Hände einer älteren Frau. Sie hält mit einer Hand den Daumen der anderen Hand© eyepark / iStock / Getty Images Plus
Für Menschen, die unter Rheumatoider Arthritis leiden, gibt es bisher nur wenige Behandlungsmethoden und diese sind oft schlecht verträglich und mit Nebenwirkungen behaftet. Ein neuer Therapieansatz macht Hoffnung.

Neuer Therapieansatz

INVERSE IMPFUNG GEGEN RHEUMA

Rheumatoide Arthritis betrifft fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung. Bisherige Behandlungsmethoden sind oft schlecht verträglich und mit Nebenwirkungen behaftet. Ein einzigartiger neuer Ansatz kommt nun aus Frankfurt am Main.

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Die sogenannte inverse Impfung könnte die Erkrankung stoppen, ohne die normale Funktion des Immunsystems zu stören. In Zusammenarbeit mit dem Karolinska-Institut in Stockholm konnten die Frankfurter bereits Erfolge verbuchen.

Hat der Impfstoff den erhofften Effekt auch bei Menschen, könnte er einen Durchbruch bedeuten.
 

Proteinkomplex gegen Knorpelzerstörung

Das Team um Vilma Urbonavicute vom Karolinska-Institut in Stockholm arbeitet zusammen mit Forschern des Fraunhofer Instituts für Translationelle Medizin und Pharmakologie ITMP und der Goethe-Universität in Frankfurt. Den Wissenschaftlern gelang es, die Autoimmunreaktion auf ein Gelenkprotein namens Kollagen-Typ 2 (COL2) zu unterbinden. Der dafür entwickelte inverse Impfstoff stoppt die Entwicklung von Rheumatoider Arthritis (RA) im Mausmodell.

Bei Autoimmunerkrankungen wie RA wendet sich eine fehlgeleitete Immunreaktion gegen körpereigene Strukturen, wie den Gelenkknorpel. Schon länger weiß man, dass an der Entstehung der RA Proteine des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHCII) beteiligt sind. Sie sorgen für die Antigenpräsentation und -Erkennung, was schließlich eine Immunreaktion auslöst. Ein MHCII-Protein namens Aq und ein an Galactose gekoppeltes COL2-Molekül bilden einen Komplex, der an antigenspezifische Rezeptoren auf der Oberfläche von T-Zellen bindet. Diesen Proteinkomplex enthält der Impfstoff aus Frankfurt. Durch den Kontakt mit dem Komplex entsteht aus der betreffenden T-Zelle eine regulatorische Form. Die so gebildeten regulatorischen T-Zellen verhindern, dass körpereigene Strukturen angegriffen werden. Alle anderen Prozesse des Immunsystems laufen dabei normal weiter, lediglich die Attacken auf COL2 werden unterbunden. Damit stoppt die Knorpelzerstörung, welche bei RA im Vordergrund steht. 
 

Nicht nur Schutz vor RA

In Mäusen führt der Impfstoff zum Schutz vor RA. Das Unternehmen aidcure, dessen Mitbegründer der stellvertretende Direktor des Frankfurter ITMP, Professor Dr. Frank Behrens, ist, hat bereits die Genehmigung für Phase I-Studien beantragt. Der Rheumatologe Behrens geht davon aus, dass der Impfstoff auch bei Menschen wirkt. Ex-vivo-Experimente wurden seinen Angaben zufolge bereits erfolgreich durchgeführt. In Tierversuchen konnten, so Behrens, keine Hinweise auf Nebenwirkungen, Toxizität oder Teratogenität gefunden werden. 

Theoretisch, bemerken die Forscher in ihrer Arbeit, wirkt der Impfstoff gegen alle Arten von Autoimmunerkrankungen. Bei vielen Menschen mit RA sind die T-Zellen gegen COL2 aktiviert. Die Impfung könnte also auch präventiv zum Einsatz kommen, zum Beispiel bei Menschen mit einem erhöhten Risiko. 

Bisherige Therapien gegen RA setzen meist später in der Signalkaskade an, die die Entzündung auslöst. Daher sind sie oft mit Nebenwirkungen behaftet, wie das Zytostatikum MTX oder die nichtsteroidalen Antirheumatika. Behrens und sein Team hoffen, in den nächsten Jahren einen neuen Weg gehen zu können. 

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inverser-impfstoff-stoppt-gewebedestruktion-im-tiermodell-142415/
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inverse-impfung-gegen-autoimmunerkrankungen-142279/
https://www.trendsderzukunft.de/autoimmunerkrankungen-wie-ms-koennen-durch-inverse-impfung-heilbar-werden/
https://www.aidcure.org/galerie
 

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