Eine aeltere Hand haelt die andere.© Serdar Kutlu / iStock / Getty Images Plus
Bei Rheumatoider Arthritis (RA) greifen Autoantikörper die Gelenkinnenhäute an, beginnend in Fingern und Zehen.

Abatacept

AUSBRUCH VON RHEUMATOIDER ARTHRITIS KANN VERHINDERT WERDEN

Rheumatoide Arthritis betrifft etwa ein Prozent der Deutschen. Die Symptome sind teils sehr belastend, viele Therapien mit starken Nebenwirkungen verbunden. In einer jetzt veröffentlichten Untersuchung zeigt sich, dass ein bewährter Wirkstoff den Ausbruch der Erkrankung möglicherweise verhindern kann. 

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Bei Rheumatoider Arthritis (RA) greifen Autoantikörper die Gelenkinnenhäute an, beginnend in Fingern und Zehen. Schmerzen, Schwellungen und im weiteren Verlauf Deformationen und Funktionseinschränkungen der Gelenke sind die Folge. 

Der Wirkstoff Abatacept hemmt die Immunreaktion bei RA-Patienten zuverlässig, kann aber noch mehr. Bereits vor den ersten Beschwerden könnte er bei Hochrisikopatienten sogar den Ausbruch der RA verhindern. 

Abatacept verhindert Ausbruch und bessert Symptome

Bevor Beschwerden auftreten, kann man die RA oft schon nachweisen. Menschen, die Antikörper gegen zyklisch citrullinierte Proteine (Anti-CCP-AK) im Blut aufweisen, haben ein hohes Risiko, in naher Zukunft eine RA zu entwickeln. Je mehr Antikörper, desto schwerer fällt die Erkrankung aus. 

An der Uniklinik Erlangen forscht ein Team um Dr. Jürgen Rech zu dem Thema. 100 Probanden mit positivem Anti-CCP-Antikörpertest wurden in einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie über 18 Monate untersucht. Der zur Behandlung der RA bewährte Wirkstoff Abatacept konnte das Erkrankungsrisiko für RA in der Verum-Gruppe um 86 Prozent senken. 

Die Probanden wiesen neben dem positiven Antikörpertest noch Gelenkschmerzen (ohne Schwellung) und subklinische Anzeichen einer Gelenkentzündung in MRT-Untersuchungen der Hand auf. Nach der Aufteilung in zwei gleichgroße Gruppen erhielten die Teilnehmer über sechs Monate 125 Milligramm Abatacept oder Placebo subcutan einmal pro Woche. Die Entzündungszeichen in den Gelenken reduzierten sich in der Abatacept-Gruppe in dieser Zeit bei 57 Prozent der Teilnehmer, in der Placebogruppe bei 31 Prozent. Vier Probanden in der Verum- und 17 in der Placebogruppe hatten nach sechs Monaten eine RA entwickelt. Das bedeutet eine Reduktion des Risikos für eine RA um 86 Prozent unter Abatacept. 

Mehr noch: die positiven Effekte der Behandlung hielten auch über die sich der Abatacept-Gabe anschließende medikamentenfreie Beobachtungsphase an. Diese erstreckte sich über zwölf Monate. Während dieser Zeit traten bei lediglich vier Probanden der Verumgruppe schwerwiegende Ereignisse ein, in der Placebogruppe waren es sieben. 
 

Bewährter Wirkstoff mit Potenzial

Abatacept ist ein rekombinantes Protein. Es bindet an die Oberfläche antigenpräsentierender Zellen und hemmt so die Aktivierung von T-Lymphozyten. Dadurch sinkt die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interferon-γ, Interleukin 2 und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α). Der Teufelskreis der Entzündung bei RA wird so effektiv unterbrochen. Abatacept ist zugelassen ab sechs Jahren in Kombination mit Methotrexat, wenn andere Therapien nicht helfen. Abatacept zählt zu den sogenannten DMARDs, Disease-Modifying Antirheumatic Drugs. Diese Substanzen wirken in erster Linie entzündungshemmend und sollen den Verlauf der Erkrankung verlangsamen. Heilbar ist RA bisher nicht. Zudem besitzen die verwendeten DMARDs, zu denen Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin, Hydroxychloroquin und verschiedene biotechnologisch hergestellte Arzneimittel gehören, oft starke, dosislimitierende Nebenwirkungen. Das liegt daran, dass sie immunmodulierend und teils zytostatisch wirken und so das Risiko für Infektionen erhöhen. Auch die Verträglichkeit ist oft schlecht, gastrointestinale Nebenwirkungen häufig ein Problem. 

Gelänge es, den Ausbruch zu verhindern, wäre das ein Durchbruch. Professor Dr. Georg Schett, Co-Sprecher des Deutschen Zentrums Immuntherapie, sieht in den Studienergebnissen „neue Möglichkeiten, den Ausbruch einer RA zu verhindern“ für Patienten mit positivem Anti-CCP-Antikörpertest. Abatacept könnte prophylaktisch bei Risikopatienten wirken, wenn bereits subklinische entzündliche Veränderungen in den Gelenken sichtbar sind. Allerdings sind dazu noch weitere Studien mit einer größeren Patientenzahl nötig. 

Quellen:
​​​​​​​https://www.pharmazeutische-zeitung.de/schuetzt-abatacept-vor-rheumatoider-arthritis-145631/
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(23)02650-8/abstract
https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Abatacept_49984
https://dgrh.de/dam/jcr:29cb645e-2839-4f89-a456-882e728f75b4/Rheuma%20in%20Zahlen.pdf
 

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