Eine saubere Toilette wird mit sauberem Wasser gespült.© ByoungJoo / iStock / Getty Images Plus
Mit Trinkwasser die Toilette spülen - spinnen wir eigentlich? Zum Glück gibt es bessere Ideen.

Weltwassertag

SPÄNE STATT SPÜLEN – AUF TOILETTE TRINKWASSER SPAREN

Vor mehr als 40 Jahren verfasste Hundertwasser ein Manifest über die „Scheißkultur“ und konzipierte eine Humustoilette. Inzwischen gibt es immer neue Anbieter von Trockenklos auf dem Markt. Doch bis mit menschlichem Kot gedüngt werden kann, sind einige Hürden zu nehmen.

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Ein Eimer voll Sägespäne soll den Klogang der Zukunft begleiten. Er gehört zur Grundausstattung sogenannter Komposttoiletten der Firma S'Klo aus Titisee-Neustadt im Schwarzwald – und vergleichbarer Modelle anderer Anbieter. Fridolin Einwald und Michael Heizmann bauen die Toilettenhäuschen selbst und bringen sie auf Bestellung zum Beispiel zur Hochzeit, zur Firmenfeier oder platzieren sie an einem Wanderweg. „Wir haben sehr viele naturnahe, umweltbewusste Interessenten“, sagt Einwald.

Die Idee ist vor allem, Wasser zu sparen: Statt nach dem verrichteten Geschäft zu spülen, streut man Sägespäne drauf. Das soll verhindern, dass sich Fäkaliengeruch bildet. „Im schlimmsten Fall riecht es nach Bauernhof“, sagt Einwald. Sein Anliegen ist, kein Trinkwasser als Spülwasser zu vergeuden. „Viele machen sich gar keine Gedanken, was passiert, wenn wir auf den Spülknopf drücken.“

„Viele machen sich gar keine Gedanken, was passiert, wenn wir auf den Spülknopf drücken.“

Trinkwasser in die Toilette?

Fast 40 Liter pro Tag und Person entfallen laut Bundesumweltministerium im Schnitt auf die Toilettenspülung, rund 30 Prozent des Trinkwasserverbrauchs. In Zeiten von Wassermangel werde das Thema immer wichtiger, so Einwald. Bei einer Veranstaltung mit 100 Leuten könnten rechnerisch mit einem S'Klo bis zu 700 Liter gespart werden. „Gerade in den kommenden Jahren werden wir uns weltweit deutlich mehr Gedanken über die Nutzung und den Wert des Trinkwassers machen müssen, und sollten dies soweit es geht schützen und sparsam nutzen.“

Trockentoiletten an sich sind keine neue Erfindung, es gibt auch welche mit Rindenmulch, Gesteinsmehl oder Holzkohle. In Ländern mit weniger guter Sanitärinfrastruktur, Abwassersystemen und Wasserversorgung – zum Beispiel in Afrika und Asien – werden sie ebenfalls eingesetzt. Für ein solches Projekt haben Ingenieure der Bauhaus-Universität Weimar vor einigen Jahren sogar mal einen Verdienstorden der mongolischen Stadt Darchan erhalten. Ein anderes Beispiel sind Trennklos, bei denen Fäkalien und Urin in separaten Behältern gesammelt werden. So braucht man weniger Wasser zum Spülen.

Ganz dem Ökotrend folgend schonen die Trockentoiletten also nicht nur die Ressource Wasser, sondern kommen auch ohne Chemie aus. Und wenn es nach dem Willen mancher Hersteller geht, soll es sogar noch einen Schritt weitergehen: So wollen etwa die S'Klo-Gründer Einwald und Heizmann irgendwann die in Behältern gesammelten Hinterlassenschaften nicht mehr zur Kläranlage bringen, sondern als natürlichen Dünger verwenden. „Dann könnte man die Scheiße nutzen“, sagt Heizmann.

Verwerten verboten

Doch dem steht derzeit die Gesetzeslage entgegen. Menschliche Exkremente dürften nach den abfallrechtlichen und düngerechtlichen Bestimmungen nicht beispielsweise als eine Art Kompost genutzt werden, teilt das Bundesumweltministerium mit. Dagegen spreche die Gefahr, dass sich – gegebenenfalls resistente – Keime, Krankheitserreger, Hormone und Arzneimittelrückstände aus dem Kot verbreiten. Nicht ausgeschlossen werden könne darüber hinaus, dass auch andere Materialien in die Komposttoilette gelangen, die zusätzliche Schadstoffe und Fremdstoffe enthalten können. 

Eine landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung von Kompost-Düngemitteln erfolge grundsätzlich im besonders sensiblen Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelherstellung, argumentiert das Ministerium. „Über die Nahrungskette ist mithin eine Aufnahme beispielsweise von Arzneimittelrückständen und Hormonen durch Menschen und Tiere nicht ausgeschlossen“, hieß es. Diese unter anderem seuchenhygienischen Aspekte müssten gelöst werden, bevor es rechtliche Änderungen geben könne.

Dafür laufen Forschungsprojekte. So verweist das Ministerium beispielsweise auf ein Versuchsprojekt der Firma Finizio aus Eberswalde in Brandenburg. In einer Pilotanlage werde Humusdünger aus menschlichen Exkrementen hergestellt. In einem Feldversuch sei dieser auf Freilandflächen verteilt worden. „Dieses Versuchsprojekt wird durch das Land Brandenburg mit EU-Mitteln gefördert.“

Von Finizio heißt es, dabei würden zahlreiche Proben unter anderem des Bodens und der Pflanzen etwa auf pH-Wert, Salzgehalt und allerhand chemischer Elemente und Verbindungen genommen. Die Ernte der im Herbst ausgesäten Pflanzen ist für den Sommer geplant. Bis endgültige Ergebnisse vorliegen wird es also noch eine Weile dauern. Noch länger wären die nötigen Schritte für Gesetzesänderungen.

Hundertwassers Humustoilette

Das Ansinnen, aus menschlicher Fäzes – so der Fachbegriff für die Ausscheidungen – Dünger zu machen, ist zwar erstmal eine einfach klingende Idee. Aber dass diese nicht schnell umzusetzen ist, zeigt ein Rückblick: Schon vor mehr als 40 Jahren verfasste der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser einen Text über die „Scheißkultur“, in dem es heißt: „Der Kreislauf vom Essen zur Scheiße funktioniert. Der Kreislauf von der Scheiße zum Essen ist unterbrochen.“ Er konzipierte ebenfalls eine Humustoilette.

„Der Kreislauf vom Essen zur Scheiße funktioniert. Der Kreislauf von der Scheiße zum Essen ist unterbrochen.“

Toiletten thematisieren

Auch wenn die Wortwahl manchem vielleicht als vulgär aufstößt, erscheint sie in diesem Kontext doch naheliegend. Auch Heizmann von S'Klo meint mit Blick auf die wachsende Zahl an Trockentoiletten: „So spricht man wenigstens über den Scheiß.“ Er und sein Kollege Einwald hoffen, dass die Debatte Fahrt aufnimmt und womöglich die wissenschaftliche wie politische Arbeit an dem Thema beschleunigt wird. Dafür würden sie auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Visite in einem ihrer hölzernen Toilettenhäuschen einladen. „Er kann uns gerne mal besuchen und sich das anschauen“, sagt Heizmann.

Um auch auf die CO2-Bilanz zu achten, nutzen er und Einwald bei der S'Klo-Produktion Sonnenenergie einer Photovoltaik-Anlage. Das Holz stamme von regionalen Lieferanten. Die Hobel- und Sägespäne, die zum „Spülen“ genutzt werden, lieferten Sägewerke. Dort fielen sie als Abfall- beziehungsweise Nebenprodukt an.  

Sorgsame Sitzungen

Was die Nutzung bisher angeht, erhält das Duo nach eigener Auskunft viele positive Rückmeldungen. Und da sie die gefüllten Behälter alle paar Tage selbst abholen, sehen sie auch, wie sorgsam und hygienisch mit den Klos umgegangen wird: „Wirklich dreckig waren sie noch nie“, berichtet Heizmann. „Und umgeschmissen wurde auch noch keine.“

Quelle: dpa

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