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Interview

ÜBER DIE KRAFT DES GEBENS

Ludger Kornfeld ist Managing Director beim Pharma-Unternehmen Cesra. Das allein wäre kein Grund für ein Interview. Aber Cesra ist ein besonderes Unternehmen. Denn Eigentümer ist eine Stiftung mit humanitären Zielen.

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Dass bei Cesra die Mühlen anders mahlen, war für den seit Jahrzehnten in der Pharmawelt erfolgreichen Top-Manager der Grund, weshalb er sich 2021 für dieses Unternehmen entschieden hat. Der erwirtschaftete Gewinn des an die Redel Stiftung gebundenen Unternehmens, der nicht zum Erhalt der Gesellschaft und Sicherung der Arbeitsplätze im Unternehmen verbleibt, wird einem guten Zweck zugeführt.

Die Redel Stiftung hilft und wirkt seit über 30 Jahren im Hintergrund – in mehr als 80 Projekten von Rumänien über Nigeria bis Peru. Kornfelds Wunsch, Arbeit und Ge- meinnützigkeit miteinander zu verbinden, wurde über die Jahre immer größer. Bei Cesra hat er gefunden, wovon er überzeugt ist und wofür er auch mit seinem Namen steht: Menschen zu helfen.

Herr Kornfeld, wann wurde die Redel Stiftung ins Leben gerufen und weshalb?

Ludger Kornfeld: Die Redel Stiftung wurde im Jahr 1988 von Dr. Hans Werner Redel und Helene Redel gegründet. Die Erben des Unternehmensgründers übertrugen ihre Anteile an die Stiftung, wodurch sie keinerlei monetären Nutzen aus den Aktivitäten der Firma ziehen. Anfangs war das Unternehmen noch in fünf Gesellschaften unterteilt, diese wurden in den letzten Jahren in die heutige Cesra Arzneimittel fusioniert. Eigentümer des Pharmaunternehmens ist somit allein die Redel Stiftung.

Ziel der Gründerfamilie war und ist es, Menschen mit Medizin zu helfen. Daher war es nur ein logischer Schritt, die vom Unternehmen erwirtschafteten Gewinne in den Kreislauf einzubinden und zu verwenden, um Menschen zusätzlich auch auf andere Art zu helfen. Diesen Gedanken aufgreifend hat sich die Belegschaft der Cesra Arzneimittel jetzt auch dazu entschlossen, den bisherigen Claim des Unternehmens „Medizin und Menschlichkeit“ in „Um Menschen zu helfen“ umzubenennen.

Wieso soll das Motto ab sofort „Um Menschen zu helfen“ lauten?

Wir haben uns dazu entschlossen, um dem Selbstzweck und Sinn mehr Bestand zu geben. Ich arbeite für Cesra, „um Menschen zu helfen“. Das ist etwas viel Persönlicheres und tangiert mich viel mehr, als wenn ich sage: „Ich arbeite bei einer Gesellschaft, die sich das Motto „Medizin und Menschlichkeit“ gegeben hat.“

Wir arbeiten hier, um Menschen zu helfen – in zweierlei Hinsicht. Auf der einen Seite produzieren wir Gesundheitsprodukte, mit denen den Menschen geholfen wird. Auf der anderen Seite unterstützen wir durch die Gewinne Menschen, die durch Naturkatastrophen oder ähnliche Situationen in Not geraten sind.

Seit wann sind Sie bei Cesra?

Ich habe im Januar letzten Jahres als Geschäftsführer bei Cesra begonnen. Ein entscheidender Grund diesen Schritt zu gehen war diese Eigentümerstruktur, die dem Ganzen einen Sinn gibt. Jahrelang ging es nur um die Frage: „Was ist ein innovatives Produkt?“

Das ist sehr spannend und herausfordernd und jetzt kommt noch eine weitere Dimension hinzu. Wenn das Unternehmen profitabel arbeitet, kann damit noch anderen Menschen geholfen werden – und zwar zu 100 Prozent. Alle Gewinne, die nicht reinvestiert werden oder zur Sicherung der Firma und der Arbeitsplätze notwendig sind, fließen in die Stiftung. Da ist es sehr befriedigend am Ende des Tages zu sagen: „Ja, dafür habe ich meine Arbeitsleistung erbracht.“

Welche Projekte werden von der Stiftung unterstützt?

In erster Linie werden Projekte unterstützt, bei denen Menschen durch Katastrophen in Not geraten sind. Zudem handelt es sich um Projekte, die wenig oder keine Aufmerksamkeit mehr bekommen, wo aber weiterhin große Not herrscht. Bei denen die Erste Hilfe geflossen ist – mit guten Erfolgen – aber eine langfristige Unterstützung notwendig ist. Da ist die öffentliche Wahrnehmung dann nicht mehr vorhanden.

Also, so ein bisschen vergessene Menschen, vergessene Kinder?

la, vergessene Kinder, vergessene Menschen, vergessene Katastrophen. Wir lesen heute über Kamerun oder Eritrea. Über Boko Haram lesen wir nicht mehr so viel in der Presse. Aber das Leid ist dort unverändert. Viele Frauen und junge Mädchen sind auf der Flucht in Situationen, in denen Gewalt an der Tagesordnung ist. Das sind Themen, die der Stiftungsvorstand in Zusammenarbeit mit dem Beirat diskutiert, auswählt und unterstützt.

Von den Stiftungsgründern wurde festgelegt, dass wir keine große Stiftungsgesellschaft haben, sondern dass die identifizierten Projekte von Caritas international geprüft beziehungsweise umgesetzt werden. Daher werden auch die möglichen Projekte von Caritas international an die Stiftung herangetragen.

Einen Großteil machen internationale Projekte in Afrika, Lateinamerika und Asien aus. Aber es gibt auch Projekte, die vor Ort in Baden-Baden stattfinden. Hier sind es zum Beispiel Menschen mit Migration, die integriert werden wollen. Im Grunde unterstützen wir die Reintegration ins Leben. Im Sinne einer proaktiven Lebenshilfe für vergessene Menschen.

Gibt es ein Projekt, das Ihnen ganz besonders am Herzen liegt?

Da ein einzelnes rauszupicken ist natürlich sehr schwierig. Aber ich muss schon sagen, dass zum Beispiel das Projekt in Kamerun für Frauen und junge Mädchen, die sexuelle Gewalt durch Boko Haram erfahren haben, ein großes Thema ist. Denn sie werden dann in der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert. Dort leisten wir Aufklärungsarbeit, bieten aber auch die Möglichkeit der Integration, der Stärkung von Selbstständigkeit und Therapie.

Das sind alles Aspekte, die den alleingelassenen Personen helfen, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen. Ein anderes, ganz großes Thema ist in Kamerun. Hier konnten wir Schulen wiederaufbauen – aus unserer Perspektive gesehen, finanziell keine so große Sache. Aber die Kinder erhalten dadurch unheimlich große Chancen. Das sind Projekte, die konkret nachvollziehbar sind und langfristig helfen, diesen Kindern eine Möglichkeit des Lebens zu geben.

Wie stellen Sie eigentlich sicher, dass Ihre Gelder in den gewählten Projekten ankommen?

In der Redel Stiftung selber werden die Projekte über den Stiftungsvorstand ausgewählt und dann über die Caritas international abgewickelt. Da kommt keine weitere juristische oder natürliche Person dazwischen. Im Hintergrund – vor allem bei der Caritas – sind dann selbstverständlich noch Kontrollorgane tätig, die den Geldtransfer sicherstellen.

Das können wir als Cesra oder Redel Stiftung nicht leisten. Da übertragen wir die Verantwortung an die Caritas international. Denn das Wichtige ist, dass der durch den Verkauf eines Cesra-Arzneimittels generierte Gewinn einem humanitären Zweck zugeführt werden kann.

Wird die Stiftung noch zusätzlich durch Spenden unterstützt?

Den Löwenanteil leistet die Cesra Arzneimittel. Aber es besteht die Möglichkeit und die Stiftung freut sich natürlich über jede zusätzliche Spende. Über das Spendenkonto der Redel Stiftung – das findet man auf deren Website – kann man sich beteiligen und eine Spende leisten. Diese fließt dann zu 100 Prozent in die ausgewählten Projekte.

Herr Kornfeld, vielen Dank für das Gespräch!

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