätzung zur möglichen Höhe der Abfindung. ADEXA bietet Mitgliedern ab dem ersten Tag Beratung durch erfahrene Juristinnen.
Auch wenn die Kündigung auf den ersten Blick formal korrekt erscheint: Viele Angebote der Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung sind strategisch motiviert – etwa, wenn Arbeitgebende einen Rechtsstreit vermeiden wollen. Wer jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erhebt, erhöht den Druck auf Chefin oder Chef. In vielen Fällen führt eine Klage zu einem Vergleich mit verbesserter Abfindung.
Eine der besten Verhandlungsstrategien ist, Ihrem Arbeitgeber überzeugende Argumente zu liefern, warum eine höhere Abfindung gerechtfertigt wäre. Besonders wirksam sind Hinweise auf:
- eine lange Betriebszugehörigkeit,
- besondere familiäre oder finanzielle Belastungen,
- eine bevorstehende Rente,
- soziale Härten, etwa bei Alleinerziehenden.
Wer sachlich und vorbereitet argumentiert, tritt deutlich souveräner auf – und signalisiert zugleich Verhandlungsbereitschaft. So lässt sich die Höhe der Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung möglichst ausreizen.
Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung – was ist steuerlich zu beachten?
Eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung ist grundsätzlich steuerpflichtig, unterliegt jedoch nicht der Sozialversicherungspflicht. Um steuerliche Belastungen zu verringern, kann die sogenannte Fünftelregelung (§ 34 Einkommensteuergesetz, EStG) angewendet werden. Hier handelt es sich um eine steuerliche Begünstigung für außerordentliche Einkünfte, die in einem Kalenderjahr geballt zufließen – wie zum Beispiel eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung.
Wenn ein Arbeitnehmer eine Abfindung in einer Summe erhält, erhöht sich sein Jahreseinkommen in diesem Jahr erheblich – und damit auch der durchschnittliche Steuersatz. Die Fünftelregelung wirkt dem entgegen, indem sie die Steuer so berechnet, als würde die Abfindung auf fünf Jahre verteilt gezahlt werden.
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