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Enzyme sorgen dafür, dass bei uns im Körper überhaupt etwas funktioniert. Sie katalysieren unzählige Stoffwechselreaktionen, die ohne ihre Hilfe in lebenden Zellen zu langsam oder gar nicht ablaufen könnten. Der Begriff Enzym stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „aus Hefe“. Dies erinnert an eine der ersten Reaktionen, die man Enzymen – oder Fermenten, wie man sie damals nannte – zuordnete, nämlich an die Umwandlung von Zucker in Alkohol durch lebende Hefezellen.

Inzwischen weiß man, dass ohne Enzyme ein Leben, so wie wir es kennen, gar nicht möglich wäre. Für viele Reaktionen, die in unseren Zellen ablaufen, fehlt bei Körpertemperatur nämlich die nötige Aktivierungsenergie. Damit trotzdem die gewünschten und benötigten Stoffwechselprodukte entstehen, braucht die Zelle Biokatalysatoren. Das sind die Enzyme.

Enzymklassen Der Name eines Enzyms setzt sich in den meisten Fällen aus der Bezeichnung des Stoffes, der vom Enzym umgesetzt wird, der vom Enzym katalysierten Reaktion und der Endung -ase zusammen. So kann man beispielsweise aus dem Namen Alkoholdehydrogenase ablesen, dass dieses Enzym Alkohole dehydrogeniert (und damit zum Aldehyd oxidiert). Die Acetylcholinesterase spaltet die Estergruppierung im Acetylcholin, während die Adenylatcyclase aus Adenosinmonophosphat (AMP) cyclisches Adenosinmonophosphat macht (cAMP). Nur einige schon seit längerer Zeit bekannten Enzyme, wie Pepsin, Trypsin, Lysozym oder Renin haben ihre ursprünglichen Trivialnamen behalten.

Insgesamt unterscheidet man nach der international gültigen Klassifizierung sechs Reaktionsklassen von Enzymen. Zu den Oxidoreduktasen gehören die Dehydrogenasen, Oxidasen und Reduktasen. Sie übertragen Elektronen, katalysieren also Oxidationen oder Reduktionen. Die Transferasen übertragen chemische Gruppen. Zu ihnen gehören neben den Acetyl-, Methyl- und Aminotransferasen auch die Kinasen und Polymerasen. Die erwähnte Acetylcholinesterase ist eine Hydrolase, die Adenylatcyclase eine Lyase. Dann gibt es noch Isomerasen und Ligasen.

Für den Arzneistoffabbau wichtig Die Cytochrome P450, abgekürzt einfach CYP genannt, zählen zu den Oxidoreduktasen. Sie sind eine Familie von Enzymen, die ubiquitär, also in praktisch allen lebenden Organismen, vorkommen und wichtige physiologische Aufgaben beim Metabolismus körpereigener und körperfremder Substanzen erfüllen. Allen gemeinsam ist, dass sie in ihrem Proteinteil, der aus etwa 500 Aminosäuren besteht, ein Molekül Häm tragen, ähnlich wie man es vom Hämoglobin kennt. Das zentrale Eisenatom im Häm dient auch hier der Bindung und Übertragung von Sauerstoff.

Für uns spielen sie eine große Rolle beim Abbau von Arzneistoffen. Durch die Einführung des Sauerstoffs in das Substrat wird dieses besser wasserlöslich und kann schneller ausgeschieden werden. Man gliedert die Cytochrome in Familien, Unterfamilien und zuletzt in die einzelnen Enzyme. Die Einteilung wird aufgrund von Ähnlichkeiten in der Aminosäuresequenz vorgenommen. Auf die Abkürzung CYP folgt eine Zahl für die Familie, ein Buchstabe für die Unterfamilie und eine weitere Zahl für das einzelne Enzym.

Beim Menschen hat man etwa 60 verschiedene Isoenzyme gefunden. Für den Abbau von Arzneistoffen ist sehr häufig CYP3A4 zuständig. Zu finden sind die Cytochrome hauptsächlich in der Leber, einige halten sich jedoch auch im Darm, in der Niere und in der Lunge auf. Besonders CYP3A4 hat seinen Einsatzort neben der Leber auch im Darm. Dort bestimmt es den First-Pass-Effekt vieler Arzneistoffe und beeinflusst damit deren Bioverfügbarkeit.

Inhibition und Induktion Problematisch kann es immer dann werden, wenn man mehrere Arzneistoffe einnimmt, die alle in irgendeiner Form mit einem der Cytochrom-Isoenzyme interagieren. Es sind Wirkstoffe bekannt, die insbesondere CYP3A4 kompetitiv hemmen. Dazu zählen beispielsweise das Antimykotikum Ketokonazol, das Makrolidantibiotikum Clarithromycin und der allseits bekannte Grapefruitsaft. Wird das Enzym durch sie gehemmt, steht es auch in geringerem Umfang für andere Arzneistoffe zur Verfügung, die in dieser Zeit eingenommen und über CYP3A4 abgebaut werden. Ihr Blutspiegel steigt.

Zu einer gefährlichen Wechselwirkung kann es beispielsweise bei Phenprocoumon-Patienten kommen. Wenn der Blutspiegel des Gerinnungshemmers steigt, sind innere Blutungen möglich. Substanzen wie Carbamazepin oder die Barbiturate, aber auch Johanniskraut, bewirken dagegen eine Enzyminduktion. Der Effekt beruht auf einer vermehrten Genexpression, das heißt, es werden mehr Enzyme gebildet. In diesem Fall würde ein im selben Zeitraum eingenommener Arzneistoff, der über CYP verstoffwechselt wird, verstärkt abgebaut. Der Blutspiegel würde also sinken. Im Gegensatz zu den Inhibitoren tritt die Induktion verzögert ein.

Erst nach zwei bis drei Wochen wird das Maximum beobachtet. Die Wirkung kann bis zu vier Wochen nach Absetzen des auslösenden Stoffes anhalten. Dass der Wirkverlust eines Arzneistoffs durch die induktive Wirkung eines anderen pharmakologisch relevant sein kann, zeigen Beispiele wie die Organabstoßung durch Ciclosporinabfall oder ungewollte Schwangerschaften durch Pillenversagen. Interessant ist auch, dass einige Cytochrome eine große genetische Variabilität aufweisen. Das heißt, man findet bei den einzelnen Menschen stärker und schwächer wirkende Varianten, die Arzneistoffe schneller oder langsamer abbauen. Dies kann der Grund dafür sein, dass manche Arzneimittel nicht bei jedem Menschen gleich stark wirksam sind.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2022 ab Seite 126.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

Eselbrücke des Monats 
+ Der Johann lässt den Spiegel fallen.
Johanniskraut bewirkt eine Enzyminduktion. Dadurch wird vermehrt CYP3A4, ein wichtiges Enzym der Biotransformation, gebildet. Der Blutspiegel von Arzneistoffen, die über CYP3A4 abgebaut werden, sinkt.

+ Der Spiegel steigt mit Grapefruitsaft.
Grapefruitsaft bewirkt eine Enzyminhibition. Dadurch wird CYP3A4 kompetitiv gehemmt und der Blutspiegel von Arzneistoffen, die über CYP3A4 abgebaut werden, steigt.

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