KLEINES ODER GROSSES FESTIVAL – WAS LOHNT SICH 2026?

Für Festivalgänger*innen ist das Jahr 2025 gefühlt schon vorbei. Wer nicht direkt nach dem letzten Gitarrenklang die Tickets fürs nächste Mal gekauft hat, denkt spätestens, wenn die ersten Bands bekanntgegeben werden, darüber nach. Neben dem Line-up beeinflussen aber noch weitere Aspekte die Entscheidung für oder gegen ein Festival: Wie ist die Stimmung vor Ort? Für welche Werte stehen die Organisator*innen? Wie komfortabel ist das Camping? Und für viele auch: Wie steht es um die Barrierefreiheit?

Stellvertretend für die unzähligen Festivals in Deutschland schauen wir uns ein kleines und ein großes an: das Seepogo in Selters-Münster im Hintertaunus und das Highfield am Störmthaler See bei Leipzig.

Das Seepogo feierte am 25. und 26. Juli seine zwölfte Ausgabe. Verantwortlich für das Festival ist der Kulturverein Lago Alfredo – Club kultureller Notwendigkeit e.V., eine gemeinnützige Organisation mit ehrenamtlichen Mitgliedern. Der Lago Alfredo ist ein kleiner See in der Nähe des 1000-Seelen-Dorfs Selters-Münster. Vom Campingplatz aus ist er zu sehen, baden sollte man darin nicht. Musikalisch kommen beim Seepogo vor allem Fans von Punk und verwandten Genres auf ihre Kosten.

Außer der Festival-Bühne und dem Zeltplatz hat das Seepogo einen Biergarten, eine Handvoll Essensbuden und eine Reihe Merchandise-Stände zu bieten. Die Getränkeauswahl ist überschaubar, aber preislich absolut human. Außerdem bietet das Seepogo einen Shuttle-Service zum und vom Festival, in Kooperation mit einem lokalen Taxi-Unternehmen. Wer mit dem Wohnmobil anreisen möchte, kann nach Anmeldung auf einem privaten Grundstück in Selters-Münster etwa 500 Meter vom Konzertgelände entfernt parken – für ein Festival eine kurze Strecke.

Das Besondere am Seepogo ist die familiäre und freundliche Stimmung. Es ist fast sicher, dass man unter den 1000 Gästen Bekannte trifft. Das Awareness-Team hat die Feiernden und ihre Sicherheit im Blick und ist jederzeit schnell erreichbar. Alle Mitarbeitenden vor Ort sind gut gelaunt und kümmern sich gern und über wenige Instanzen um Anliegen wie verlorene Smartphones, verschollene Freund*innen oder andere Fragen. Das Seepogo ist ein Festival zum Wohlfühlen.

Die Organisator*innen weisen auf der Seepogo-Webseite darauf hin, dass das Festivalgelände einige Hürden mit sich bringt: „So idyllisch das Gelände am Waldrand auch ist, die Naturbelassenheit bringt einige Gegebenheiten mit sich, die wir nicht beeinflussen können. Dies betrifft leider auch die Barrierefreiheit.“ Konkret ist das Seepogo über einen ansteigenden Schotterweg erreichbar, der Eingangsbereich ist stark abschüssig und der Untergrund uneben.

Allerdings kann das Festival-Gelände dennoch mit Rollstühlen und Gehhilfen befahren werden – zumindest bei trockenem Wetter –, auch eine rollstuhlgerechte Mobiltoilette war in diesem Jahr erstmals vor Ort. Es gibt keine Tribüne für Zuschauer*innen mit Behinderungen, aber durch das abschüssige Gelände ist es trotzdem möglich, die Bühne auch im Sitzen zu sehen. Strom für medizinische Geräte oder Kühlschränke für Medikamente gibt es auf dem Zeltplatz nicht, aber auf dem Wohnmobil-Stellplatz gibt es Strom.

Einen Ruhebereich für sensorisch empfindliche Personen ist zwar nicht eingerichtet, allerdings kann man sich dem Trubel im Bereich der Essensstände und im Biergarten leicht entziehen oder man kann das Festival auf kurzem Weg verlassen. Und: Die Veranstalter*innen können im Vorfeld und vor Ort schnell Fragen beantworten und unkompliziert Entscheidungen treffen, um bei allen Anliegen zu helfen.

17. + 18. Juli
Wochenendticket 1. Preisstufe:
ohne Camping 65,90 Euro
mit Camping 76,90 Euro

Das 26. Highfield Festival fand vom 15. bis 17. August statt. Hinter dem Festival steht FKP Skorpio, eines der größten Veranstaltungsunternehmen Europas, das unter anderem auch Rock am Ring, Southside, Deichbrand, Hurricane und M’era Luna ausrichtet und an dem Eventim die Mehrheit der Anteile hält.  Auch das Highfield Festival findet an einem See statt, und in diesem kann man tatsächlich schwimmen. So friedlich-fröhlich die Stimmung auf dem Seepogo ist, so eskalativ-feierwütig ist sie auf dem Highfield.

Die Angebote zum Nächtigen sind vielfältig, aber auch kostenintensiv. Es ist möglich, das eigene Zelt oder den eigenen Campervan mitzubringen, aber auch, im Luxuscamp in eine vorbereitete Jurte einzuziehen. Zusätzlich zu Musik und Camping ergänzen zahlreiche Angebote verschiedener Sponsoren das Festival-Erlebnis: etwa die Beck’s Beach Stage, die fritz-kola-Bühne, die Winston Lounge, die Balea Shower World, ein Riesenrad und vieles mehr. Das Essens- und Getränkeangebot ist reichhaltig, aber teuer.

Uneben, aber bei gutem Wetter befahrbar, sind die Wege auch auf dem Highfield Festival. Anders als das Seepogo hat das Highfield an den beiden Hauptbühnen Tribünen und Mobiltoiletten für Rollstuhlfahrer*innen und das Special Needs Camp bietet Stromanschlüsse und kürzere Wege zum Festivalgelände, die vom regulären Camping aus sonst recht lang sind.

Das Barrierefreiheits-Konzept des Highfields ist allerdings strikt. Der Zugang zu den Angeboten ist an Kennzeichen im Schwerbehindertenausweis geknüpft – ärztliche Atteste und andere Nachweise genügen nicht. Wer sich schon einmal mit dem Schwerbehindertenrecht auseinandergesetzt hat, weiß, dass die Anerkennung einer Behinderung ein zeit- und nervenaufreibender Prozess ist. Diejenigen, die sich noch in diesem Verfahren befinden, dürfen die barrierefreien Angebote des Highfield Festivals nicht nutzen.

Ausnahmeregelungen, die man vorab schriftlich mit den Organisator*innen vereinbart, haben vor Ort kein Gewicht. Wie die Mitarbeitenden das auf dem Festival-Gelände umsetzen, ist willkürlich – und damit selbst der Zugang zu den Toiletten. Von herzlicher Hilfsbereitschaft bis hin zu aggressiven Beleidigungen sind alle Erfahrungen möglich.

Da die Organisationshierarchie des Festivals strikt ist, können auch am Infopoint oder im Awareness-Zelt keine schnellen Entscheidungen getroffen werden. Dies ist allerdings nicht allein der Größe des Highfields geschuldet – das Boomtown Fair in England etwa ist deutlich größer und ermöglicht trotzdem die inklusivere Festival-Erfahrung.

14. – 16. August
Earlybird Tickets:
Festivalpass ohne Camping 139 Euro
Camping Regular oder Grüner Wohnen 54 Euro
Camping Trailer Park 99 Euro, optional Strom für 299 Euro
Camping Searassic Park 249 Euro, optional Strom für 119 Euro
Verschiedene komfortablere Zeltunterkünfte im Searassic Park ab 949 Euro
Zutritt VIP-Lounge Gold ohne Camping 349 Euro, mit Camping 399 Euro
Zutritt VIP-Lounge Platin ohne Camping 649 Euro, mit Camping 699 Euro

Ob Sie 2026 ein großes oder kleines Festival besuchen möchten, ist vor allem Geschmackssache. Zu den größeren Veranstaltungen finden sich in den sozialen Medien und auf YouTube detaillierte Erfahrungsberichte, die bei der Entscheidung helfen. Kleinere Festivals sind in der Regel gut zu erreichen. Besonders Punk und elektronische Musik sind fast überall in Deutschland vertreten. Tipp: Festival-Neulinge können mit einem Tagespass erst einmal in das Festival-Feeling hineinschnuppern.

Beide Festivals hat die Redakteurin in ihrer Freizeit besucht und die Tickets selbst erworben. Für das Seepogo hat sie kurz vor Beginn von den Veranstalter*innen unerwartet ein Presse-Ticket erhalten und daraufhin ihr ursprüngliches Ticket verschenkt. Beide Festivals hat die Autorin bereits 2024 besucht, ebenfalls mit selbst erworbenen Tickets.

Quellen:
https://www.seepogo.de/
https://lago-ev.de/
https://highfield.de/de/